Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Anfechtung von nach Erledigungserklärungen ergangenen Steuerbescheiden. Keine Änderung der behördlichen Zuständigkeit nach Klageerhebung wegen Wohnsitzverlegung. Nichtigkeit wegen Formfehler
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit Abgabe der Erledigungserklärungen im finanzgerichtlichen Erörterungstermin wird der Rechtstreit unmittelbar beendet; die angefochtenen Steuerfestsetzungen werden unanfechtbar.
2. Nur wenn mit einer Klage gegen die aufgrund der Erledigungserklärung des Vorprozesses ergangenen neuen Steuerbescheide eine unvollständige oder sonst rechtsfehlerhafte Umsetzung der erteilten Änderungszusage geltend gemacht wird, ist eine Anfechtung der neuen Steuerbescheide zulässig.
3. Übereinstimmende Erledigungserklärungen sind unwiderruflich, wenn kein Restitutionsgrund vorliegt. Anderes gilt „nur”, wenn ein Restitutionsgrund (§ 134 FGO i.V.m. § 580 ZPO) vorliegt.
4. Nach Erhebung einer Klage gegen eine Einspruchsentscheidung führt die Verlegung des Wohnsitzes oder Sitzes des Klägers zu keiner Änderung der Passivlegitimation nach § 63 FGO.
5. Formelle Fehler wie unzulässige handschriftliche Änderungen und Ergänzungen bzw. fehlende Unterschriften bedingen nicht, dass Bescheide mit klar erkennbarem Regelungsgehalt als nichtig anzusehen sind.
Normenkette
FGO §§ 138, 63 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, §§ 134, 42; AO §§ 127, 351 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist im Wesentlichen, ob sich der Rechtsstreit betreffend die Einkommensteuerfestsetzungen für 1990, 1991, 1992 und 1995 mit Abgabe der Erledigungserklärungen im Erörterungstermin in der Hauptsache erledigt hat.
I.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihren Wohnsitz hatten die Kläger bis zu ihrem Umzug nach I., D-Str. 20 im Oktober 2003, in K., Am H-Str. 10. Nachdem die Kläger gegen die vom damals zuständigen Veranlagungsfinanzamt erlassenen Einkommensteuerbescheide für 1990, 1991, 1992 und 1995 (Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 1999) beim Finanzgericht Köln Klage erhoben hatten, beraumte das Finanzgericht für den 18. und 19. Oktober 2006 Erörterungstermine an. Im Rahmen dieser Termine erzielten die Parteien Einigung über alle strittigen Punkte. Laut des gerichtlichen Protokolls verpflichtete sich das beklagte Finanzamt dazu, Änderungsbescheide entsprechend den im Erörterungstermin für die Streitjahre getroffenen Vereinbarungen zu erlassen. Demgegenüber sagten die Kläger zu, keine weiteren Aufwendungen geltend zu machen. Die Prozessbeteiligten erklärten auf Grundlage dieser Einigung den Rechtsstreit für diese Streitjahre in der Hauptsache für erledigt (siehe Protokoll der Finanzgerichts Köln 3 K 5035/99 vom 18. und 19. Oktober 2006). Mit Beschluss vom 15. November 2006 (3 K 5035/99 und 3 K 4422/06) entschied das Finanzgericht Köln schließlich, dass die Kosten gegeneinander aufzuheben seien und stellte in den Gründen fest, dass die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hätten.
Um die Umsetzung des in der Erörterung vereinbarten Ergebnisses zu veranlassen, sandte das Finanzamt dem Beklagten (Finanzamt) die erforderlichen Daten und Unterlagen am 22. November 2006 zu. Mit Schreiben vom 01. Dezember und 21. Dezember 2006 wandte sich der Kläger an das Finanzamt, mahnte eine zeitnahe Umsetzung an, und kündigte an, bei weiteren Verzögerungen Schadensersatzforderungen geltend zu machen. Das Finanzamt erließ mit Bescheiden jeweils vom 08. Januar 2007 die entsprechenden Änderungsbescheide und wies in den Erläuterungen handschriftlich daraufhin, dass mit Erlass dieser Bescheide die Folgerungen aus der im Rahmen der Erörterung erzielten Vereinbarung gezogen worden seien.
Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2007).
Hiergegen richtet sich die Klage, die am 13. Juli 2007 beim Finanzgericht München einging. Ihre Klage begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt.
Die Änderungsbescheide, die die in der Erörterung vom 18. und 19. Oktober erzielten Ergebnisse umsetzen sollten, seien schon deshalb rechtswidrig, weil die im Rahmen der Erörterung erzielte Vereinbarung fehlerhaft zustande gekommen sei. Da die Kläger bereits im Jahre 2003 umgezogen seien, sei nunmehr das Finanzamt zuständig geworden und alleine befugt gewesen, die tatsächliche Verständigung herbeizuführen. Damit seien die vom Finanzamt erlassenen Änderungsbescheide schon aus formalen Gründen aufzuheben. Dem beklagten Finanzamt fehle die rechtliche Anbindung zum Klageverfahren vor dem Finanzgericht Köln.
Darüber hinaus seien die Bescheide schon deshalb nichtig, weil diese nicht der für Steuerbescheide erforderlichen Form entsprächen.
Die Kläger stellen den Antrag
aus dem Schriftsatz vom 17. Mai 2010.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, dass die Klage schon deshalb abzuweisen sei, da d...