Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Zinsen aus einer Lebensversicherung sind steuerpflichtig, wenn die Versicherung zwar zunächst steuerunschädlich als Sicherheit im Rahmen der Finanzierung des Erwerbs einer vermieteten Immobilie abgetreten wurde, nach deren Veräußerung jedoch das Darlehen nicht aus dem Veräußerungserlös getilgt, sondern dieser jedenfalls teilweise auch zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern verwendet worden ist, die zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen.
2. Die Steuerpflicht tritt unabhängig von der Höhe des steuerschädlich verwendeten Anteils des beliehenen Darlehens insgesamt ein.Die steuerschädliche Verwendung eines Policendarlehens lässt keine Aufteilung in steuerschädlich und steuerunschädlich verlaufene Phasen zu.
Normenkette
EStG 2002 § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Kläger werden beim Finanzamt (FA) B (Beklagter) zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
Mit Abtretungsvertrag vom 17. August 1995 wurde die am selben Tag vom Kläger mit der D-Lebensversicherung Aktiengesellschaft (AG), jetzt B-LebensversicherungsAG (Lebensversicherung) abgeschlossene Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer 2.2.502 623.31 mit einem Darlehensbetrag i.H.v. 380.000 DM beliehen. Die Verwendung des bei der Bank I aufgenommenen Darlehens mit der Vertragsnummer … (Datum des Vertragsabschlusses: 18. August 1995; Nennbetrag 400.000 DM – 204.516 EUR) erfolgte nach Angaben der Kläger zum Neubau eines Doppelhauses in S. Daneben bestand ein zweites, nicht beliehenes Darlehen über einen Betrag von 200.000 DM (102.488 EUR).
Mit Anzeige vom 11. Juli 1996 setzte die Lebensversicherung den Beklagten nach § 29 Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) davon in Kenntnis, dass die vom Kläger neu abgeschlossene Lebensversicherung am 18. August 1995 i.H.v. 380.000 DM beliehen worden sei. Nach Angabe der Kläger seien die Darlehensgelder zur ausschließlichen Finanzierung der Herstellungskosten für den Neubau eines Doppelhauses aufgenommen worden, das langfristig zur Erzielung von Mieteinnahmen genutzt werden solle. Das Darlehen sei unmittelbar zur Zahlung der Herstellungskosten verwendet worden.
Die gesamten Herstellungskosten betrugen 720.590 DM (368.432 EUR). Eine Doppelhaushälfte wurde 1995 fertig gestellt, die andere 1996. Beide Doppelhaushälften waren fremdvermietet.
Mit Bescheid vom 24. August 1998 stellte das FA fest, dass die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in der Versicherung enthaltenen Sparanteilen wegen der gemeldeten Verwendung nicht einkommensteuerpflichtig seien.
Mit Notarvertrag vom 18. Oktober 2006 veräußerten die Kläger eine der beiden Doppelhaushälften und erzielten einen Erlös von 260.000 EUR, mit dem sie das zum Zeitpunkt der Rückzahlung am 27. November 2006 noch i.H.v. 102.488,03 EUR valutierte, nicht beliehene zweite Darlehen tilgten. Hinsichtlich des beliehenen Darlehens, das zum 1. Januar 2006 einen Schuldenstand von 204.516,75 EUR aufwies, erfolgte eine Sondertilgung i.H.v. 47.258,38 EUR, so dass das beliehene Restdarlehen nach einer weiteren Sondertilgung i.H.v. 483,24 EUR am 30. Dezember 2006 noch mit 156.775,13 EUR valutierte.
Die Differenz zwischen Verkaufserlös und Tilgung i.H.v. ca. 110.000 EUR haben die Kläger nach eigenen Angaben teils privat verwendet, zum Teil wieder angelegt. Die daraus resultierenden Zinsen würden ordnungsgemäß versteuert (vgl. Schriftsatz vom 29. Januar 2008).
Im Rahmen eines Einspruchs gegen die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 prüfte das FA die Steuerpflicht der Zinsen erneut, änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 24. August 1998 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) und erklärte die Zinsen aus den in den Lebensversicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen mit Feststellungsbescheid vom 17. April 2008 insgesamt für einkommensteuerpflichtig, da im Zusammenhang der Veräußerung einer der beiden Doppelhaushälften und der Verwendung des erhaltenen Kaufpreises eine teilweise steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung stattgefunden habe. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 11. September 2008).
Die hiergegen gerichtete Klage im Verfahren 9 K 3361/08 hat der Senat mit Urteil vom 27. Mai 2009 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen, gegen das die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil mit Beschluss vom 19. August 2010 (Az. VIII B 131/09) auf und verwies die Sache an das Finanzgericht München zurück.
Zur Begründung der Klage tragen die Kläger vor, laut dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Juni 2000 IV C 4 – S 2221 – 86/0...