rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösung der Ansparrücklage zugunsten des Betriebsveräußerungsgewinns

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Ertrag aus einer im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage erhöht grundsätzliche den steuerbegünstigten Betriebsveräußerungs- oder Betriebsaufgabegewinn.

2. Der Steuerpflichtige kann eine Ansparrücklage nicht mehr bilden, wenn er im Zeitpunkt des Einreichens des entsprechenden Jahresabschluss beim Finanzamt bereits den Entschluss gefasst hatte, seinen Betrieb zu veräußern oder aufzugeben.

3. Der Entschluss des Steuerpflichtigen, seinen Betrieb zu veräußern oder aufzugeben, stellt eine innere Tatsache dar, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann.

4. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der entsprechenden Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. Entscheidend ist insoweit die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Es kommt vor allem auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einreichung des Jahresabschlusses, in welchem die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG erstmals ausgewiesen wurde, und der anschließenden Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe an. Je enger der dahingehende zeitliche Zusammenhang ist, desto eher und mehr spricht dies als Beweisanzeichen dafür, dass der Steuerpflichtige den Entschluss zur Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe bereits im Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses beim FA gefasst hatte.

5. Sofern die Ansparrücklagen nicht gebildet werden durfte, ist nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs (ständige Rechtsprechung des BFH) dieser Bilanzierungsfehler durch eine Berichtigung an der Fehlerquelle zu beseitigen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Steuerfestsetzung für das maßgebliche Jahr der Bildung der Rücklagen noch geändert werden kann. Sollte dies zu verneinen sein und darüber hinaus – mangels Änderbarkeit der Steuerfestsetzung des Folgejahres – auch keine Fehlerkorrektur für diesen Veranlagungszeitraum in Betracht kommen, so ist der Bilanzierungsfehler durch eine Auflösung der streitigen Ansparrücklagen zu Gunsten des laufenden Gewinns in der letzten Bilanz des (Rumpf-) Wirtschaftsjahres der Betriebsveräußerung zu beheben.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 3-5, § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 34 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 76 Abs. 1, §§ 82, 96 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids 1998 vom 13. Juni 2002 wird die Einkommensteuer auf 187.939,14 EUR festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Streitig ist die Auflösung von Ansparrücklagen.

I.

Der Rechtsstreit befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer [… einen Einzelhandelsgeschäft mit Werkstatt]. Es veräußerte mit Vertrag vom 5. November 1998 diesen Gewerbebetrieb zum 30. Dezember 1998 […].

Im Rahmen seines Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1996 hatte der Kläger für geplante Investitionen in Höhe von 300.000 DM Ansparrücklagen nach § 7g Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 150.000 DM gebildet. Dieser Jahresabschluss ist mit dem Testat des Prozessbevollmächtigten vom 3. März 1998 versehen. Nach zwischenzeitlicher Vornahme von Investitionen in Höhe von 37.432,63 DM im Wirtschaftsjahr 1997 löste er von diesen Rücklagen einen Teilbetrag in Höhe von 18.716,32 DM in seinem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1997 gewinnerhöhend auf. Nach der Durchführung von weiteren Investitionen im Wirtschaftsjahr 1998 in Höhe von 20.171,11 DM löste er von diesen Rücklagen einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 10.085,56 DM in seinem Jahresabschluss zum 30. Dezember 1998 gewinnerhöhend auf. Den verbleibenden Restbetrag zum 30. Dezember 1998 in Höhe von 121.198,12 DM ordnete der Kläger zusammen mit dem Gewinnzuschlag dem Betriebsveräußerungsgewinn zu.

Im seinem am 14. Februar 1999 testierten Jahresabschluss zum 31. Dezember 1997 hatte der Kläger weitere Ansparrücklagen in Höhe von 50.000 DM für im Jahr 1999 geplante Investitionen zu voraussichtlichen Anschaffungskosten von 100.000 DM gebildet. Auch diese Rücklagen löste er zum 30. Dezember 1998 unter Erhöhung des Betriebsveräußerungsgewinns auf.

In seinem Jahresabschluss ermittelte der Kläger einen Veräußerungsgewinn zum 30. Dezember 1998 in Höhe von 469.573,57 DM (darin Auflösung Ansparrücklagen 171.198,12 DM zusammen mit dem Gewinnzuschlag 30.148,91 DM) sowie für das Jahr 1998 einen laufenden Gewinn in Höhe von 378.643,00 DM.

Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Angaben des Klägers lediglich in Bezug auf die zum 31. Dezember 1997 gebildeten Ansparrücklagen in Höhe von 50.000 DM und ordnete diese mit dem Gewinnzuschlag von 3.000 DM (6% von 50.000 = 3.000) dem Betriebsveräußerungsgewinn zu. Dagegen rechnete das FA den Ertrag aus der Auflösung der am 30. Dezemb...

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