Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung gezahlter Lohnsteuer bei der Ermittlung des für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Grenzbetrags
Leitsatz (redaktionell)
Die im Kalenderjahr gezahlte Lohnsteuer/Einkommensteuer (abzüglich der Erstattung aus dem Vorjahr) und der Solidaritätszuschlag sind unter Berücksichtigung der BVerfG-Entscheidung vom 11.1.2005, 2 BvR 167/02 bei der Ermittlung des Grenzbetrags nicht in die Berechnungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 63 Abs. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid vom 27. Juni 2003 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Sohn A und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 1. September 2004 werden hinsichtlich des Jahres 2002 aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der volljährige Sohn des Klägers mit seinen Einkünften und Bezügen den für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Grenzbetrag im Jahr 2002 überschritten hat.
Der am 12. Juni 1981 geborene Sohn A des Klägers ist seit dem Wintersemester 2001/2002 an der Technischen Universität B (TU), Studiengang Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre, immatrikuliert.
Nach der bei der beklagten Familienkasse C (FK) vorgelegten Erklärung des Klägers und seines Sohnes A zu den Einkünften und Bezügen sowie laut Einkommensteuerbescheid 2002 vom 9. April 2003 erzielte A im Jahr 2002 Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 16.636 EUR aus einer Tätigkeit für BMW. Die im Jahr 2002 von A gezahlte Lohnsteuer betrug laut Einkommensteuerbescheid 2002 vom 9. April 2003 1.294 EUR (Solidaritätszuschlag: 63,41 EUR) und die 2002 erstattete Einkommensteuer laut Einkommensteuerbescheid 2001 vom 8. April 2002 42,44 EUR.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2003 hob die FK nach Anhörung des Klägers wegen Überschreitung des maßgeblichen Grenzbetrags die Kindergeldfestsetzung für A ab Januar 2002 auf und forderte das für die Zeit von Januar 2002 bis Dezember 2002 gezahlte Kindergeld in Höhe von 2.148 EUR zurück. Dabei legte sie die auch im Einkommensteuerbescheid für 2002 angesetzten Werbungskosten in Höhe von 6.992 EUR zu Grunde.
Im Rahmen des folgenden Einspruchsverfahrens wandte sich der Kläger gegen die Rückzahlung des Kindergeldes für das Jahr 2002. Dabei machte er u.a. Aufwendungen des Sohnes für Fahrten zur TU in Höhe von 2.310,48 EUR (76 Tage/77 km) geltend.
Mit Einspruchsentscheidung vom 1. September 2004 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Grenzbetrag in Höhe von 7.188 EUR werde im Jahr 2002 selbst bei Berücksichtigung des günstigstenfalls für Werbungskosten und besondere Ausbildungskosten anzusetzenden Betrags in Höhe von 9.302,48 EUR (6.992 EUR + 2.310,48 EUR) mit 7.333,52 EUR überschritten (16.636 EUR - 9.302,48 EUR).
Die hiergegen erhobene Klage wird im Wesentlichen wie folgt begründet: Im Jahr 2002 seien nachvollziehbare Werbungskosten nicht anerkannt und deshalb der Grenzbetrag geringfügig überschritten worden. Die Pflicht zur Zahlung des pro Semester anfallenden Beitrags an das Studentenwerk werde ebenso als gerichtsbekannt vorausgesetzt wie die für das Studium anfallenden Aufwendungen für Lehrmittel (Skripten und Fachbücher), Schreibwaren und Fotokopien sowie der Mehraufwand für Verpflegung. Weitere Werbungskosten in Höhe von 105,80 EUR seien für den Erwerb der Bücher „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre” und „Statistik Grundlagen” sowie für Gebühren bei der Universitätsbibliothek B angefallen. Zu Unrecht seien auch die geltend gemachten Fahrtkosten von der Wohnung in X an die TU in Höhe von 2.310,40 EUR, die Verpflegungspauschale in Höhe von 1.140 EUR, die anteiligen Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung in Höhe von 338,12 EUR, die nachgewiesenen Dienstreisekosten in Höhe von 113 EUR, sonstige Fahrtkosten in Höhe von 138,60 EUR sowie die Reparaturkosten wegen des Unfallschadens in Höhe von 1.899,92 EUR nicht berücksichtigt worden. Hinsichtlich der Fahrten zur TU und zur Arbeit werde auf die genaue Aufzeichnung jeder einzelnen Fahrt durch A verwiesen. Wie dem Finanzamt gegenüber bereits nachgewiesen und von diesem auch anerkannt, habe sich der Autounfall am 18. Dezember 2001 (12.45 Uhr) in D auf der Fahrt zur Arbeitsstätte ereignet. Hinsichtlich des PC werde auf den vorgelegten Fragebogen und die ebenfalls vorgelegte beispielhafte Arbeit des Sohnes verwiesen. Insgesamt seien für 2002 Werbungskosten in Höhe von 11.046,52 EUR in Ansatz zu bringen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 27. Juni 2003 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzun...