rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilerlass von Nachzahlungszinsen wegen überlanger Prüfungsdauer
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Grundsatz von Treu und Glauben steht einer Festsetzung von Nachforderungszinsen grundsätzlich auch dann nicht entgegen, wenn sich die Beendigung einer Betriebsprüfung, auf der die Nachforderungen beruhen, durch organisatorische Maßnahmen der Finanzverwaltung verzögert hat.
2. Da mit der sog. Vollverzinsung Liquiditätsvorteile beim Steuerpflichtigen abgeschöpft werden sollen, die durch die verspätete Steuerfestsetzung objektiv oder typischerweise entstanden sind, kommt in diesem Fall ein (Teil-) Erlass der Nachzahlungszinsen nicht in Betracht.
3. Auch wenn anderen Feststellungsbeteiligten die Nachzahlungszinsen aus deren Einkommensteuernachforderungen teilweise erlassen wurden, ergibt sich hieraus kein Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Gleichbehandlung.
Normenkette
AO 1977 §§ 227, 233a; FGO § 102; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die verheirateten Kläger werden mit ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung beim Beklagten, dem Finanzamt München IV, zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Die Einkommensteuer für die Streitjahre wurde zunächst bestandskräftig festgesetzt. Hierbei wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb anhand einheitlicher und gesonderter Feststellungsbescheide des Finanzamts München V für die Beteiligung des Klägers an der xxx GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) ermittelt. Nach einer Betriebsprüfung bei der KG ergingen am 26.02.2004 geänderte Feststellungsbescheide, die Änderungen der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre nach sich zogen (Änderungsbescheide jeweils vom 17.03.2004). Gleichzeitig wurden mit diesen Bescheiden Zinsen zur Einkommensteuer 1996 von 8.222,31 DM, zur Einkommensteuer 1997 von ./. 655,20 DM und zur Einkommensteuer 1998 von 29.409,82 DM festgesetzt.
Hiergegen wandten sich die Kläger mit einem Antrag auf angemessene Reduzierung des Zinslaufes um mindestens 12 Monate und legten hilfsweise gegen die Festsetzung der Nachzahlungszinsen auch Einspruch ein. Die Zeitdauer zwischen der Anordnung der Betriebsprüfung und dem Ergehen geänderter Steuerbescheide für die KG habe 4 Jahre betragen, von der Schlussbesprechung bis zur Ausfertigung des BP-Berichts 17 Monate und dann bis zum Ergehen geänderter Einkommensteuerbescheide nochmals 13 Monate. Die Verfahrensdauer sei entscheidend durch die Versetzung des Betriebsprüfers beeinflusst gewesen, und auch die Verwaltung habe die Dauer der Betriebsprüfung als außerordentlich eingestuft. Auf die eigentliche Prüfung seien nur 4 Monate entfallen. Die während der Prüfungsdauer zu erzielenden Habenzinsen hätten erheblich unter dem Zinssatz der nun geforderten Nachzahlungszinsen gelegen, sodass durch die schuldhafte Verzögerung der Behörde ein Nachteil entstanden sei, der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben durch einen Teilerlass auszugleichen sei. Einen derartigen Teilerlass hätten auch die Wohnsitzfinanzämter der übrigen Gesellschafter bereits ausgesprochen.
Der Beklagte lehnte den Erlassantrag und den hiergegen erhobenen Einspruch ebenso wie den Einspruch gegen die Zinsfestsetzung mit Einspruchsentscheidungen jeweils vom 25.02.2005 ab.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die Nachzahlungszinsen seien ermessensfehlerhaft festgesetzt, jedenfalls sei die Ablehnung des Antrags auf Teilerlass ermessensfehlerhaft. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Dauer der Betriebsprüfung allein von der Finanzverwaltung verschuldet gewesen sei. Nur die Verwaltung habe die Möglichkeit gehabt, die Bearbeitungsdauer zu verkürzen und somit die festzusetzenden Nachzahlungszinsen niedrig zu halten, die Kläger hätten demgegenüber keinerlei Möglichkeiten zur Beeinflussung des Zinslaufes gehabt. Auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gebiete den beantragten Teilerlass. Der Teilerlass bei den übrigen Gesellschaftern habe schutzwürdiges Vertrauen bei den Klägern auf entsprechende Handhabung ausgelöst.
Die Kläger beantragen,
die geänderten Bescheide vom 17.03.2004 über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 1996, 1997 und 1998 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 25.02.2005 hinsichtlich der Zinsfestsetzung aufzuheben, soweit diese einen längeren Zinszeitraum als 59 Zinsmonate für 1996, 47 Zinsmonate für 1997 und 35 Zinsmonate für 1998 festsetzen,
bzw. das Finanzamt zu einer entsprechenden Teilaufhebung zu verpflichten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nachzahlungszinsen seien verschuldensunabhängig festzusetzen, wobei weder die Verursachung einer verzögerten Sachbehandlung noch die in dieser Zeit von den Klägern zu erzielenden Zinsvorteile zu beachten seien. Da die Teilerlasse für die übrigen Gesellschafter somit zu Unrecht erfolgt seien, könnten sich die Kläger auch nicht auf ihr schutzwürdiges Vertrauen auf eine ents...