Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Erhöhung des Kaufpreises für eine wesentliche Beteiligung in einem sog. Besserungsschein als rückwirkendes Ereignis. Ansatz der nachträglich fällig gewordenen Einmalzahlung mit dem Nennwert. keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die ungeminderte Besteuerung eines unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstandenen zusätzlichen Kaufpreisanteils
Leitsatz (redaktionell)
1. Nachträgliche Änderungen des Kaufpreises für eine wesentliche Beteiligung wirken auf den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung zurück. Dies gilt auch für eine nachträgliche Erhöhung des Kaufpreises dadurch, dass die in einem sog. Besserungsschein unter der aufschiebenden Bedingung des Erreichens einer bestimmten Gewinnentwicklung des Unternehmens in Aussicht gestellte zusätzliche Einmalzahlung nach Erreichen dieser Zielvereinbarung fällig wird.
2. Die Einmalzahlung ist für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns mit dem Nennwert zu bewerten und nicht abzuzinsen, da die Forderung keinen Zinsanteil enthält; denn anders als z. B. bei der Stundung von Kaufpreisforderungen von über einem Jahr, die gemäß § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen sind, ist die Forderung auf den in 2004 zusätzlich zu leistenden Einmalbetrag nicht in 2000 entstanden und hinsichtlich der Fälligkeit hinausgeschoben. Vielmehr ist sie erst bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung in 2004 entstanden.
3. Es liegt keine verfassungsrechtlich problematische Ungleichbehandlung darin, dass die in 2004 unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstandene Forderung in 2000 – und damit vor Geltung des Halbeinkünfteverfahrens – der Besteuerung zu unterwerfen ist.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1, § 3 Nr. 40; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob eine im Jahr 2004 erfolgte Zahlung für einen im Jahr 2000 veräußerten GmbHTeilanteil ein rückwirkendes Ereignis ist und damit im Jahr der Veräußerung zu versteuern ist.
Der Kläger ist Anteilseigner an der Firma A GmbH mit Sitz in B. Mit notariellem Vertrag vom 23. Februar 2000, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, verkaufte der Kläger von seinem Geschäftsanteil am Stammkapital von 25.000 DM einen Teilgeschäftsanteil von 13.000 DM an die M GmbH. Der Kaufpreis betrug gemäß § 2 des Vertrages 1.950.000 DM. In § 3 des Vertrages (dort unter 3.2.) wurde eine Zielvereinbarung getroffen und vereinbart, dass die Verkäufer (der Kläger und ein weiterer Verkäufer) „im Wege eines Besserungsscheines einen zusätzlichen Einmalbetrag in Höhe von insgesamt DM 3.750.000” erhalten, „wenn die Zielvereinbarung gemäß dem 5-Jahres-Plan vollständig erfüllt wird”.
Mit Bescheid vom 30. April 2002 setzte das beklagte Finanzamt (FA) die Einkommensteuer 2000 auf 415.095,38 EUR fest. Dabei legte es der Besteuerung erklärungsgemäß einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.907.159 DM zu Grunde. Der Bescheid erging vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 17 Einkommensteuergesetz (EStG), da die Höhe des tatsächlichen Veräußerungserlöses aufgrund der Vertragsvereinbarung noch nicht zu ermitteln sei.
Der dagegen – aus hier nicht entscheidungserheblichen Gründen – gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22. November 2002 als unbegründet zurückgewiesen; die Steuerfestsetzung blieb im vorgenannten Umfang vorläufig. Dagegen erhob der Kläger Klage. Mit Gerichtsbescheid vom 5. Juli 2004 wurde die Einkommensteuer 2000 auf 331.526,77 EUR herabgesetzt. Mit Abrechnungsbescheid vom 1. Oktober 2004 setzte das FA den Gerichtsbescheid um.
Mit Vereinbarung vom 15. bzw. 22. März 2004, auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde § 3.2. des Kauf- und Übertragungsvertrages vom 23. Februar 2000 aufgehoben und neu gefasst. Danach sollten „die Verkäufer … im Wege eines Besserungsscheins von der Käuferin einen Einmalbetrag in Höhe von insgesamt 1.342.141,18 EUR [erhalten], wenn im Zeitraum von 2000 bis 2003 … mindestens 90 % des kumulierten Überschusses gesamt in Höhe von 1.463.317,36 EUR (nachfolgend Zielvereinbarung genannt) erreicht werden”. Die Parteien stellten daraufhin fest, dass der erforderliche Überschuss bereits überschritten sei und der Anspruch fällig sei. Der Anteil des Klägers betrug 671.070,59 EUR.
Mit nach § 165 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) sowie nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändertem Bescheid vom 28. März 2006 setzte das FA die Einkommensteuer 2000 auf 675.380,78 EUR fest. Dabei erhöhte es u.a. den bisher erklärten Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG in Höhe von 1.907.159 DM um 1.312.500 DM (= 671.070,59 EUR), weil aufgrund des geänderten Kauf- und Übertragungsvertrages (dort § 3.2) der ursprüngliche Veräußerungspreis im Wege eines Besserungsscheines erhöht worden sei. Das FA ging weiter davon aus, dass insoweit ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung vorliege.
Mit Schriftsatz vom 10. April 2006...