Entscheidungsstichwort (Thema)

Einzelhandel mit Kindermoden im eigenen Einfamilienhaus als Liebhaberei

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem Unternehmen, das den Handel mit Kindermoden zum Gegenstand hat, spricht der Beweis des ersten Anscheins zunächst dafür, dass es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Deuten dauernde Verluste auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht hin, reicht dies jedoch allein für die Entkräftung des Anscheinsbeweis nicht aus. Bei längeren, über die Anlaufzeit hinaus andauernden Verlustperioden (hier: 10 Jahre) müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, die die Feststellung ermöglichen, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründe und Neigungen ausübt. Dabei sind persönliche Gründe alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten. Der Kläger erzielte als Beamter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielte er als Vermittler und Berater der P R Vermögens-GmbH & Co KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin betrieb im Einfamilienhaus einen Einzelhandel mit Kindermoden. Die Kläger sind Eltern zweier Kinder, die 1980 und 1984 geboren sind.

Die Klägerin ermittelte aus ihrem Kindermodengeschäft nach Aktenlage seit 1987 folgende Verluste:

1987

5.486 DM

1988

10.571 DM

1989

15.865 DM

1990

23.507 DM

1991

49.988 DM

1992

44.776 DM

1993

36.607 DM

1994

31.978 DM

1995

14.770 DM

1996

12.200 DM

Der Wareneinkauf betrug netto in

1988

11.583 DM

1989

23.475 DM

1990

44.973 DM

1991

73.013 DM

1992

68.631 DM

1993

86.699 DM

1994

101.254 DM

1995

93.241 DM

1996

94.499 DM

Für die Streitjahre 1992 bis 1995 veranlagte der Beklagte (das Finanzamt) die Kläger zunächst mit folgenden Einkünften aus Gewerbebetrieb:

1992 ./. 45.009 DM (darin enthalten ./. 233 DM Vermittlungstätigkeit)

1993 ./. 25.552 DM (darin enthalten ./. 1.896 DM Vermittlungstätigkeit)

1994 ./. 31. 978 DM

1995 ./. 14.770 DM

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb waren erklärungsgemäß dem Kläger zugerechnet worden. Die jeweiligen Einkommensteuer-Bescheide ergingen gem. § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus dem Einzelhandel mit Kindermoden. In den Einkommensteueränderungsbescheiden 1992 bis 1995, jeweils vom 1. Juli 1997, hat das Finanzamt die Verluste aus dem Kindermodengeschäft nicht mehr berücksichtigt. Zur Begründung führte es aus, daß die Erzielung eines Totalgewinns nicht erkennbar sei. Die Tätigkeit müsse als Liebhaberei bewertet werden.

Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Das Finanzamt wies in der Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 1997 darauf hin, daß der Verlustzeitraum 10 Jahre umfasse. Der Gesamtverlust der Streitjahre belaufe sich auf 115.180 DM. Seit 1987 errechne sich ein Verlust von 252.316 DM. In den Jahren 1992 bis 1994 übersteige der Wareneinkauf den Warenverkauf, sodaß angesichts der weiteren Betriebsausgaben unmöglich ein Gesamtgewinn zu erzielen sei. Wenn ein – wie im Streitfall – unrentabler Betrieb fortgeführt werde, seien hierfür private Gründe ausschlaggebend. Auf diese Weise könnten Aufwendungen für das eigengenutzte Objekt G für den Pkw und für den Computer steuermindernd geltend gemacht werden. Auch sei der Handel mit Kindermoden in Anbetracht der beiden Kinder nützlich. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen ausgeführt: Im gewerblichen Handel mit Kindermoden werde ein Kommissionseinkauf nicht angeboten. Infolge des Kaufs des Reihenhauses habe ein Anfangskapital für den Einzelhandel nicht zur Verfügung gestanden. Deshalb habe der Betrieb mit geringsten Mitteln aufgebaut werden müssen. Der Verkaufsraum sei mit gebrauchten Einrichtungsgegenständen eingerichtet worden.

Das Gewerbe habe die Klägerin ausgeübt. Es sei nur auf den Namen des Klägers eingetragen worden, weil beabsichtigt gewesen sei, der Klägerin eine versicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen.

Um die Finanzierungskosten gering zu halten, sei in 1990 eine Erbschaft in Höhe von 25.000 DM eingebracht worden. In 1992 sei ein günstiges Verwandtendarlehen aufgenommen worden.

Zugunsten des Geschäfts habe man auf einen Hobbyraum verzichten müssen.

Das Finanzamt übersehe, daß man erst einen Warenbestand habe aufbauen müssen. Da das O-Einkaufszentrum sich in der Nähe befinde, sei man gezwungen gewesen, es durch entsprechende Preispolitik zu unterbieten. Zum Zwecke der Kundenwerbung habe man wiederholt Hauswurfsendungen erstellt. Man sei bestrebt gewesen, einen eigenen Verkaufsraum anzumieten. Dies sei an den hohen Kosten (1.000 DM Miete) gescheitert. Der Betrieb sei zum 30. September 1997 aufgegeben worden. Für Privatentnahmen habe man im Gesamtzeitraum fast 13.000 DM angesetzt.

Für Zwecke der Buchführung habe man ein entsprechendes PC-Programm erworben.

Die Kläger beantragen,

die Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 1997 und Einkommensteueränderungsbescheide 1992 bis 1995, jeweils vom 1. Juli...

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