rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. gesetzliche Entschuldigungsgründe: Unterlassen der erforderlichen Anhörung und der erforderlichen Begründung. Einkommensteuer 1996
Leitsatz (amtlich)
Die „erforderliche” Erläuterung (Begründung) ist dann erfolgt, wenn das FA den Punkt der Abweichung bezeichnet hat und der Steuerpflichtige aus den im ESt-Bescheid mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen den Betrag der Abweichung von den erklärten Einkünften nachvollziehen kann. Eine zutreffende rechnerische Darstellung der Abweichung ist demgegenüber nicht erforderlich.
Normenkette
AO §§ 110, 91 Abs. 1 S. 2, § 126 Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden. Der Kläger erzielte als Einzelunternehmer aus dem Betrieb einer Fahrschule und als Mitunternehmer an einer GbR Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Von den Angaben der Kläger in der gemeinsamen ESt-Erklärung 1996 wich der Beklagte (das Finanzamt –FA–) bei der Veranlagung insoweit ab, als es den in Höhe von 79.942 DM erklärten Gewinn aus dem Fahrschulbetrieb (darin enthaltene Privatnutzung 5.935 DM) aufgrund einer Neuberechnung des Privatanteils für Kfz-Nutzung nach der sog. 1 %-Regelung um 7.372 DM auf 87.314 DM erhöhte. Außerdem kam der nicht erklärte Beteiligungsgewinn i.H.v. 685 DM noch zum Ansatz (Einkünfte aus selbständiger Arbeit insgesamt: 87.999 DM). Die Kläger wurden auf letztere Abweichung durch einen Erläuterungstext im ESt-Bescheid vom 18. August 1998 und hinsichtlich der Besteuerung des Privatanteils an den betrieblichen Kfz-Kosten durch eine Anlage zum ESt-Bescheid hingewiesen (Bl. 16 ESt-Akte 1996 = Bl. 19 FG-Akte). Allerdings entsprach die in der Anlage zum Bescheid mitgeteilte Ermittlung des Privatanteils nicht dem tatsächlich angesetzten Privatanteil. Hiernach hätte sich der Gewinn lediglich auf 82.111 DM erhöht (s. die Berechnungen in der Klagebegründung des Prozessbevollmächtigten vom 29. Juni 2001, Bl. 12 f. FG-Akte 1996).
Der Einspruch ging erst am 9. Oktober 1998 beim FA ein. Wegen der versäumten Einspruchsfrist beantragten die Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Diesen Antrag begründeten sie im Einspruchsschreiben vom 7. Oktober 1998 wie folgt:
Vor Erlass eines Steuerbescheides, der in die Rechte des Steuerpflichtigen eingreife, solle dieser Gelegenheit zur Gegenäußerung haben. Dies gelte insbesondere dann, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt abgewichen werden solle. Nach Tz. 1 des Anwendungserlasses zu § 91 der Abgabenordnung (AO) müsse die Finanzbehörde den Beteiligten anhören, wenn bei der Veranlagung wesentlich von den Angaben in der ESt-Erklärung abgewichen werde. Im Streitfall sei das FA hinsichtlich des Privatanteils für Kfz-Nutzung ohne vorherige Anhörung erheblich von den erklärten Angaben abgewichen. Deshalb sei nach Tz. 3 Satz 1 des Anwendungserlasses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werde jedoch auch über die mangelnde Begründung des ESt-Bescheids ermöglicht. Nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 AO sei eine Begründung des Verwaltungsakts nur dann nicht notwendig, wenn die Veranlagung der Erklärung entspreche oder nicht in Rechte des Steuerpflichtigen eingegriffen werde. Der im ESt-Bescheid ausgewiesene Gewinn lasse sich anhand der Bescheiderläuterungen nicht gegenüber dem erklärten Gewinn nachvollziehen (dies wird anhand einer Berechnung erläutert).
Das FA erläuterte den abweichenden Privatanteil im Schreiben vom 27. Oktober 1998 (Bl. 20 FG-Akte) und wies im Schreiben vom 9. November 2000 darauf hin, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung keinen Erfolg haben könne (Bl. 25 ESt-Akte 1996). Es verwarf mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 6. März 2001 (Bl. 27–32 ESt-Akte 1996) den Einspruch als unzulässig.
Mit ihrer Klage halten die Kläger daran fest, dass ihnen gem. § 126 Abs. 3 Satz 1 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte gewährt werden müssen, da es sowohl an der erforderlichen Anhörung als auch an der erforderlichen Erläuterung der Abweichung gefehlt habe. Im Einzelnen wird auf die Klagebegründung mit 11 Anlagen verwiesen.
Die Kläger beantragen,
die EE vom 6. März 2001 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt im Schriftsatz vom 22. August 2001 der Argumentation der Kläger entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das FA keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO gewährt und den verspäteten Einspruch als unzulässig verworfen.
Die Fristversäumung kann nicht gem. § 126 Abs. 3 Satz 1 AO als unverschuldet gelten, da das FA die Abweichung von den erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb hinreichend begründet hat.
Die Versäumung der Einspruchsfrist kann nicht schon deshalb als unverschuldet gelten, weil das FA die erforderliche Anhörung ge...