Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vorsteuerabzug bei sowohl privat genutztem als auch steuerfrei vermietetem Gebäude
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein dem Unternehmen zugeordnetes Gebäude teils zur Ausführung steuerfreier Vermietungsumsätze teils zu eigenen Wohnzwecken genutzt, scheidet ein Vorsteuerabzug hinsichtlich der Eingangsleistungen, die in Zusammenhang mit dem selbstgenutzten Gebäudeteil stehen, aus, wenn die Nutzung des Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken zu keiner einer sonstigen Leistung gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG führt, weil der unternehmerisch genutzte Teil keine Vorsteuerabzugsberechtigung ausgelöst hat.
Normenkette
UStG 1999 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, Art. 17 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob bei steuerfreier Vermietung eines Teils eines gemischt genutzten Gebäudes eine Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich der Herstellungskosten des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteils besteht.
Die Ehegatten A und B erwarben mit notariellem Vertrag vom 17. Juli 2001 gemeinsam ein unbebautes Grundstück. Hierauf errichteten sie ein Gebäude; Fertigstellung war im September 2002.
Mit Vertrag vom 15. Mai 2002 wurde eine Teilfläche von 39,53% des Gebäudes ab dem 1. September 2002 steuerfrei an die B GmbH vermietet. Im übrigen (zu 60,47%) wurde das Gebäude von den Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
In ihrer am 30. Dezember 2003 beim Beklagten (Finanzamt – FA –) eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2002 machte die Klägerin (die Ehegattengemeinschaft) die Vorsteuer aus den Herstellungskosten des Gebäudes i.H.v. 26.404,53 EUR geltend, die auf den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil entfiel.
Als Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a UStG erklärte die Klägerin lediglich die auf den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil entfallende Abschreibung für Abnutzung gem. § 7 Abs.4 EStG i.H.v. 1.100,19 EUR. Steuerfreie Vermietungsumsätze wurden i.H.v. 4.700,00 EUR erklärt.
Das FA setzte die Umsatzsteuer 2002 mit Bescheid vom 4. Februar 2004 auf 0,– EUR fest; die geltend gemachte Vorsteuer sowie die erklärte Wertabgabe wurden nicht berücksichtigt.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 2004, beim FA eingegangen am 24. Februar 2004, Einspruch ein. Diesen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2004 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 22. Juni 2004 Klage. Zur Begründung verwies sie auf die EuGH-Entscheidung vom 8. Mai 2003 (C-269/00 – Seeling, EuGHE I 2003, 4101) und führte an, dass die Vermietung an die B GmbH – unabhängig davon, ob steuerpflichtig oder steuerbefreit – einen steuerbaren Umsatz darstelle und deshalb das gesamte Gebäude dem Unternehmen zugeordnet werden könne. Die Privatnutzung sei ein gleichgestellter Umsatz, der nach den Grundsätzen des EuGH nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr.12a UStG falle; der Vorsteuerabzug sei deshalb nicht gem. § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 4. Februar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2004 die Umsatzsteuer für 2002 auf einen negativen Betrag von 26.228,60 EUR festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf den Schriftsatz des FA vom 3. November 2004 wird ebenfalls verwiesen.
Beide Beteiligte haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (Bl. 17 und Bl. 19 FG-Akte).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Gebäude wurde dem Unternehmen in vollem Umfang umsatzsteuerlich zugeordnet. Diese Zuordnung war auch zulässig, da die Vermietung an die B GmbH eine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 UStG darstellt. Auch hinsichtlich der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteile hat der Unternehmer das Wahlrecht, diese Gebäudeteile ebenfalls seinem Unternehmen zuzuordnen (vgl. BFH v. 28.02.2002, V R 25/96, BStBl. II 2003, 815).
Die vorliegend getroffene Zuordnungsentscheidung ergibt sich aus der Erklärung der Klägerin in ihrer „Anlage zur Umsatzsteuererklärung 2002”, wonach die Ehegattengemeinschaft „auch den selbstgenutzten Teil des Gebäudes dem umsatzsteuerlichen Vermögen” zuordnete. Im Übrigen geht auch Abschnitt 192 Abs. 18 Nr. 2 Satz 4 Buchstabe b Satz 2 UStR 2000 von der widerleglichen Vermutung einer vollständigen Zuordnung gemischt genutzter Objekte zum Unternehmensvermögen aus.
2. Der geltend gemachte Vorsteuerabzug scheidet gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus.
a) Die in einer Rechnung eines anderen Unternehmens gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer kann als Vorsteuer gemäß 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG geltend gemacht werden, sofern die bezogene Eingangsleistung für das Unternehmen...