Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustfeststellungsbescheid als Grundlagenbescheid. Folgen eines mehrmaligen Wechsels der Veranlagungsart
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde für ein Vorjahr ein vortragsfähiger Verlust festgestellt und ist dieser Verlust im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid des Streitjahres abgezogen worden, so stellt die nachträgliche Aufhebung des Verlustfeststellungsbescheides für das Vorjahr einen Grundlagenbescheid i.S. von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO für den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres dar.
2. Bei Ergehen eines Grundlagenbescheids hat eine Änderung des bestandskräftigen Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO unabhängig davon zu erfolgen, ob der Folgebescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht oder nicht.
3. Wurde nach einer Zusammenveranlagung die getrennte Veranlagung beantragt und wird nun erneut die Durchführung einer Zusammenveranlagung beantragt, so ist nicht etwa nur der frühere „alte” Zusammenveranlagungsbescheid wieder in Kraft zu setzen. Das Finanzamt hat vielmehr im Rahmen der geänderten Veranlagungsart von Neuem über die Besteuerungsgrundlagen zu entscheiden.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10, § 351 Abs. 1, § 164; EStG § 10d Abs. 4, § 26 Abs. 1, §§ 26a, 26b
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 1997 und 1998 mit ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstigen Einkünften zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuer wurde für die Streitjahre zunächst in mehreren jeweils geänderten Bescheiden auf 0 DM festgesetzt, weil der zum 31. Dezember 1996 mit Bescheid vom 17. Juli 2000 festgestellte Verlustvortrag in Höhe von 60.869 DM, der auf die Beteiligung des Klägers an der O. GmbH und Still zurückgeht, mit 11.868 DM auf 1997 und mit 49.001 DM auf 1998 vorgetragen worden war. Aufgrund eines vom Finanzamt G. geänderten Feststellungsbescheids minderte sich der Verlustanteil des Klägers an der O. GmbH und Still von ./. 139.638 DM auf ./. 30.660 DM. Daraufhin hob das beklagte Finanzamt (Finanzamt) mit geändertem Verlustfeststellungsbescheid vom 6. Dezember 2002 den Verlustfeststellungsbescheid vom 17. Juli 2000 auf, weil kein vortragsfähiger Verlust mehr bestehe. Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1997 und 1998 wurden dementsprechend durch die angefochtenen Einkommensteuerbescheide vom 6. Dezember 2002 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert. Die Einkommensteuer für 1997 wurde auf 0 DM/EUR, die Einkommensteuer für 1998 auf 6.651,92 EUR (13.010,00 DM) festgesetzt.
Gegen die Bescheide legten die Kläger Einspruch ein. Der Einspruch für 1997 wurde in der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2003 als unzulässig verworfen, der Einspruch wegen Einkommensteuer 1998 ebenso wie der Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1997 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen ausgeführt:
Im Verfahren 12 K 751/01 sei vom Finanzgericht München in der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2001 der Vorschlag unterbreitet worden, den Einkommensteuerbescheid für 1998 über die getrennte Veranlagung der Kläger aufzuheben und für die Kläger den rechtswidrig aufgehobenen Zusammenveranlagungsbescheid 1998 vom 19. Oktober 1999 wieder zu erlassen. Daraufhin habe der Beklagte mit Aufhebungsbescheid vom 18. Dezember 2001 die getrennte Veranlagung für 1998 aufgehoben. Mit Änderungsbescheid vom 3. Dezember 2001 sei der mit Aufhebungsbescheid vom 18. Dezember 2001 aufgehobene getrennte Veranlagungsbescheid vom 19. Oktober 2000 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 AO nicht aufgehoben worden, sondern nur geändert. Es seien die Leibrentenzahlungen nicht nach § 22 EStG, sondern nach § 19 EStG angesetzt worden und durch den Ansatz des bisher nicht berücksichtigten Verlustabzugs aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 49.000 DM habe sich keine Steuerschuld, sondern eine Erstattung ergeben. Der Beklagte sei auf die im Laufe des Jahres 2002 vorgebrachten Vorstellungen untätig geblieben, so dass mit Schriftsatz vom 15. November 2002 ein Untätigkeitseinspruch habe eingelegt werden müssen. Für eine Änderung nach § 175 AO sei Voraussetzung, dass der zu ändernde Einkommensteuerbescheid 1998 nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, ein wirksamer Feststellungsbescheid 1996 vorliegen müsse und für den Einkommensteuerbescheid 1996 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Alle drei Voraussetzungen hätten nicht vorgelegen. Die vom Beklagten für die Änderung herangezogene EStB4-Mitteilung sei kein rechtswirksam ergangener Feststellungsbescheid 1996, wie der Beklagte selbst festgestellt habe. Ein solcher Feststellungsbescheid liege bis heute nicht vor. Der vom Finanzamt Günzburg am 11. März 19...