Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungswertbesteuerung: bei Übertragung eines Miteigentumsanteils unter Eheleuten keine Anwendung der großen Übergangsregelung. Einkommensteuer 1992, 1993
Leitsatz (amtlich)
Bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils unter Ehegatten ist eine Erstreckung der Nutzungswertbesteuerung auf den hinzuerworbenen Anteil nicht möglich, da es sich insoweit um eine von der großen Übergangsregelung nicht erfasste „Neuanschaffung” handelt.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1, § 52 Abs. 21 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Besteuerung des Nutzungswerts der eigenen Wohnung im Rahmen der sog. großen Übergangsregelung.
Der Kläger (Kl) und seine frühere Ehefrau waren Eigentümer des Anwesens … in …, und zwar der Kl zu 3/5 und seine ehemalige Ehegattin zu 2/5. Das Grundstück ist mit einem Zweifamilienhaus bebaut. Eine Wohnung wurde vom Ehepaar … bis zur Trennung selbst genutzt, die andere wurde fremdvermietet. Im Rahmen der Scheidungsauseinandersetzung erwarb der Kl im Jahre 1991 den Miteigentumsanteil der geschiedenen Ehefrau hinzu.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (1992 und 1993) machte der Kl bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen der sog. großen Übergangsregelung (Besteuerung des Nutzungswerts der eigenen Wohnung) auch insoweit Werbungskostenüberschüsse geltend, als der von der früheren Ehefrau hinzuerworbene Miteigentumsanteil betroffen war. Insoweit kürzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Vermietungseinkünfte. Gegen die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 wandte sich der Kl mit Einsprüchen. Im Laufe der Rechtsbehelfsverfahrens erließ das FA für beide Streitjahre geänderte Einkommensteuerbescheide, u. a. auch deshalb, weil es nunmehr für die fremdvermietete Wohnung einen Anteil von 28 vH an der gesamten Wohnfläche ansetzte. In den zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheiden 1992 und 1993 vom 28.8.1996 berücksichtigte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von ./. 18.312 DM bzw. ./. 19.212 DM. Hinsichtlich der vom Kl selbstgenutzten Wohnung setzte es 3/5 des Nutzungswerts und der Werbungskosten an.
Der Rechtsbehelf des Kl hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4.11.1996).
Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage verweist der Kl auf sein Vorbringen im Rechtsbehelfsverfahren, in dem er u. a. ausgeführt hatte, die große Übergangsregelung sei anzuwenden, weil sie Objekt- und nicht personenbezogen sei.
Der Kl beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.11.1996 dahingehend zu ändern, daß für das Jahr 1992 ein zusätzlicher Werbungskostenüberschuß aus Vermietung und Verpachtung von 13.165 DM und für das Jahr 1993 ein zusätzlicher Werbungskostenüberschuß von 7.214 DM berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die
Klage abzuweisen.
Am 29.7.1998 hat in der Streitsache ein Erörterungstermin stattgefunden, in dem der Kl erklärt hat, daß er den ursprünglich im Klageverfahren geltend gemachten Streitpunkt „kindbedingte Freibeträge” nicht mehr weiterverfolgt. Am 25.11.1995 ist die mündliche Verhandlung durchgeführt worden. Hierzu wird auf die Niederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet. Das FA hat es zu Recht abgelehnt, hinsichtlich des hinzuerworbenen Miteigentumsanteils einen Nutzungswert als fiktive Vermietungseinkünfte anzusetzen.
Nach der sog. großen Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann für Veranlagungszeiträume nach 1986 bei einer Wohnung im eigenen Haus der Nutzungswert für die selbstgenutzte Wohnung weiter durch Einnahme-Überschußrechnung ermittelt werden, wenn bei dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 1986 für diese Wohnung die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten vorgelegen hatten. Anschaffungsvorgänge nach 1986 fallen demnach grundsätzlich nicht unter diese Regelung.
Nutzten Ehegatten im maßgeblichen Jahr 1986 und in den Folgejahren gemeinsam eine Wohnung, so ist ihnen der Nutzungswert gemeinsam zuzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob die Wohnung einem der Ehegatten allein gehört oder ob Miteigentum besteht (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22.4.1997 IX R 73/94, BFH/NV 1997, 653). Verläßt ein Ehegatte als Miteigentümer die gemeinsame Wohnung und überläßt er sie dem anderen als Miteigentümer zur Nutzung, ohne den Anspruch auf eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung gemäß § 745 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geltend zu machen, so ist der Nutzungswert allein dem nutzenden Miteigentümer zuzurechnen, und zwar in voller Höhe (BFH-Urteil vom 11.5.1993 IX R 124/89, BFH/NV 1994, 25). Im Hinblick auf die Anwendung der großen Übergangsregelung ist auch unschädlich, wenn...