Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Rückforderungsanspruch der Familienkasse gegen Bank bezüglich des nach dem Tod des Kindergeldberechtigten zunächst weiter auf sein Girokonto überwiesenen Kindergeldes
Leitsatz (redaktionell)
Hat die Familienkasse in Unkenntnis des Todes des Kindergeldberechtigten das Kindergeld weiter auf das ihr bekannte Girokonto des Verstorbenen überwiesen, so war die Bank aufgrund des Giroverhältnisses mit dem Verstorbenen berechtigt und verpflichtet, über den Tod hinaus für den Nachlass als Zahlstelle zu fungieren mit der Folge, dass sie nicht als Erstattungsempfängerin i.S. von § 37 Abs. 2 Satz 1 AO behandelt werden kann und gegenüber der Familienkasse nicht zur Rückzahlung des nach dem Tod des Kontoinhabers weiter ausgezahlten Kindergeldes verpflichtet ist.
Normenkette
EStG § 31 S. 3; AO § 37 Abs. 2 S. 1; BGB § 676
Tenor
1. Der Rückforderungsbescheid vom 21. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. März 2007 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Beklagte (die Familienkasse –FK–) gewährte O bis einschließlich Januar 2005 Kindergeld für zwei Kinder. Das Kindergeld wurde auf ein von O bei der Klägerin (Klin) geführtes Konto (…) überwiesen. Am 02. September 2004 verstarb O. Die Klin überwies das Kindergeld für Dezember 2004 und Januar 2005 und einen weiteren Betrag in Höhe von 42,09 EUR aus der Auflösung eines Genossenschaftsanteils an die FK zurück.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2006 forderte die FK von der Klin die Erstattung des Kindergeldes für Oktober und November 2004 abzüglich der o.g. Zahlung, mithin eines noch offenen Betrages in Höhe von 573,91 EUR (616 EUR ./. 42,09 EUR). Nachdem die Klin nach Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen erklärt hatte, keinen Bescheid erhalten zu haben, übersandte die FK den Bescheid vom 21. Februar 2006 mit Schreiben vom 08. Februar 2007 erneut an die Klin. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 06. März 2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Der Erlass eines Rückforderungsbescheids sei unzulässig. Die FK habe einen Rückforderungsanspruch nur mit der allgemeinen Leistungsklage geltend machen dürfen. Zudem fehle es auch an einem Rückforderungsanspruch, weil die Klin als kontoführende Bank nicht Leistungsempfängerin, sondern nur Zahlstelle für O bzw. deren Erben gewesen sei. Das Kindergeld für Oktober 2004 sei am 21. Oktober 2004 gutgeschrieben worden. Am 23. Oktober 2004 seien 500 EUR abgebucht worden. Das Kindergeld für Dezember 2004 sei am 17. Dezember 2004, das für Januar 2005 am 21. Januar 2005 gutgeschrieben worden. Der Klin sei unbekannt, wer die Abhebungen mittels EC-Karte durchgeführt habe. Leistungsempfänger sei, wer die Abhebungen vom Konto vorgenommen habe. Im Übrigen sei die Klin entreichert. Die FK habe sich an die Erben der O zu halten.
Die Klin beantragt,
den Rückforderungsbescheid der FK vom 21. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. März 2007 aufzuheben.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass die FK das Kindergeld an die Klin als Dritten ausgezahlt habe und die Klin Leistungsempfänger sei. Gegen sie richte sich daher der öffentlichrechtliche Rückforderungsanspruch. Eine Fortführung des Kontos für etwaige Erben sei nicht ersichtlich. Wenn keine Erben ersichtlich seien, sei die kontoführende Bank Leistungsempfängerin. Leistungen der Klin an einen Scheinerben befreiten nicht von der Rückzahlungsverpflichtung. Die §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fänden keine Anwendung.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Klin vom 21. März 2007, 20. September 2007, 08. November 2007 und 03. Januar 2008 sowie der FK vom 15. August 2007, 19. Oktober 2007, 12. Dezember 2007 und 14. Februar 2008, wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18. März 2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist am 04. April 2007 und damit innerhalb der Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO beim Amtsgericht München eingegangen. Da der Klageschriftsatz ordnungsgemäß an das Finanzgericht adressiert war, ist von einem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) rechtfertigenden Postversehen auszugehen.
Die Klage ist auch begründet.
Gegen die Klin besteht kein Rückforderungsanspruch, da sie nicht Leistungsempfängerin im Sinne des § 37 Abs. 2 S. 1 Abgabenordnung (AO) ist.
Ist eine Steuervergütung –wie d...