rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1989 (früheres Az. 16 K 542/91)
Tenor
1. In Änderung des Einkommensteuerbescheides 1989 vom 16. August 1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 1991 wird die Einkommensteuer 1989 auf 0 DM herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind im Streitjahr 1989 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger (Kl) ist zusammen mit seiner Schwester, Frau A. F. …, je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstücks W. str. 12 in S. Ein bereits auf dem Grundstück befindliches Wohnhaus wird mit Duldung des Kl von seiner Schwester genutzt. Im Jahr 1988 errichtete der Kl mit Zustimmung seiner Schwester für sich und seine Familie auf diesem Grundstück ein seit Oktober 1988 selbstgenutztes Einfamilienhaus. Die Herstellungskosten für das Gebäude betrugen im Jahr 1988 262.708 DM sowie im Jahr 1989 6.412 DM. In ihrer ESt-Erklärung 1989 machten die Kläger hierfür den Abzugsbetrag nach § 10 e des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung geltend. Das beklagte Finanzamt (FA) berücksichtigte den Abzugsbetrag im ESt-Bescheid 1989 vom 16. August 1990 lediglich i.H.v. 6.888 DM (5% aus 269.120 DM: 2 = 6.728 DM und 5% aus 6.412 DM: 2 = 160 DM für das Jahr 1988 nachgeholter Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 3 Satz 2 EStG). Zur Begründung führte es aus, daß dem Kl der Grund und Boden nur zur Hälfte gehöre und er damit auch nur zur Hälfte Eigentümer des hierauf errichteten Gebäudes sei. Der Abzugsbetrag stehe ihm daher nur von der halben Bemessungsgrundlage zu.
Im hiergegen durchgeführten Einspruchsverfahren setzte das FA die ESt 1989 hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages und der Kinderfreibeträge vorläufig fest und wies den Einspruch im übrigen durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 1. Februar 1991 als unbegründet zurück.
Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung führen sie unter Hinweis auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 3. April 1989 (12 K 3597/88, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1989, 410) im wesentlichen aus, daß Abzugsbeträge nach § 10 e EStG von Miteigentümern auch für Gebäudeteile beantragt werden könnten, die entweder von einem Miteigentümer nicht selbst genutzt werden oder dem Nutzenden nicht als Eigentümer zuzurechnen sind. Außerdem sei der Kl durch die Zustimmung seiner Schwester, auf dem Grundstück ein Gebäude errichten zu dürfen, auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf die Schwester entfallenden Miteigentumsanteils geworden. Denn durch ihr Einverständnis habe sich die Schwester in der Verfügungsmacht über das Grundstück gänzlich eingeschränkt.
Die Kl beantragen (sinngemäß), in Änderung der angefochtenen Entscheidungen zusätzliche Sonderausgaben nach § 10 e EStG i.H.v. 6.888 DM zu berücksichtigen und die ESt 1991 entsprechend herabzusetzen.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Es bezieht sich zur Begründung im wesentlichen auf die EE und weist ergänzend auf die Ausführungen des Bundesfinanzhofes (BFH) im Urteil vom 21. Mai 1992 X R 61/91 (Bundessteuerblatt –BStBl– II 1992, 944) sowie des FG Köln im Urteil vom 19 Juli 1995 12 K 2243/93 (EFG 1995, 1065) hin.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Zu Unrecht hat das FA den Klägern den Abzugsbetrag nach § 10 e EStG nur zur Hälfte gewährt.
1. Nach § 10 e Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige von den Herstellungskosten u.a. einer selbstgenutzten Wohnung in einem eigenen Haus zuzüglich der Hälfte der Anschaffungskosten für den dazugehörenden Grund und Boden im Jahr der Fertigstellung und in den sieben folgenden Jahren jeweils bis zu 5 v.H., höchstens jeweils 15.000 DM, wie Sonderausgaben abziehen. Nachträgliche Herstellungskosten, die bis zum Ende des Abzugszeitraums entstehen, können vom Jahr ihrer Entstehung an für die Veranlagungszeiträume, in denen der Steuerpflichtige Abzugsbeträge nach den Absätzen 1 und 2 hätte abziehen können, so behandelt werden, als wären sie zu Beginn des Abzugszeitraums entstanden (§ 10 e Abs. 3 Satz 2 EStG).
a) Der Begriff „eigen” bedeutet nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Steuerpflichtige zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des von ihm errichteten Objekts sein muß (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1992, 94). Beim Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum soll nach diesem Urteil wegen des in § 39 der Abgabenordnung (AO) enthaltenen Vorrangs des wirtschaftlichen vor dem zivilrechtlichen Eigentum der wirtschaftliche Eigentümer zur Inanspruchnahme des Abzugsbetrages nach § 10...