Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine berufliche Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung trotz erheblicher Fahrtstreckenverkürzung bei privat veranlasster Verlegung des Familienwohnsitzes. Doppelte Haushaltsführung. Wohnsitzwegverlegung. Einkommensteuer 1996
Leitsatz (amtlich)
Die Begründung einer doppelten Haushaltsführung ist nicht beruflich veranlasst, wenn der bisher 55 km vom Arbeitsort entfernte Familienwohnsitz aus privaten Gründen ins Ausland verlegt wird, wegen der dadurch erhöhten Entfernung zum Arbeitsplatz eine tägliche Rückkehr nicht mehr möglich ist und deswegen eine zusätzliche kleinere Wohnung am Beschäftigungsort angemietet werden muss. Dass die Zweitwohnung am Arbeitsort bereits rd. zwei Monate vor der Verlegung des Familienwohnsitzes ins Ausland angemietet worden ist und die Fahrstrecke von der Wohnung am Arbeitsort zum Arbeitsplatz nur noch drei 3 km beträgt, ändert daran nichts.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1, § 12 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die im Streitjahr mit Einkünften des Ehemannes (des Kl) aus nichtselbständiger Arbeit und mit gemeinsamen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt wurden. Sie bewohnten in R. eine gemietete Doppelhaushälfte als Hauptwohnsitz, den sie 1993 vom 55 km entfernten M. dorthin verlegt hatten. Von R. aus ging der Kl arbeitstäglich seiner Beschäftigung in M. nach.
Daneben bewohnten die Kl seit 1994 während der Sommermonate in X. am Gardasee ein Ferienhaus. Schließlich verlegten sie am 22. April 1996 ihren Familienwohnsitz ganz nach Italien und lösten die Wohnung in R. zum 30. April 1996 auf, nachdem der Kl bereits zum 15. Februar 1996 eine 70 qm große 3-Zimmer-Wohnung in M., Y.-Straße, angemietet hatte, die nur 3 km von seiner Arbeitsstelle entfernt lag.
Wegen dieses Sachverhalts machten die Kl in ihrer ESt-Erklärung für 1996 Aufwendungen für doppelte Haushaltführung, darunter Mietkosten der Wohnung in M. für acht Monate, Familienheimfahrten nach Italien und Verpflegungsmehraufwendungen, als Werbungskosten des Kl bei seinen Einkünften aus nichtselbständige Arbeit geltend. Im ESt-Bescheid vom 21. August 1997 ließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) diese Aufwendungen mit Ausnahme der mit 14.588 DM erklärten Kosten für die Familienheimfahrten unberücksichtigt und setzte die ESt auf 20.142 DM fest.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. In den Gründen der Einspruchsentscheidung (EE) vom 18. Februar 1998 ist u. a. ausgeführt, dass die doppelte Haushaltsführung des Kl nicht durch die Arbeitsaufnahme an einem anderen Ort begründet, sondern lediglich durch die Verlegung des Wohnsitzes bedingt gewesen sei. Damit beruhe die Entstehung des doppelten Haushalts ausschließlich auf privaten Gründen. Die durch die Wohnsitzverlegung entstandenen Folgekosten, wie Verpflegungsmehraufwendungen und Mietkosten, könnten daher steuerlich nicht berücksichtigt werden.
Während des Verfahrens über die hiergegen gerichtete Klage erließ das FA unter dem 2. März 1999 einen Änderungsbescheid ohne betragsmäßige Abweichung vom bisherigen Veranlagungsergebnis, der auf Antrag der Kl zum Gegenstand des Verfahrens wurde (§ 68 Finanzgerichtsordnung – FGO – in der im Jahr 1999 geltenden Fassung).
Die Kl machen im Wesentlichen geltend, dass Grund für die Verlegung des Wohnsitzes von R. nach M. für den Kl die Verkürzung der täglichen Fahrzeit und der Fahrstrecke zur Arbeitsstelle gewesen sei. Da in deren näherer Umgebung keine geeignete Immobilie habe gefunden werden können, habe man sich entschlossen, den Familienwohnsitz von Deutschland nach Italien zu verlegen. Dieser sei dann nach Kündigung des Mietverhältnisses in R. Hauptwohnsitz geworden. Unter der Woche halte sich der Kl in der ausschließlich aus beruflichen Gründen bezogenen Wohnung in M. auf, während er an den Wochenenden zu seiner Familie nach X. fahre. Wäre er seiner Familie nach Italien gefolgt, hätte er seine Stelle in M. aufgeben müssen. Daraus ergebe sich, dass der Umzug von R. nach M. mit der Einkunftserzielung kausal zusammenhänge. Darüber hinaus habe der Umzug zu einer Fahrstreckenverkürzung von über 100 km geführt. Für die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung komme es allein auf die Begründung des Zweithaushalts an. Zu der sei es aber mit der erstmaligen Anmietung der kleineren Wohnung in M. gekommen.
Die Kl beantragen sinngemäß,
Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 19.596 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Kl aus nichtselbständige Arbeit anzuerkennen und unter Abänderung des angefochtenen Änderungsbescheids die ESt 1996 entsprechend herabzusetzen.
Das FA hat keinen Antrag gestellt.
Es bleibt bei seiner bisher vertretenen Rechtsauffassung und verweist hierzu auf die Gründe der EE vom 18. Februar 1998.
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage...