Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug von Zinszahlungen von einem auf Ehegatten lautenden Oder-Konto nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten als nachträgliche Betriebsausgaben. Verfügungsbeschränkung und Drittaufwands-Rechtsprechung des BFH nach Insolvenzeröffnung. Fremdvergleich bei Darlehensverträge zwischen Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Zinsen für betriebliche Darlehen handelt es sich um eine nachrangige Insolvenzforderung. Diese Zinsen können bei der Verteilung der Insolvenzmasse erst zum Zug kommen, wenn die gewöhnlichen Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) vollständig befriedigt sind.
2. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines der Inhaber eines Oder-Kontos können Auszahlungen aus dem Oder-Konto nur noch vom Insolvenzverwalter oder dem auch mit der Einzelverfügungsbefugnis ausgestatteten Kontomitinhaber veranlasst werden.
3. Die Drittaufwands-Rechtsprechung des BFH ist nicht auf Fälle übertragbar, in denen trotz Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Ehegatten entgegen dem Verfügungsverbot des Insolvenzschuldners noch Leistungen von einem Oder-Konto der Ehegatten erbracht werden.
4. Drittaufwand ist nicht gegeben, wenn der eine Ehegatte ein eigenes Darlehen zur Finanzierung eines im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehenden Grundstücks aufnimmt.
5. Zinsen für Darlehen zwischen Ehegatten können nicht als nachträgliche Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Darlehensverträge einem Fremdvergleich nicht standhalten.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 2, § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; InsO § 80 Abs. 1, §§ 38, 39 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Steuerbescheids vom 20.05.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.10.2009 wird die Einkommensteuer 2007 auf … EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Beklagte ….
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Streitig ist, ob Schuldzinsen und Beratungskosten als nachträgliche Betriebsausgaben abziehbar sind.
I.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin war im Streitjahr als Aushilfe beschäftigt und erzielte keine steuerpflichtigen Einkünfte. In den Vorjahren betrieb sie ein Einzelunternehmen. Für das Einzelunternehmen hatte sie in den Jahren 1998 – 2001 verschiedene Betriebsmittelkredite (u.a. für Miete, Löhne und Wareneinkauf) bei der – H-Bank aufgenommen. Gesichert waren diese Betriebsmittelkredite u.a. durch Buchgrundschulden an einem dem Kläger gehörenden Einfamilienhaus und die Abtretung von Rechten aus Versicherungsverträgen. Die Darlehen waren jeweils in der Bilanz des Einzelunternehmens ausgewiesen.
Mit Beschluss vom … 2006 wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Am … 2008 teilte der Insolvenzverwalter mit, dass die Schlussverteilung im Jahr 2008 stattgefunden hat. Es war keine Verteilungsmasse verfügbar, Forderungen waren i.H.v. … EUR zu berücksichtigen. Mit Beschluss vom … 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben und der Klägerin gegenüber Restschuldbefreiung angekündigt, wenn sie für die Zeit von sechs Jahren ab dem … 2006 ihre Obliegenheiten erfüllt und Versagungsgründe nicht wirksam geltend gemacht werden. Mittlerweile unstreitig zwischen den Parteien erfolgte die Betriebsaufgabe ebenfalls im Jahr 2006. Über den Antrag der Klägerin auf Restschuldbefreiung ist noch nicht entschieden.
In der Einkommensteuererklärung 2007 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nachträgliche Betriebsausgaben i.H.v. … EUR geltend. Nach klägerischen Angaben setzten sich diese behaupteten Betriebsausgaben zusammen aus Beratungskosten wg. der Insolvenz i.H.v. … EUR und Zinszahlungen für Darlehen i.H.v. insgesamt … EUR. Zinsen wurden wie folgt entrichtet: Zinsen i.H.v. … EUR für ein Darlehen 1 bei der A-Bank und i.H.v. … EUR für ein Darlehen 2 bei der A-Bank. Der Kläger hatte mit Verträgen vom …2005 Darlehen bei der A-Bank über … EUR (Darlehen 1) und … EUR (Darlehen 2) aufgenommen. Der Kläger war alleiniger Darlehensnehmer und hatte auch die Darlehensverträge allein unterschrieben. Als Zweck dieser Darlehen wurde angegeben: „Ablösung EFH (Einfamilienhaus)”. Als Sicherheiten bestellte der Kläger u.a. wieder eine Grundschuld an seinem Einfamilienhaus und trat Lebensversicherungen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge verwiesen. Mit Vertrag vom … 200...