Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Einfuhrabgaben nach Art. 239 Zollkodex

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn einer Ware durch Speditionsangestellte fälschlicherweise der zollrechtliche Status einer Gemeinschaftsware zuerkannt wird und die Ware dadurch gem. Art. 865 Abs. 2 ZK-DVO als der zollamtlichen Überwachung entzogen gilt, stellt dies keinen besonderen Fall i.S.v. Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO dar.

 

Normenkette

ZK Art. 203 Abs. 1, Art. 239; ZKDV Art. 859, 865, 899 Abs. 1-2, Art. 900 Abs. 1 Buchst. b, Art. 901 Abs. 1 Buchst. a

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Einfuhrabgaben hat.

Die Firma N eröffnete am 29. Oktober 2001 beim HZA M für 34 Karton Akkumulatoren einen Versandschein T1 mit Bestimmungsstelle D/Schweiz und am 15. November 2001 beim HZA M für eine Spulenwickelmaschine einen Versandschein T1 mit Bestimmungsstelle B/Schweiz. Die Klägerin nahm die Waren jeweils als „zugelassener Empfänger” in Empfang und versandte sie als „zugelassener Versender” zusammen mit 23 bzw. 43 anderen Einzelsendungen, die jeweils ausschließlich Gemeinschaftswaren enthielten, mit den Versandscheinen T2 Nr. VAB I/201-1962 und T2 Nr. VAB I/201-2015 in die Schweiz weiter.

Mit Schreiben vom 20. November 2001 teilte die Klägerin dem HZA M mit, dass die mit dem Versandschein T2 Nr. VAB I/201-1962 beförderten Akkumulatoren versehentlich als Gemeinschaftswaren behandelt worden seien.

Das gegen die Klägerin wegen dieser und anderer Verfehlungen im Zusammenhang mit Versandverfahren eingeleitete Bußgeldverfahren wurde vom HZA M eingestellt. Wegen der hier streitgegenständlichen Verfehlungen wurde gegen den Leiter nationale/internationale Ausgangsverkehre bei der Klägerin, den Zeugen S, ein Bußgeld i.H.v. 250,– EUR festgesetzt.

Mit zwei Steuerbescheiden jeweils vom 23. Januar 2002 forderte der Beklagte von der Klägerin für die streitgegenständlichen Versendungen Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) i.H.v. insgesamt 10.201,88 EUR (4.079,64 + 6.122,24) an, weil damit Drittlandswaren fälschlicherweise der Status einer Gemeinschaftsware zuerkannt worden sei und die Versandverfahren nicht ordnungsgemäß erledigt worden seien.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 beantragte die Klägerin beim HZA die Erstattung der gezahlten Einfuhrabgaben nach Art. 239 Zollkodex – ZK –, weil die Waren nur irrtümlich in ein falsches Zollverfahren überführt worden seien.

Der Erstattungsantrag wurde vom HZA für beide Verfahren jeweils mit Bescheid vom 21. Oktober 2002 mit der Begründung abgelehnt, dass kein besonderer Umstand i.S.v. Art. 239 ZK vorliege. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das HZA jeweils durch Einspruchsentscheidung vom 21. November 2003 als unbegründet zurück, weil die Klägerin zumindest offensichtlich fahrlässig gehandelt habe.

Mit ihrer Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:

Wie sich aus den Dienstvorschriften des BMF und dem Informationspapier der Kommission zu Art. 239 ZK ergebe, liege ein besonderer Umstand vor, der einen Erlass der Einfuhrabgaben rechtfertige. Die falsche Kennzeichnung der Versandscheine sei, wie auch das HZA M im Bußgeldverfahren festgestellt habe, als einfacher Arbeitsfehler zu bewerten, der auf menschliches Versagen zurückzuführen sei und trotz gebotener Sorgfalt, sachgerechter Organisation und hinreichender Personalsausstattung nicht immer vermieden werden könne. Bei der von ihr verwendeten Software müsse der Zollstatus einer Ware bei deren erstmaligen Eingabe ins System per Hand vergeben werden. So werde z.B. bei der Erfassung einer Sendung von Deutschland in die Schweiz der Status „Zollgut ja” vergeben. Daraufhin erscheine eine zusätzliche Eingabemaske, in welcher der Anwender zwingend die Auswahl zu treffen habe, ob die Ware als T1- oder T2-Gut gekennzeichnet werde. Außerdem handle es sich bei den streitgegenständlichen Verfehlungen um keine Wiederholungsfälle, da sie nicht mit den übrigen Verfehlungen vergleichbar seien.

Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die mit dem Versandschein T2 Nr. VAB I/201-1962 versandten Akkumulatoren in der Schweiz unter Entrichtung des Zolls zum freien Verkehr abgefertigt worden seien. Die mit dem Versandschein T2 Nr. VAB I/201-2015 versandte Spulenwickelmaschine sei von der schweizerischen Bestimmungsstelle mit Versandschein T1 nach Frankreich weiter versandt und dort unter Entrichtung des Zolls zum freien Verkehr abgefertigt worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 21. Oktober 2002 und der Einspruchsentscheidungen das HZA zu verpflichten, ihr 10.201,88 EUR Einfuhrabgaben zu erstatten.

Das HZA beantragt

Klageabweisung.

Es bringt vor, dass zum einen kein besonderer Umstand vorliege, der eine Erstattung nach Art. 239 ZK rechtfertige und zum anderen auch eine offensichtliche Fahrlässigkeit der Klägerin vorliege. Die EDV-technische Abwicklung von Versendungen innerhalb der EU bzw. Rest-EFTA-Staaten bei der Kl...

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