Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Forschungsmitteln
Leitsatz (redaktionell)
Überschreiten die bewilligten Mittel den Rahmen der erforderlichen Aufwendungen für den Lebensunterhalt, sind sie nicht gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 44
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Streitig ist, ob für ein Forschungsprojekt bereitgestellte Mittel im Streitjahr 2016 steuerfrei sind.
I.
Der am […] Kläger, […], ist verheiratet mit der Klägerin. Die Kläger haben ein Kind […].
Der Kläger ist Wissenschaftler und seit dem […] bei der „Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre” (im Folgenden ESO), einer zwischenstaatlichen Organisation, […] beschäftigt […]. Für die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an die ESO, errichtet auf Grund des Übereinkommens vom 5. Oktober 1962 (BGBl. 1965 II, S. 43), gilt gemäß § 1 der Verordnung vom 1. April 1975 (BGBl.1975 II, S. 393ff) das Protokoll vom 13. August 1974 über die Vorrechte und Immunitäten der ESO (BGBl. 1975 II, S. 395 bis 402; im Folgenden ESO-Protokoll), auf das im Einzelnen verwiesen wird.
In der Zeit vom […] bis […] war der Kläger als „Fellow” bei der ESO beschäftigt und wurde auch von der ESO bezahlt […]. Der Kläger erhielt als „Fellow” Zahlungen für 2013 i.H.v. insgesamt 40.617 EUR, für 2014 i.H.v. insgesamt 42.386 EUR und für Januar 2015 bis einschließlich September 2015 i.H.v. insgesamt 40.819 EUR.
Ab dem 1. Oktober 2015 war der Kläger als „Unpaid Associate” (unbezahlter Mitarbeiter) bei der ESO tätig. Die Finanzierung erfolgte ab dem 1. Oktober 2015 ausschließlich über die Deutsche Forschungsgemeinschaft (im Folgenden DFG), wobei die ESO dem Kläger für diese Tätigkeit die notwendige Grundausstattung (z.B. Büroräume) zur Verfügung stellte (vgl. Bescheinigung der ESO vom […]). Die DFG als Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland ist ein eingetragener Verein des privaten Rechts. Gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung verfolgt die DFG ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung. Für weitere Einzelheiten wird auf die Satzung der DFG […] verwiesen.
Mit Schreiben vom 15. September 2014 hatte die DFG dem Kläger und seiner Forschungseinrichtung (der ESO) für das Thema […] XY im Rahmen des Schwerpunktprogramms […] Z Mittel i.H.v. insgesamt 238.300 EUR für 36 Monate bewilligt. Im Einzelnen wurden Personalmittel für den Kläger persönlich i.H.v. 196.600 EUR, Sachmittel i.H.v. 2.000 EUR und eine Programmpauschale i.H.v. 39.700 EUR als flexibilisierte Förderung bewilligt. Der Kläger war laut der Bewilligung verpflichtet, seine volle Arbeitszeit dem geförderten Projekt zu widmen und nach Projektabschluss über die Ergebnisse zu berichten. In dem Schreiben wurde außerdem ausgeführt, dass die Verwendungsrichtlinien „DFG-Vordruck 2.02 – 04/14” Bestandteil der Bewilligung seien. Für weitere Einzelheiten wird auf die Bewilligung vom 15. September 2014 […] und die Verwendungsrichtlinien „DFG-Vordruck 2.02 – 04/14” […] verwiesen. Die von der DFG genehmigten Personalmittel wurden über die ESO ausgezahlt. Der Kläger erhielt von der ESO aus den von der DFG bereitgestellten Mitteln ab dem 1. Oktober 2015 eine monatliche „Subsistance Allowance” (Unterhaltsgeld) i.H.v. 5.461,11 EUR. Von diesem Unterhaltsgeld wurden lediglich monatliche Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 567,41 EUR abgezogen. Weitere Beträge, wie z.B. eine interne Steuer, wurden von der ESO in 2016 nicht einbehalten. Auch Lohnsteuer wurde für 2016 weder von der ESO noch von der DFG abgeführt.
Das Finanzamt veranlagte den Kläger zunächst einzeln, erließ mit Datum vom 6. Juli 2018 einen Einkommensteuerbescheid für 2016 und legte dabei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 64.533 EUR (= Bruttoarbeitslohn i.H.v. 12 × 5.461,11 EUR ./. Arbeitnehmer Pauschbetrag i.H.v. 1.000 EUR) und Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 6.809 EUR (= 12 × 567,41 EUR) zu Grunde. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, machte dabei geltend, die Zahlungen, die er von der ESO erhalten habe, seien als steuerfrei zu behandeln und beantragte die Zusammenveranlagung. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2018 wurde der Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 6. Juli 2018 aufgehoben.
Daraufhin reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2016 ein. Der Kläger erklärte bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 65.533 EUR. Außerdem machte der Kläger Arbeitnehmerbeiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 6.809 EUR geltend. Für Einzelheiten wird auf die Einkommensteuererklärung […] verwiesen.
Das Finanzamt erließ mit Datum vom 25. Juni 2019 einen Einkommensteuerbescheid für 2016, behandelte die Zahlungen der ESO an den Kläger als steuerpflichtig und legte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 64.533 EUR (= Bruttoarbeitslohn i.H.v. 12 × 5.461,11 EUR ./. Arbeitnehmer Pauschbetrag i.H.v. 1.000 EUR) zu Grunde. In...