Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücktausch. Enteignung von landwirtschaftlichem Grund und Boden. Betriebsvermögenseigenschaft der Entschädigung. Zeitpunkt der Gewinnrealisierung. Bilanzberichtigung. Einkommensteuer 1990 und 1991
Leitsatz (redaktionell)
1. Tauscht der Steuerpflichtige ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen seines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft gegen ein Ersatzgrundstück ein, dem mangels Entnahmehandlung bis zur Rückabwicklung des Tauschgeschäftes ebenfalls Betriebsvermögenseigenschaft zukommt, so wird auch das ursprünglich eingetauschte Grundstück – als Ersatz für ein Grundstück des Betriebsvermögens – nach der Rückübertragung wieder dem Betriebsvermögen zugeführt.
2. Die Entschädigung, die der Steuerpflichtige von der Gemeinde wegen der Enteignung des Tauschgrundstücks erhält, stellt eine Betriebseinnahme dar.
3. Die Gewinnrealisierung tritt ein, wenn dem Grunde und der Höhe nach Einigkeit über den Entschädigungsanspruch besteht und die Forderung damit konkret geworden ist.
4. Eine zu Unrecht nicht bilanzierte Forderung ist in der ersten noch änderbaren Bilanz gewinnwirksam zu aktivieren.
Normenkette
EStG 1990 §§ 13, 4 Abs. 1, 2 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Besteuerung des gescheiterten Tausches eines landwirtschaftlichen Grundstücks des Klägers und der anschließenden Enteignung des Grundstücks zu Gunsten der Gemeinde.
Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 1990 und 1991 beim Beklagten – dem Finanzamt (FA) – zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger erzielte im wesentlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Kapitalvermögen.
1. Der Kläger besaß im Rahmen seiner Landwirtschaft genutzte Grundstücke am Ortsrand der Gemeinde P., die an das geplante Gemeindehaus und einen Sportplatz angrenzten, darunter über 60.000 qm, die auf die Flurnummer (FlNr) 32 (später aufgeteilt in FlNr. 1 und 7) der Gemarkung P. entfielen. Die Gemeinde beabsichtigte, auf einer Teilfläche von ca. 5.000 qm des dem Kläger gehörenden Grundes einen Parkplatz und Öltanks für das Gemeindehaus (Teilfläche ca. 3.460 qm; im Folgenden verkürzt als Parkplatzgrund bezeichnet) sowie ein Rasenspielfeld zu errichten.
Sie tauschte zu diesem Zweck mit notariellem Tauschvertrag vom 14. März 1972 ein im Eigentum der Gemeinde befindliches anderes Grundstück gegen den benötigten Grund des Klägers ein. Ausweislich der Notarurkunde war der Besitzübergang bei Unterzeichnung bereits erfolgt, Nutzen und Lasten sollten am selben Tag übergehen. Die Auflassung sollte nach der Vermessung der Teilstücke erfolgen. Beide Parteien bewilligten und beantragten Auflassungsvormerkungen und gaben bedingte Löschungsbewilligungen zur Durchführung der Übereignung ab. Der Kläger erklärte zur Urkunde, dass der von ihm erworbene Grundbesitz zur Aufstockung des landwirtschaftlichen Betriebes diene und er daher die Befreiung von der Grunderwerbsteuer samt Zuschlag beantrage. Als weitere Gegenleistung verpflichtete sich die Gemeinde, einen Bebauungsplan nach in der Urkunde näher beschriebener Baurechtsspezifikation für bestimmte Grundstücke des Klägers zu erstellen, zumindest „Planungssicherheit i. S. des § 33 Bundesbaugesetz” herzustellen. Diese Verpflichtung war durch eine monatliche Vertragstrafe von 1.000 DM ab 1. Januar 1975 abgesichert. Darüber hinaus verpflichtete sich die Gemeinde, dafür zusorgen, dass der Kläger auf dem genannten Grundstück nach Antrag sofort einen Aussiedlerhof und zwei Zweifamilienhäuser errichten könne. Ferner wurde Befreiung von Nachfolgelasten im Falle der Bebauung des Grundstücks mit zwölf Wohnungen zugesagt. Schließlich übernahm die Gemeinde weitere Nebenverpflichtungen – wie z.B. Schaffung eines Weges, einer Wasserleitung, Humustransport, Auf- und Abbau eines Stadels.
Der von der Gemeinde eingetauschte Grund wurde auf ca. 3.460 qm ab Frühjahr 1972 mit einem Parkplatz und Tanklager bebaut und in der Folgezeit entsprechend genutzt. Das Rasenspielfeld wurde zunächst nicht erstellt. Der vom Kläger eingetauschte Grund wurde landwirtschaftlich genutzt.
Da die Gemeinde mit ihren Verpflichtungen aus dem Tauschvertrag in Verzug gekommen war, kam es zu einem Zivilrechtsstreit, der am 13. September 1978 mit einem Prozessvergleich zwischen den Parteien des Tauschvertrages vor dem Landgericht Y. beendet wurde. Darin verpflichteten sie sich zur Räumung und Herausgabe der vorher vertauschten Grundstücke und bewilligten die Löschung der jeweils zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkungen. Ein etwaiges Verfahren wegen Enteignung und Besitzeinweisung zu Gunsten der Gemeinde sollte vom Vergleich nicht berührt werden.
Nachdem die Gemeinde die Räumungsfrist hatte verstreichen lassen, kündigte der vom Kläger beauftragte Gerichtsvollzieher die Zwangsräumung an. Daraufhin beantragte die Gemeinde...