rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kirchensteuer 1991, 1992, 1993
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Kläger (Kl) flohen am 30. August 1989 aus der ehemaligen DDR in die BRD und sind seit dem 27. Oktober 1990 verheiratet.
Sie wurden unstreitig in der ehemaligen DDR … getauft, wie aus ihren schriftlichen Erklärungen gegenüber dem Beklagten … Kirchensteueramt -KiStA-) vom 28. August 1994 hervorgeht (Bl. 17 f. KiSt-Akte).
Der am 30. Juni 1942 in Rudolstadt geborene Kl zahlte 1961 zum letzten Mal KiSt. Er wurde dann in den 60er-Jahren – wahrscheinlich durch einen „Kirchendiener” (s. Schreiben vom 13. Oktober 1994, Bl. 21 KiSt-Akte) – dreimal zur Zahlung von Kirchensteuer (KiSt) aufgefordert. Da er eine Zahlung jedesmal verweigerte, wurde er zu einer KiSt-Zahlung nicht mehr herangezogen.
Die am 11. November 1944 in Schöneiche geborene Klägerin (Klin) stand für das Jahr 1959 zur ev. Konfirmation an. Der zuständige Pfarrer verweigerte die Konfirmation, da die Klin aus schulischen Gründen bereits an der Jugendweihe teilgenommen hatte. Aus diesem Grunde habe ihre Mutter – so die Klin – für sich und ihre Kinder noch 1958 den Kirchenaustritt erklärt. Eine Bescheinigung über diesen angeblichen Austritt wurde nicht vorgelegt.
Der Kl habe in den 60er-Jahren dreimal die KiSt-Zahlung verweigert. Dies hätte zur Folge gehabt, daß er nicht mehr zu einer KiSt-Zahlung herangezogen worden sei. Diese gängige Praxis der … Kirche sei von den Betroffenen so aufgefaßt worden, daß ihre Zugehörigkeit infolge fortgesetzter Zahlungsverweigerung erloschen sei.
Hilfsweise werde beantragt, die KiSt 1991-1993 gem. § 227 AO zu erlassen. In der ehemaligen DDR habe die KiSt nicht vollstreckt werden können. Da die Kirche jahrzehntelang nicht an sie herangetreten sei, habe sich bei ihnen diesbezüglich ein gefestigtes Vertrauen gebildet. Erst ab 3. Oktober 1990 sei hier ein grundlegender Wandel eingetreten, von dem die Kl aber nur unzureichend durch den insoweit aufklärungspflichtigen Gesetzgeber informiert worden seien.
Wegen der näheren Einzelheiten verweist der Einzelrichter auf die Schriftsätze vom 16. Juni und 30. August 1995.
Die Kl beantragen,
die KiSt-Bescheide 1991-1993 vom 16. Dezember 1994 und die EE vom 16. Mai 1995 aufzuheben;
hilfsweise, die KiSt 1991-1993 i.H.v. 4.274,30 DM zu erlassen.
Das KiStA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Schreiben vom 9. März 1995 bestätigte die Kirchengemeinde B. in deren Bezirk die Kl vor ihrer Flucht ihren letzten Wohnsitz hatten, daß in den kirchlichen Unterlagen keine Informationen über die Kirchenmitgliedschaft der Kl zu finden seien.
Beide Kl waren nach Verlassen der ehemaligen DDR zunächst in der Regierungsaufnahmestelle H. (H) wohnhaft. Die Aufnahmescheine (Bl. 6 f. KiSt-Akte) weisen unter der Rubrik „Religion” keine Eintragungen aus. Die Gemeinde H. stellte die Lohnsteuerkarten 1990 jeweils mit dem Religionsvermerk „ev” aus. Dieser Konfessionseintrag wurde seitens der Stadt G. (G; neuer Wohnort der Kl) am 5. April 1990 bzw. 17. August 1990 auf jeweils „–” abgeändert. Die Religionsangaben in den beim zuständigen Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärungen lauten wie folgt:
Für 1990: Kl ev. bis September 1990; Klin ev. bis März 1990;
für 1991-1993: jeweils vd/vd.
Die Kl wurden mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. Februar 1992 zur KiSt 1990 veranlagt. Gegen die KiSt-Bescheide 1991-1993 vom 16. Dezember 1994 legten sie erfolglos Einspruch ein (Einspruchsentscheidung -EE- vom 16. Mai 1995).
Mit ihrer Klage tragen die Kl im wesentlichen vor: Die Kl seien aus der Ev. Kirche ausgetreten. Die Klin durch Erklärung der Mutter gegenüber dem Pfarrer. Hierüber gebe es allerdings keine schriftlichen Unterlagen. Es möge zwar sein, daß die Austrittserklärung gesetzlich geregelt gewesen sei. Faktisch sei dieses Verfahren jedoch nicht angewandt worden, da nach gängiger Praxis Austrittsbescheinigungen nicht ausgestellt worden seien. Die Mutter habe auch keinerlei KiSt mehr bezahlt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das KiStA die KiSt-Bescheide 1991-1993 nicht aufgehoben.
Die Kl besaßen, als sie aus der ehemaligen DDR in die BRD übersiedelten, entgegen ihrer Rechtsansicht sehr wohl eine Religionszugehörigkeit, nämlich die evangelische. Diese wurde unstreitig durch die Taufe im evangelischen Bekenntnis begründet.
Weder der Kl noch die Klin sind bisher rechtswirksam aus der … Kirche ihres jeweiligen Wohnsitzes ausgetreten. Auch in der ehemaligen DDR konnte die Loslösung von der Kirche (= die Beendigung der Kirchenmitgliedschaft) nicht durch mündliche oder schriftliche Erklärungen gegenüber dem Gemeindepfarrer oder durch bloße Nichterfüllung der kirchlichen Pflichten (insbes. derjenigen zur Beitragszahlung) rechtsgültig vollzogen werden, sondern nur durch förmlichen Austritt gem. Art. 47 der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 (Gesetzblatt der DDR -GBl.- 1949, 5) i.V.m. § 1 der Verordnung über den Austritt aus Reli...