Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Kirchenlohnsteuer (KiLSt);. begünstigender Verwaltungsakt;. Änderung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts, wenn Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt ist bzw. bekannt sein muss. Kirchensteuer 1997
Leitsatz (amtlich)
Die Änderung einer zu hohen KiLSt-Anrechnung ist gem. § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO auch dann möglich, wenn die Rechtswidrigkeit dem Kläger zwar nicht im Zeitpunkt der Anrechnung bekannt ist oder sein muss, später dann aber aufgrund geänderter Umstände derart zu Tage tritt, dass sie auch einem steuerlichen Laien ins Auge fallen muss.
Normenkette
AO § 118 S. 1, § 130 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, § 218 Abs. 2
Beteiligte
Katholisches Kirchensteueramt |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der katholische (rk.) Kläger ist Partner einer konfessionsverschiedenen Ehe. Er zog mit seiner evangelischen (ev.) Ehefrau im Oktober 1997 von Baden-Württemberg nach Bayern um. Er bezieht 100 % der im Einkommensteuer(ESt)-Bescheid 1997 festgestellten Einkünfte.
Bei der Abführung der Kirchenlohnsteuer (KiLSt) verfuhr das dafür zuständige Finanzamt (FA) nach dem dort noch gültigen Halbteilungsgrundsatz (in Bayern mit Wirkung ab 1. Januar 1995 abgeschafft), d. h. die KiLSt ging je zur Hälfte an die rk. und die ev. Kirche (hierzu Schreiben des zuständigen Ev. Luth. Kirchensteueramts –KiStA– vom 4. Januar 2001 an den Prozessbevollmächtigten, Bl. 15 KiSt-Akte). Die auf die ev. Kirche entfallende KiLSt beträgt 1.187,04 DM.
Demgegenüber wurde dem beklagten Kath. KiStA im finanzbehördlichen Datenaustausch mehrfach mitgeteilt (Bl. 6, 47, 49, 53 KiSt-Akte), es sei zu 100 % rk. KiLSt einbehalten worden (= 2.374,08 DM).
Dementsprechend rechnete dieses KiStA in allen KiSt-Bescheiden 1997 bis einschließlich des Bescheids vom 25. Oktober 2000 (Bl. 48, 50, 51, 55) jeweils 2.374,08 DM KiLSt an. Erst aufgrund der Nachforschungen des Ev. Luth. KiStA im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den KiSt-Bescheid ev. vom 15. November 2000 (Bl. 14 KiSt-Akte; hierzu Einspruchsschreiben des Prozessbevollmächtigten vom 5. Dezember 2000, Bl. 13 KiSt-Akte) wurde der obige Sachverhalt bestätigt (Einbehaltung KiLSt ev. 50 %). Das Ev. Luth. KiStA teilte dies dem beklagten KiStA am 14. Dezember 2000 (Bl. 8 KiSt-Akte) mit und erließ den Abrechnungsbescheid vom 4. Januar 2001 (Anrechnung KiLSt nunmehr 1.187,05 DM). Daraufhin erließ das Kath. KiStA den KiSt-Bescheid vom 30. Januar 2001 (Bl. 56 a.a.O.), worin die KiSt unverändert blieb, die KiLSt-Anrechnung aber geändert wurde (nunmehr 50 % = 1.187,04 DM). Es ergab sich eine Nachzahlung von 1.187 DM. Hiergegen wandte sich der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 7. Februar 2001.
Das KiStA setzte daher im Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) vom 12. Februar 2001 (Bl. 20 ESt-Akte) die zu zahlende KiSt-Schuld 1997 mit 1.187 DM fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung –EE– vom 6. März 2001; Bl. 25 – 30 KiSt-Akte).
Mit seiner Klagebegründung vom 7. Mai 2001 macht der Kläger geltend, die Rückforderung von 1.187 DM erfolge zu Unrecht. Es lägen aufgrund der mehrfachen Änderung der zugrunde liegenden ESt-Bescheide bei beiden KiStÄ Rechtsfehler vor, die nicht durch den Erlass eines Abrechnungsbescheides geheilt werden könnten. Es könne auch nicht behauptet werden, die Rechtswidrigkeit der Abrechnung hätte dem Kläger bekannt sein müssen. Schließlich seien auch die Voraussetzungen des § 130 Abs. 3 Satz 1 AO nicht gegeben, weil die Tatsachen bekannt gewesen seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Abrechnungsbescheid vom 12. Februar und die EE vom 6. März 2001 aufzuheben.
Das KiStA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt im Schriftsatz vom 29. Mai 2001 der Argumentation des Klägers entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Kath. KiStA hat zu Recht nach § 37 Abs. 2 Kirchensteuergesetz (KiStG) zu viel erstattete KiSt zurückgefordert.
Die fehlerhafte Anrechnung der KiLSt (2.374,08 DM statt 1.187,04 DM) konnte im KiSt-Bescheid vom 30. Januar 2001 gem. § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO korrigiert werden. Da der Kläger sich gegen diese geänderte Abrechnung wandte, hat das KiStA zulässigerweise gem. § 218 Abs. 2 Satz 1 AO entschieden, denn es kam bei der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen zwischen den Beteiligten zum Streit (s. BFH-Urteil vom 18. Juni 1993 VI R 67/90, BFHE 171, 515, BStBl II 1994, 182, 185; ferner BFH-Urteil vom 28. April 1993 I R 123/91, BFHE 170, 573, BStBl II 1994, 174, und Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 7. Aufl., § 218 Rdnr. 27).
Der Abrechnungsbescheid ist auch sachlich nicht zu beanstanden: Die Anrechnung der rk. KiLSt war um 100 % zu hoch. Sie richtet sich nach der rechtmäßig einbehaltenen und an das Betriebsstätten-FA abgeführten KiLSt, d. h. die Einbehaltung ist nach dem am Ort des Betriebsstätten-FA geltenden KiSt-Recht vorzunehmen. Für den Kläger war der KiLSt-Abzug nach dem in Baden-Württemberg geltenden Halbteil...