Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft. Vercharterung einer Segelyacht als Liebhaberei. Ablehnung der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1992, 1993, 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine atypische stille Gesellschaft liegt vor, wenn der stille Gesellschafter auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunterinitiative entfalten kann.

2. Erwirtschaftet ein Steuerpflichtiger Verluste aus der Vercharterung einer Segelyacht, so kann im Wege typisierender Betrachtungsweise angenommen werden, dass er die Tätigkeit aus im Bereich der Lebenführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeführt hat, wenn er selbst Inhaber des erforderlichen Bootsführerscheins ist.

 

Normenkette

AO § 179 iVm, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 2 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 4; HGB § 230 ff.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin (Klin) erzielte als Angestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. 1993 und 1994 war sie arbeitslos und bezog als Lohnersatzleistung Arbeitslosengeld. Der Ehemann der Klin erzielte in den Streitjahren 1992 bis 1994 als Ingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit Vertrag vom 26.10.1992 gründeten die Klin und … eine stille Gesellschaft. Zweck der Gesellschaft war der Kauf und die Vercharterung von Segelyachten sowie der Vertrieb von Yachtzubehör (§ 1 des Gesellschaftsvertrags). Der stille Gesellschafter hatte eine Bareinlage von 125.000 DM und die Klin eine Bareinlage von 125.000 DM sowie eine Sacheinlage von 40.000 DM zu erbringen (vgl. § 3 und § 5 des Vertrags). Zur Geschäftsführung war allein die Klin befugt; bestimmte Rechtsgeschäfte bedurften der Zustimmung des stillen Gesellschafters (§ 9 des Vertrags). Zu dem Vertragsinhalt im Einzelnen wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 26.10.1992 (Vorheftung der Feststellungsakten) Bezug genommen.

Im Jahr 1992 erwarb die Klin eine 14-Meter-Segelyacht, genannt N.!, mit sechs Kojen für 264.164 DM. Die Yacht wurde bis Juni 1993 für 145.639 DM renoviert. Die Klin stellte einen Törnplan auf und suchte mittels Anzeigen Mitsegler. Skipper der Törns war der Ehemann der Klin; die Klin fungierte als Smut. Der Listenpreis für eine Woche betrug grundsätzlich 1.000 DM (durchschnittlich 880 DM) pro Mitsegler. Die Klin erklärte in den Feststellungserklärungen folgende Einkünfte/Verluste aus Gewerbebetrieb:

1992:

./. 50.794 DM

(Erlöse:

0 DM)

1993:

./. 134.118 DM

(Erlöse:

22.458 DM)

1994:

./. 76.205 DM

(Erlöse:

9.052 DM).

Mit dem Tod des stillen Gesellschafters am 12.7.1994 endete die stille Gesellschaft.

Die Klin meldete den Betrieb zum 12.7.1994 ab. Anschließend betrieb der Ehemann der Klin die Vercharterung der Segelyacht bis zu dessen Erkrankung im Jahr 1997 (vgl. Übernahmevertrag vom 31.10.1994). Er erklärte aus dieser Tätigkeit keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Beklagte (Finanzamt –FA–) lehnte es mit zusammengefassten Bescheiden vom 25.10.1996 ab, die Einkünfte für die Jahre 1992 bis 1994 gesondert und einheitlich festzustellen, weil die Gesellschaft mangels Gewinnerzielungsabsicht keine steuerlichen Einkünfte erzielt habe. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17.9.1998).

Die Klage begründet die Klin im Wesentlichen wie folgt: Der stille Gesellschafter sei insbesondere als Geldgeber mit Gewinn- und Verlustbeteiligung in die Unternehmung aufgenommen worden; im Übrigen sei der Betrieb aus Kostengründen in Eigenleistung erfolgt. Der stille Gesellschafter habe Kunden anwerben, sonstige Werbemaßnahmen, Geschäftsführung, Telefondienst etc. übernehmen sollen. Da der stille Gesellschafter jedoch anderweitig zu stark belegt gewesen sei, habe der Sohn der Klin während der geschäftsbedingten Abwesenheit diese Tätigkeit (unentgeltlich) erledigt. Der Ehemann der Klin sei Inhaber aller deutschen Führerscheine, der Führerscheine A, B, C, des Sport- und des Sporthochseeführerscheines. Er habe einen derartigen Betrieb schon längerfristig als zweites Standbein vorgesehen gehabt. Die Klin sei Inhaberin der Führerscheine A und B. Zum Zeitpunkt der Betriebseröffnung sei noch nicht abzusehen gewesen, dass dieser Markt einen derartigen Einbruch erleide und der Anteil der Urlaubsausgaben an den Lebenshaltungskosten schrumpfen würde. Vor dem Kauf der N. II seien die Klin und ihr Ehemann Inhaber eines kleineren Schiffes gewesen. Gewinnerzielungsabsicht habe damals nicht bestanden. Aufgrund der Doppelverdiener-Situation und dem entsprechenden Einkommen seien die Eheleute in der Lage gewesen, sich den Unterhalt des Schiffes ohne Gewinnerzielungsabsicht zu leisten. Das Gewerbe sei erst angemeldet, die Gesellschaft erst gegründet worden, als die Klin ihre Arbeitnehmerstellung beendet habe und ihre Zeit voll in die Vercharterung habe investieren können. Der Ehemann der Klin sei Frührentner (Rente mit 58 Jahren). Beide hätten ...

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