Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbildungskosten einer Englischlehrerin. Einkommensteuer 1997

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufwendungen, bei denen eine Trennung in die berufliche und private Sphäre nicht möglich ist, können nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn sie ihrer Art nach so eng mit der beruflichen Sphäre verknüpft sind, dass die Annahme von Kosten der Lebensführung von vornherein ausscheidet.

2. Ein Fortbildungsseminar, das englisches Theater zum Gegenstand hat, kann nur dann bei einer Englischlehrerin als Werbungskosten anerkannt werden, wenn es seiner Art und Gestaltung nach ausgesprochen auf den Fortbildungszweck ausgerichtet ist.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Einkommensteuer 1997 wird in Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1997 vom 18. März 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. August 2001 auf 27.715,09 EUR (= 54.206 DM) festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin erzielt als Gymnasiallehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Streitig ist noch, ob die Aufwendungen für einen Fortbildungskurs in England in der Zeit vom 27. Juli–2. August 1997 in Höhe von 1.933 DM (= 988,33 EUR) als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Durchgeführt wurde das Fortbildungsseminar von der Shakespeare Bibliothek beim Institut für Englische Philologie in München in Zusammenarbeit mit dem Shakespeare-Centre in Stratford, mit dem Shakespeare Birthplace Trust und der International Shakespeare Association in Stratford-upon-Avon. Angesprochen waren Gymnasiallehrer des Faches Englisch, die regelmäßig die das Seminar vorbereitenden Veranstaltungen besuchten. Die Teilnehmer an diesem Seminar wurden von der Shakespeare Bibliothek dem (damaligen) Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst gegenüber benannt.

Aus dem vorgelegten Programm ergibt sich, dass jeden Tag ein Theaterabend stattfand. Das jeweilige Stück wurde am nächsten Vormittag besprochen. Die Nachmittage waren mit theaterspezifischen Themen und Übungen ausgefüllt.

Im Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 18. März 1999, geändert durch Bescheid vom 15. April 1999, erkannte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Der Einspruch vom 14. April 1999 war in anderen – hier nicht mehr strittigen – Punkten erfolgreich, wurde aber bezüglich der Fortbildungsreise mit Einspruchsentscheidung vom 31. August 2001 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Klage vom 27. September 2001 begehren die Kläger weiterhin die Anerkennung dieser Aufwendungen als Fortbildungskosten. Der Lehrgang der Shakespeare Bibliothek als auch das Fortbildungsseminar in Stratford seien speziell für Englischlehrer eingerichtet worden. Literatur mit Theaterstücken sei fest im Lehrplan der Gymnasien verankert, Shakespeare sei im Leistungskurs Englisch zwingend vorgeschrieben. Im Seminar sei es auch darum gegangen, Wege aufzuzeigen, wie man Schülern typische Szenen näher bringen könne, indem man sie agieren lasse und wie man ihnen Freude am Rezitieren und am Sprechen beibringen könne.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die angefochtenen Bescheide insoweit zu ändern, als bei den Werbungskosten der Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Aufwendungen für das Fortbildungsseminar in Höhe von 1.933 DM (= 988,33 EUR) zusätzlich berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Diese Aufwendungen seien den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung zuzurechnen. Bei der Fortbildungsreise hätte es sich um eine Bildungsreise gehandelt, die nur von Theaterinteressierten besucht würde. Das private Interesse der Klägerin stehe im Vordergrund, eine überwiegende oder ausschließlich berufliche Veranlassung liege nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung, die Akten und die von den beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die Aufwendungen für den Fortbildungskurs als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend machen.

Aufwendungen für die Lebensführung sind nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann grundsätzlich nicht abzugsfähig, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Die Bedeutung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG besteht in einem Aufteilungs- und Abzugsverbot. Dieses Aufteilungs- und Abzugsverbot dient in erster Linie der steuerlichen Gerechtigkeit. Es soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung von beruflichen oder privaten Erwägungen A...

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