Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfärberegelung. Feststellung des Vorliegens des sogenannten Ausgliederungsmodells. Anwendung der Kriterien der Bagatellgrenze
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Umstand, dass sich die „Erkennbarkeit nach außen” im Wesentlichen in nur wenigen Handlungen in der Gründungszeit erschöpft, schließt es nicht aus, diese zur Grundlage der Beurteilung der Frage zu machen, ob die Gesellschafter einer Personengesellschaft für die Ausübung einer zusätzlich zur vermögensverwaltenden Tätigkeit (Vermietung) aufgenommenen weiteren, originär gewerblichen Tätigkeit (Photovoltaik) – konkludent – eine personenidentische weitere Gesellschaft zur Vermeidung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gegründet haben (sog. Ausgliederungsmodell).
2. Nach den zwei Tätigkeitsbereichen getrennte Gewinnermittlungen sind kein Indiz für die Gründung einer zweiten GbR, wenn sie zu einer einzigen Gewinn- und Verlustrechnung für die GbR zusammengefasst worden sind, die mit einer einzigen Feststellungserklärung für die GbR beim Finanzamt eingereicht worden ist, und in der für die Vermietungstätigkeit erstellten Bilanz die Photovoltaikanlage sowie die zu deren Anschaffung aufgenommenen Darlehen als Betriebsvermögen ausgewiesen sind.
3. Die von der Rechtsprechung entwickelte Bagatellgrenze, bei deren Nichterreichen die Abfärbewirkung einer gewerblichen Tätigkeit nicht eintritt, kann nicht für bestimmte Einzelfälle oder Fallgruppen verändert oder erweitert werden oder unterschiedlich auszulegen sein.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Einkünfte der Klägerin aus einer Grundstücksvermietung durch eine weitere gemeinschaftlich von ihren Gesellschaftern unternommene Tätigkeit zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden.
Die Klägerin, eine GbR, wurde im Jahr 2009 von ihren jeweils zur Hälfte beteiligten Gesellschaftern A und B (Feststellungsbeteiligte) gegründet. Sie erzielt seitdem entsprechend ihrem Unternehmenszweck „Verwaltung und Vermietung der Grundstücke zur Erzielung von Überschüssen” Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks … in … (Objekt). Die Bezeichnung der Klägerin lautet „A und B … Str. GbR” (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 30. Juli 2009, Dauerunterlagen –DU–, Bl. 10ff.).
Steuerlich wurde die Klägerin ab 2009 als vermögensverwaltende GbR unter dem von den Feststellungsbeteiligten angegebenen Namen „A und B GbR … Str. … GbR” erfasst und ihr gegenüber für 2009 erklärungsgemäß Verluste aus Vermietung und Verpachtung gesondert und einheitlich festgestellt.
Mit zwei Darlehensverträgen jeweils vom 25./27. Mai 2010 nahmen die Feststellungsbeteiligten unter dem Namen der Klägerin zwei Bankdarlehen i.H.v. … EUR und … EUR zur Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Objekt und zur Zwischenfinanzierung der anfallenden Umsatzsteuer auf.
Die Rechnung für die Errichtung einer betriebsfertigen Photovoltaikanlage vom 24. Juni 2010 wurde an die Klägerin gestellt. Die Anmeldung der Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur, der Abschluss eines Einspeisevertrags für Stromerzeugung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und der Abschluss einer Elektronikversicherung erfolgten ebenfalls unter dem Namen der Klägerin.
Mit ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2012 gab die Klägerin unter der Einkunftsart Gewerbebetrieb aufzuteilende Einkünfte i.H.v. – … EUR und unter der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung aufzuteilende Einkünfte i.H.v. – … EUR an. Beigefügt waren zwei für die „A+B … Str. … GbR Vermietung und Photovoltaik” zusammengefasste Einkünfteermittlungen betreffend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Gewerbebetrieb.
Hiervon abweichend stellte das FA mit Feststellungsbescheid vom 4. Juli 2014 in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. – … EUR fest und erläuterte hierzu, dass die (bisherigen) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie weitere geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen zu gewerblichen Einkünften geworden seien.
Den hiergegen gerichteten Einspruch, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass im Wege des Ausgliederungsmodells konkludent eine zweite Photovoltaik-GbR gegründet worden und davon unabhängig die Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wegen Unterschreitung der Bagatellgrenze nicht eingetreten sei, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2016 als unbegründet zurück.
Ihre Klage begründet die Klägerin wie folgt:
Die gewerblichen Einkünfte aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage seien einer eigens dafür konkludent gegründeten zweiten Personengesellschaft zuzurechnen (sog. Ausgliederungsmodell), weshalb die Rechtsfolgen der sog. Abfärbe- bzw. Infektionstheorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht einträten. Insbesondere die getrennte Ergebnisermittlung deute darauf hin, dass der Rechtsfolgewille auf die Begründung zweier Gesellschaften mit unterschiedliche...