Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug für Auflage zur Schadenswiedergutachtung bei Verurteilung wegen illegaler Preisabsprachen zugunsten des Arbeitgebers. Arbeitgebererstattung der Auflage nach § 56b Abs. 2 Nr. 1 StGB als Arbeitlohn
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde ein Angestellter einer Baufirma im Zusammenhang mit unzulässigen Preisabsprachen unter Baufirmen wegen vollendeten bzw. versuchten Betrugs in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt und wurde ihm durch Beschluss des Landgerichts vom gleichen Tag u.a. zur Auflage gemacht, an einen der durch die Absprachen Geschädigten „als Schadenswiedergutmachung einen Geldbetrag von 100.000 DM” zu bezahlen, so handelt es sich um eine Auflage i.S. von § 56b Abs. 2 Nr. 1 StGB, die anders als Auflagen gemäß § 56b Abs. 2 Nr. 2 bis 4 StGB nicht dem Abzugsverbot nach § 12 Nr. 4 EStG unterliegt und den Angestellten infolge der beruflichen Veranlassung der Auflage zum Werbungskostenabzug hinsichtlich der 100000 DM berechtigt.
2. Die Erstattung des Betrages, der dem Arbeitnehmer vom Strafgericht als Auflage zur Schadenswiedergutmachung gemacht worden ist, durch den Arbeitgeber ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu besteuern.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 12 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Nr. 1; StGB § 56b Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003 wird aufgehoben. Dem beklagten Finanzamt wird aufgegeben, unter Änderung des Steuerbescheids vom 15. Oktober 2002 die Einkommensteuer für 2001 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 100.000 DM neu zu errechnen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger 100.000 DM, die er aufgrund einer gerichtlichen Auflage an den Tierpark gezahlt hat, als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen kann.
Die Kläger werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger bezieht als Diplom-Ingenieur bei der Baufirma A AG, Niederlassung B, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Zusammenhang mit unzulässigen Preisabsprachen unter Baufirmen wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts vom 27. August 2001 wegen vollendeten Betrugs in zwei Fällen und versuchten Betrugs in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf das Urteil wird Bezug genommen (Beiheftung zur Einkommensteuerakte 2001). Mit Beschluss des Landgerichts vom gleichen Tag wurde dem Kläger u.a. zur Auflage gemacht, „zugunsten des Tierparks als Schadenswiedergutmachung einen Geldbetrag von 100.000 DM bis 20. Dezember 2001 zu bezahlen.” Auf den Beschluss wird Bezug genommen (Bl. 17 der Einkommensteuerakte für 2001). Mit Überweisung vom 18. Dezember 2001 hat der Kläger die Auflage erfüllt, nachdem ihm sein Arbeitgeber das Geld zur Verfügung gestellt hat.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr hat der Kläger die von seinem Arbeitgeber ihm erstatteten 100.000 DM zusätzlich zum laufenden Lohn als Einnahmen bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erklärt, andererseits die von ihm an den Tierpark gezahlten 100.000 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht. Das beklagte Finanzamt versagte den begehrten Werbungskostenabzug (Einkommensteuerbescheid vom 15. Oktober 2002). Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003).
Der Kläger begründet seine Klage im Wesentlichen damit, dass die Geldzahlung ausweislich des gerichtlichen Beschlusses vom 27. August 2001 der Wiedergutmachung des Schadens gedient habe und daher nicht dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliege. Es handle sich um eine Auflage gemäß § 56 b Abs. 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB), die im Umkehrschluss zu H 120 Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) abziehbar sei.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003 und unter Änderung des Bescheids vom 15. Oktober 2002 weitere 100.000 DM als Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zuzulassen und die Einkommensteuer für 2001 entsprechend festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt ist unter Berufung auf das Schreiben der Vorsitzenden Richterin am Landgericht vom 12. Juni 2003 der Ansicht, dass es sich um eine Bewährungsauflage handele, die nach § 12 Nr. 4 EStG nicht abziehbar sei.
Auf das Schreiben der Vorsitzenden Richterin am Landgericht vom 12. Juni 2003 zur Anfrage des Gerichts vom 3. Juni 2003, aufgrund wel...