Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsenabzug bei Wohnungseigentumsförderung: Herstellungsbeginn bei Eigentumswohnung. Einkommensteuer 1994
Leitsatz (amtlich)
1. Der den Schuldzinsenabzug gewährende § 10e Abs. 6a EStG i.d.F.d. StÄndG 1992 findet nach § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG nur dann Anwendung, wenn mit der Herstellung des Objektes nach dem 30.9.1991 begonnen wurde.
2. Bei einer Wohnungseigentumsanlage mit mehreren Gebäudekomplexen liegt der Herstellungsbeginn bereits in dem Aushub der Baugrube für das Gesamtobjekt und nicht erst im Beginn der Fundamenterrichtung für das konkrete Haus, in dem sich die zu beurteilende Eigentumswohnung befindet.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 6a, § 52 Abs. 14 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Zeitpunkt des Beginns der Herstellung einer Eigentumswohnung.
Der Kläger (Kl) ist von Beruf Lehrer. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.12.1990 erwarb er von der Fa. A die Eigentumswohnung Nr. 73 samt zugehörigem Tiefgaragenstellplatz in einer von der Verkäuferin auf dem Grundstück X in Y noch zu errichtenden Eigentumswohnanlage. Diese sollte 93 Wohnungen und 2 Läden umfassen in insgesamt 8 Gebäudeeinheiten. Die vom Kl erworbene Wohnung gehörte zu Haus 6. Bei den Gebäudeeinheiten handelte es sich um jeweils selbständige Baukörper, die lediglich durch ebenerdige überdachte Übergänge verbunden werden sollten. Die Errichtung der Anlage erfolgte in Bauabschnitten.
Nach den Bestimmungen des Kaufvertrages waren die ersten beiden Raten des Kaufpreises fällig zu Beginn der Erdarbeiten (5 %) und zu Beginn der Fundamentarbeiten (10 %). Hinsichtlich der Bauausführung war vereinbart, daß die Verkäuferin die Eigentumswohnung innerhalb einer Frist von 18 Monaten ab Beginn der Fundamentarbeiten bezugsfertig zu erstellen hatte.
Die Baugenehmigung für die Anlage wurde am 20.8.1991 erteilt. Am 27.8.1991 wurde mit den Erdarbeiten (Aushub der Baugrube) für die Häuser 1–6 begonnen. Nach einem Schreiben der Verkäuferin vom 21.4.1997 (ESt-Akte 1994, Bl 50) kamen dabei Radlader, nicht aber Schaufelbagger zum Einsatz. Die Erdarbeiten wurden von der Fa. B durchgeführt. Dementsprechend wurde dem Kl die erste Kaufpreisrate (10.540 DM) am 6.9.1991 in Rechnung gestellt und am 16.9.1991 seinem Konto belastet. Zugleich wurde die erste Rate für die Garage beglichen.
Mit den Fundamentierungsarbeiten war die Fa. C beauftragt worden. Diese führte zunächst Ausschachtungsarbeiten zur Anbringung der Fundamentverschalungen durch, z.T. mittels Kleingeräten (Bagger) und z.T. mittels Handarbeit. Die Fundamentarbeiten für die einzelnen Häuser wurden zu den folgenden Zeitpunkten begonnen:
Haus 1 |
28.08.1991 |
Haus |
2 06.09.1991 |
Haus 3 |
20.09.1991 |
Haus 4 |
20.09.1991 |
Haus 5 |
07.11.1991 |
Haus 6 |
06.12.1991 |
Am 18.12.1991 wurde dem Kl die bei Beginn der Arbeiten am Fundament fällige Rate in Höhe von 10 % des Kaufpreises belastet. Die Eigentumswohnung wurde im Dezember 1992 fertiggestellt und vom Kl noch in diesem Monat bezogen.
In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1992 und 1993 beantragte der Kl für die Wohnung Abzugsbeträge nach § 10e EStG in Höhe von 4.000 DM und 18.000 DM, wobei er eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 326.058 DM zugrundelegte. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1994 errechnete der Kl einen Abzugsbetrag in Höhe von 16.303 DM. Zusammen mit einem Nachholungsbetrag aus den Vorjahren (10.606 DM, vom Beklagten –FA– gekürzt auf 10.462 DM) ergab sich ein Betrag in Höhe von 26.909 DM, von dem der Kl einen Teilbetrag in Höhe von 21.909 DM geltend machte. Hierbei ging der Kl davon aus, daß der maßgebende Zeitpunkt für die Anwendung der jeweiligen Fassung des § 10e EStG der Tag der Baugenehmigung (20.8.1991) sei, und für ihn daher § 10e EStG in der Fassung des StÄndG 1991 anzuwenden sei.
Im Einkommensteuerbescheid 1994 vom 1.12.1995 wurde der Abzugsbetrag wie beantragt berücksichtigt. Nachdem ihm ein Mitbewohner mitgeteilt hatte, daß der maßgebende Zeitpunkt für die Anwendung der jeweiligen Gesetzesfassung der Beginn der Ausschachtungsarbeiten (6.12.1991) und somit mit der Herstellung des Gebäudes nach dem Stichtag 30.9.1991 begonnen worden sei, legte er mit Schreiben vom 15.12.1995 gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein und vertrat die Ansicht, daß § 10e EStG gem. § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG in der Fassung des StÄndG 1992 (Abzugsbetrag: 6 % statt 5 %; zusätzlicher Schuldzinsenabzug in Höhe von 12.000 DM) anzuwenden sei. Nachdem ihm das FA im Einspruchsverfahren mitgeteilt hatte, daß als Beginn der Herstellungsarbeiten der Zeitpunkt anzusehen sei, zu dem mit den Ausschachtungsarbeiten begonnen wurde, legte er ein Schreiben der Verkäuferin vom 12.2.1996 vor (ESt-Akte 1994, Bl 30), wonach die Ausschachtungsarbeiten mit den Arbeiten am Fundament gleichzustellen seien.
Auf Anfrage teilt das Bayer. Staatsministerium der Finanzen dem Kl im Schreiben...