Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verfahrensaussetzung aufgrund eines im Sachverhalt nicht vergleichbaren Revisionsverfahrens beim BFH. Anwendbarkeit von § 68 FGO bei Ersetzung eines mit der Klage angefochtenen Zusammenveranlagungsbescheids durch einen Bescheid über getrennte Veranlagung. Inanspruchnahme einer Absetzung für Abnutzung als Indiz gegen das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels. Heimatflughafen als regelmäßige Arbeitsstätte eines Piloten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist in einem Klageverfahren streitig, ob der klagende Pilot die ihm gehörende Wohnung im Streitzeitraum tatsächlich bewohnt hat, so ist ein die Rechtsfrage, ob ein von mehreren Piloten angemietetes und abwechselnd genutztes Standby-Zimmer einen Wohnsitz i. S. v. § 8 AO darstellen kann, betreffendes Revisionsverfahren kein die Aussetzung des Klageverfahrens nach § 74 FGO rechtfertigendes „Musterverfahren” i. S. d. BFH-Rechtsprechung. Ein „echtes” Musterverfahren liegt nur vor, wenn es in dem Klageverfahren, das ausgesetzt werden soll, nicht um einen anderen Sachverhalt als in dem Verfahren vor dem BFH geht; die Fälle müssen hinsichtlich der Streitfrage vielmehr im Wesentlichen gleich gelagert sein.
2. Ergeht während des Klageverfahrens gegen einen Zusammenveranlagungsbescheid ein Bescheid über eine getrennte Veranlagung und verfolgt der Kläger materiell die Anerkennung bestimmter Werbungskosten bzw. Verluste weiter, ohne sich gegen die geänderte Veranlagungsart zu wenden, so wird der Bescheid über die getrennte Veranlagung nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens.
3. Die vom BFH für die Beurteilung der Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen aufgestellte Drei-Objekt-Grenze ist ein gewichtiges Indiz für oder gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht. Auf die Drei-Objekt-Grenze kommt es aber dann nicht an, wenn sich bereits aus anderen – ganz besonderen – Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt.
4. Objekte i. S. d. „Drei-Objekt-Grenze” sind nur solche Objekte, bei denen ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung, Erwerb oder Modernisierung und der Veräußerung besteht. Es spricht gegen eine zum Zeitpunkt des Erwerbs von drei – ungekündigt vermieteten – Objekten im Rahmen eines sog. Mietkaufmodells bestehende bedingte Veräußerungsabsicht, wenn der Steuerpflichtige anschließend in den drei Jahren bis zum Verkauf der Objekte Vermietungseinkünfte nach § 21 EStG unter Inanspruchnahme einer – bei Zugehörigkeit von Objekten zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels nicht zulässigen – Abschreibung nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 Buchst. b EStG erklärt und erstmals nach der verlustträchtigen Veräußerung der Objekte Verluste aus einem gewerblichen Grundstückshandel geltend gemacht hat.
5. Für einen Piloten ist der Heimatflughafen als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, wenn von dort aus sämtliche Flüge des Piloten starten sowie dort die von dem Piloten bedienten Flüge enden und wenn der Pilot ausweislich der Lohnsteuerbescheinigung dieser Betriebsstätte des Arbeitgebers auch zugeordnet ist.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 26a, 26b, 7 Abs. 5 Nr. 3 Buchst. b, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4; FGO §§ 68, 74; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; AO § 8
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 07.08.2013; Aktenzeichen X B 57/13) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Streitig sind das Vorliegen der Voraussetzungen für einen gewerblichen Grundstückshandel, die Steuerfreiheit einer Schichtzulage, die Berücksichtigung von Fahrtkosten für Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte, die Anerkennung von Werbungskosten im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Objekts A sowie die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2004 im Zusammenhang mit der Veräußerung von Grundstücken.
Der verheiratete Kläger erzielte im Streitjahr als Flugkapitän Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Außerdem war der Kläger Eigentümer des Objekts S-str., A und Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der von ihm mit Urkunde vom 28. November 1997 gegründeten B Vetriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung (B-GmbH) mit Sitz in A, S-Str. Einkünfte aus diesen Tätigkeiten erklärte der Kläger im Streitjahr nicht. Für die als Fahrten WohnungArbeitsstätte geltend gemachten Fahrten benutzte der Kläger drei auf die Airlift GmbH zugelassene Kfz. Die Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und wurde mit dem Kläger vom Finanzamt (FA) M (Beklagter), zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt.
Der Kläger hatte mit Notarurkunde vom 30. Dezember 2002 drei Objekte in W (X-Str 24, 30 und 43) zu einem Gesamtkaufpreis von 600.000 EUR erworben. Auf das Objekt X-Str. 24 entfiel dabei ein Kaufpreis von 210.000 EUR (Anteil Grund und Boden 20.000 EUR), auf das Objekt X-Str. 30 ein Kaufpreis von 230.000 EUR (Anteil Grund und Boden 19.000 E...