Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifikation der Tätigkeit von Fotomodellen bei Werbefilmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer Zusammenarbeit für eine Dauer von nur 1-3 Tagen kann eine persönliche Abhängigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur unter besonderen Umständen entstehen, etwa wenn der Arbeitgeber bereits bei einer nur kurzen Zusammenarbeit maßgebenden Einfluss auf das weitere berufliche Wirken des Arbeitnehmers nehmen könnte. Auch ist bei einer solchen kurzzeitigen Tätigkeit eines Werbemodells regelmäßig weder die Tatsache noch die Notwendigkeit einer Einbindung in die Gesamtorganisation des Betriebes des Auftraggebers gegeben.

2. Im Streitfall wurden die Bedingungen der Vertragsgestaltung von den für die Modelle auftretenden Agenturen bestimmt und den Auftraggebern vorgegeben. Die Elemente einer selbständigen Tätigkeit überwogen bei weitem die arbeitnehmerähnlichen Momente, so dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse von einer selbständigen Tätigkeit der Fotomodelle auszugehen war.

 

Normenkette

EStG 1990 § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; EStG 1997 § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen VI R 5/06)

 

Tenor

1. Der Haftungsbescheid vom 22. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2003 in Gestalt des herabgesetzten Haftungsbescheides vom 10. Juni 2003 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin wegen nicht angemeldeter und abgeführter Lohnsteuer für ausländische Fotomodelle, die bei der Produktion von Werbespots in den Jahren 1996, 1997 und 1998 mitgewirkt haben.

Die Klägerin produziert Werbefilme. Die Aufträge hierzu erhält sie von Werbeagenturen, die wiederum ihrerseits Beauftragte des Produktherstellers sind. Das Drehen der Werbefilme beansprucht zwischen 1 und 3 Tagen. Nach einem von Werbeagentur und Produkthersteller festgelegten Profil werden für die Auswahl des oder der Darsteller 10 bis 15 Fotomodelle gecastet und letztlich gemeinsam mit dem Regisseur das darstellende Modell ausgewählt. Auch der Regisseur wird der Klägerin in der Regel von Werbeagentur und Produkthersteller vorgegeben.

Die Beschäftigung des ausgewählten Modells bei der Klägerin beschränkt sich auf einen Werbespot. Zu einem wiederholten Einsatz könnte es dann kommen, wenn der Produktanbieter dies ausdrücklich wünscht. Im Falle der Klägerin wurden allerdings sämtliche 18 Modelle, deren Besteuerung in Streit steht, nur einmalig zu Dreharbeiten herangezogen.

Die Modelle werden durch Agenturen vertreten. Diese (die Agenturen) wirken als Ansprechpartner für die Klägerin bei der Buchung eines Modells und geben die Konditionen für die Buchung des Modells im Einzelnen vor. Der Erfolg einer Buchung hängt davon ab, ob das Modell zeitlich verfügbar ist und nicht von einem Vorbehalt Gebrauch macht, Aufträge auch abzulehnen.

Die Entlohnung des Modells setzt sich regelmäßig aus der Gage für das Drehen eines Spots und dessen weiterer Verwendung (Buy-Out) zusammen. Die pro Tag vereinbarte Gage variiert der Höhe nach von 250 engl. Pfund (gerundet 750 DM) bis 2.300 DM und 1.000 DM bis 6.000 DM für das Buy-Out oder auch 3.000 DM als Fixum für Gage und Buy-Out zusammen und kann sich bis auf 15.000 DM Gesamtvergütung summieren. Der Ersatz von Spesen, Zahlung einer ausgewiesenen Agenturprovision, Berechnung von Überstunden ist unterschiedlich vereinbart, eine Garantie für Entlohnung, unabhängig vom Erscheinen des Modells z.B. im Krankheitsfall oder die Vergütung von Urlaubstagen ist durchgängig nicht vereinbart. Der Anspruch auf die Vergütung entsteht für das Modell erst ab dem Zeitpunkt der laufenden Kamera. Die Klägerin sichert ihr eigenes Risiko für den Ausfall oder die Verschiebung des Drehs, welcher auch auf der Verhinderung eines Modells beruhen kann, durch eine Ausfallversicherung ab, da in derartigen Fällen eine Verzögerung der Herstellung eintritt. Denn, wenn die Festlegung auf ein Modell erfolgt ist, wird die Produktion in dessen Krankheitsfall nicht mit einem anderen Modell durchgeführt, sondern auf einen anderen Tag verschoben.

Im Rahmen der von der Klägerin durchgeführten und vor allem organisierten Produktion werden die eigentlichen Dreharbeiten umfangreich vorbereitet, indem eine Crew, die bei der Klägerin fest angestellt ist, sämtliche notwendigen Vorbereitungsarbeiten durchführt. Diese Vorarbeiten sind je nach Projekt von unterschiedlicher Dauer und Intensität. Das Modell ist darin in keiner Weise einbezogen. Sein/Ihr Auftreten beschränkt sich auf den eigentlichen Dreh, wo es nach den Vorstellungen des Regisseurs, der Werbeagentur und des Kunden...

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