rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachversteuerung von Beiträgen an eine zur Kreditabsicherung herangezogene Lebensversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Gesetzesänderung gemäß § 10 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 52 Abs. 13 a S. 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 (jetzt § 52 Abs. 24 S. 3 EStG) verstößt nicht insoweit gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, als sie in bestehende Lebensversicherungsverträge eingreift und den Sonderausgabenabzug für die Beiträge versagt, wenn die Versicherung der Kredittilgung oder -sicherung dient.
2. Die Neuregelung gilt auch bei Abtretung von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung zur Sicherung eines von der früheren Ehefrau des Steuerpflichtigen übernommenen Betriebsmittelkredits einer Bank, also bei Auseinanderfallen von Darlehens- und Versicherungsnehmer.
3. Ein auf einen 1991 eingestellten Gewerbebetrieb zurückzuführender, durch Abtretung der Lebensversicherung abgesicherter betrieblicher Kontokorrentkredit ist grundsätzlich ein sog. Altfall, auf den § 10 Abs. 2 S. 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 nicht anzuwenden ist. Wird er jedoch nach dem 13. Februar 1992 durch Belastung mit den Darlehenszinsen neu in Anspruch genommen, so wird durch die Inanspruchnahme innerhalb des eingeräumten Kreditrahmens ein neues Darlehen aufgenommen, so dass dadurch ein steuerschädlicher Neufall entsteht und die gesetzliche Neuregelung zur Anwendung kommt.
4. Die Ausnahmeregelung für die Sicherung betrieblicher Darlehen für längstens drei Jahre nach § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. c EStG ist nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige neben der Sicherungsabrede auch eine Tilgungsvereinbarung getroffen hat. Letztere reicht für den Eintritt der Steuerschädlichkeit aus, ohne dass es tatsächlich zur Kündigung der Lebensversicherung und Darlehenstilgung gekommen sein muss.
Normenkette
EStG 1993 § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. c, Abs. 5 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 52 Abs. 13a S. 4; EStDV § 30 Abs. 1 Sätze 2-3; GG Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob für als Sonderausgaben berücksichtigte Beiträge an eine Lebensversicherung, mit der vorübergehend ein Betriebsmittelkredit besichert wurde, eine Nachversteuerung durchzuführen ist.
Der seit 1991 geschiedene Kläger (Kl), der in B. eine Pilsstube und zusammen mit seiner früheren Ehefrau in K. das Hallenbad-Restaurant betrieb, trat am 20. Februar 1984 seine Ansprüche aus der im Dezember 1983 in Höhe von 70.000 DM abgeschlossenen Lebensversicherung Nr. … bei der X Lebensversicherungs-AG zur teilweisen Besicherung eines Kontokorrentkredits in Höhe von 91.277 DM an die S. Bank in K. ab. Das Darlehen stellte die S. Bank als Betriebsmittelkredit für das Hallenbad-Restaurant zur Verfügung. In der Zeit von 1985 bis 1991 hatte der Kl auf die Lebensversicherung Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 31.320 DM geleistet und bei den Einkommensteuer(ESt)-Veranlagungen für diese Jahre als Sonderausgaben geltend gemacht. In der Scheidungsvereinbarung vom 31. Oktober 1990 einigten sich der Kl und seine frühere Ehefrau u.a. dahingehend, dass diese das Hallenbad-Restaurant in alleiniger Verantwortung weiter betreibt und im Gegenzug die Bankverbindlichkeiten übernimmt. An der Besicherung durch die Lebensversicherung des Kl änderte sich nichts. Bereits zum 31. Dezember 1991 stellte die frühere Ehefrau des Kl den Betrieb des Restaurants wieder ein.
Am 9. Dezember 1994 kündigte die Bank die Lebensversicherung, nahm die Kündigung aber mit Schreiben vom 2. März 1995 wieder zurück. Gleichzeitig machte sie die Abtretung rückgängig.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –), der im Jahr 1994 von diesen Vorgängen erfuhr und sie als steuerschädlich einschätzte, versagte im Schreiben vom 2. Januar 1995 den Sonderausgabenabzug für die gesamte Laufzeit des Lebensversicherungsvertrages und führte im ESt-Änderungsbescheid für 1993 vom 9. November 1998 eine Nachversteuerung in Höhe von 3.614 DM durch. Dieser Betrag bildet einen Teil der mit 8.556 DM festgesetzten Steuer. Auf die Anlagen zu diesem Bescheid wird verwiesen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg (s. Einspruchsentscheidung – EE – vom 23. Februar 2000).
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kl im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Nachversteuerung sei nicht gerechtfertigt. Durch die erst zum 2. März 1995 erfolgte schriftliche Rücknahme der Abtretung der Lebensversicherung sei der Dreijahreszeitraum nach der Neufassung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG), die mit Wirkung zum 14. Februar 1992 in Kraft getreten sei, nur geringfügig überschritten. Abgesehen davon fehlees an der nach Sinn und Zweck des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG vorausgesetzten Identität zwischen Darlehensschuldner und dem den Sonderausgabenabzug begehrenden Steuerpflichtigen. Seit der Scheidungsvereinbarung habe er zwar Sonderausgaben, aber keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten mehr geltend gemacht. Die N...