rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung des Abgeltungssteuersatzes auf Zinserträge aus steuerlich anzuerkennenden Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen. 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG 2009 nicht verfassungswidrig. Steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen unter Angehörigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei steuerlich anzuerkennenden Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen ist von „einander nahestehende Personen” i. S. d. § 32 Abs. 2 Nr. 1a EStG auszugehen, und der Abgeltungssteuersatz ist folglich nicht anzuwenden, wenn bei den Darlehensgewährungen eine weitgehende Interessenidentität vorliegt, es also am unter fremden Dritten üblichen Interessengegensatz fehlt, und.das Gefälle zwischen dem Abgeltungssteuersatz und der tariflichen Einkommensteuer ausgenutzt wird.
2. § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Es besteht kein Anlass, nach Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (Anschluss an Niedersächsisches FGl v. 18.6.2012, 15 K 417/10).
3. Ein Darlehensvertrag, durch den der Vater seiner Frau und den volljährigen Kindern die Mittel zum Kauf von vermieteten Immobilien zur Verfügung stellt, kann auch dann steuerlich anzuerkennen sein, wenn die inhaltliche Gestaltung nicht in allen Punkten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und es z. B. an einer Besicherung und einer Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung fehlt.
Normenkette
EStG § 32d Abs. 1, 2 Nr. 1a, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, nichtselbstständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger u.a. Kapitalerträge, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, in Höhe von EUR mit dem Vermerk „Anschaffungsdarlehen an Kinder + Ehefrau”. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin hatte mit notariellem Vertrag vom 2008 zusammen mit den Kindern in Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Immobilie B-Str. in H erworben. Dieses Objekt wurde vermietet. Ferner erzielte die BGB-Gesellschaft Einkünfte aus einer Eigentumswohnung im Objekt M-Str…
Hierfür hatte der Kläger der Ehefrau und den Kindern Darlehen gewährt. Die Darlehensbeträge beliefen sich auf EUR (Ehefrau), EUR und EUR (Sohn) sowie EUR (Tochter). Es wurde jeweils ein fester Zinssatz in Höhe von 3,5 % vereinbart. Eine Vereinbarung über eine Besicherung des Darlehens trafen die Vertragspartner nicht. Den Darlehensnehmern wurde ein Sondertilgungsrecht jeweils zur Zinsfälligkeit eingeräumt. Auf die in den Akten befindlichen Darlehensverträge vom … wird im Einzelnen Bezug genommen. Hieraus erzielte der Kläger die in der Steuererklärung angegebenen Zinsen in Höhe von EUR.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte (Finanzamt) die Einkommensteuer 2009 auf EUR fest. Dabei wurden auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers in Höhe von EUR der tariflichen Einkommensteuer unterworfen, der Abgeltungssteuersatz nach § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) kam nicht zur Anwendung.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom beim Finanzgericht München erhobene Sprungklage, welcher das Finanzamt mit am eingegangenen Schreiben zugestimmt hat.
Zur Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
Es werde nicht bestritten, dass die vom Kläger erzielten Zinseinnahmen bei den Darlehensschuldnern zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führten. Dennoch sei es nicht verfassungsgemäß, wenn der Kläger nur deshalb nicht in den Vorzug der Abgeltungssteuer komme, weil er das Geld nicht der Bank, sondern seinen Familienangehörigen geliehen habe.
Dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zur Abgeltungssteuer zu dem Fall des Ausschlusses für Darlehensgewährungen „nahe stehender Personen” ausschließlich die Definition in § 1 Außensteuergesetz (AStG) zitiere und gerade nicht von „nahen Angehörigen” im Sinne der Abgabenordnung (AO) spreche, zeige, dass der Gesetzgeber sehr wohl die verfassungsrechtliche Relevanz von Art. 3 Grundgesetz (GG) gesehen habe. Ansonsten hätte sich aufgedrängt, neben der Definition nach § 1 AStG auch den Begriff der „nahen Angehörigen” im Sinne der AO zu erwähnen.
Bei einer Interpretation des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG sei zu klären, ob diese Vorschrift gegen Art. 6 Abs. 1 oder Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoße. Unter dem Blickwinkel des Artikels 6 Abs. 1 GG könne ein Verwandtschaftsverh...