Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der abziehbaren Werbungskosten bei Pkw-Diebstahl. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (amtlich)
Der Restwert eines Pkw, der für die Berechnung der abziehbaren Werbungskosten im Falle eines Diebstahls benötigt wird, ist unter Zugrundelegung einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von acht Jahren zu ermitteln (BFH-Urteil vom 26.7.1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 7, § 7 Abs. 2
Gründe
I.
Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt werden. Der Kläger war, wie ihm sein Arbeitgeber unter dem Datum vom 3. Dezember 1998 bescheinigt hat, in der Zeit vom 19. bis 26. Februar 1997 mit seinem Privatwagen auf einer geschäftlichen Dienstreise in X. Bei dem Pkw handelte es sich um einen Mercedes-Benz Typ 220 E, den der Kläger Anfang 1993 für einen Gesamtkaufpreis von 70.399 DM erworben hatte. Der Pkw wurde dem Kläger am 23. Februar 1997 in X gestohlen. Von der A-Versicherung erhielt der Kläger eine Entschädigungszahlung von 32.300 DM (Wiederbeschaffungswert 32.600 DM ./. Selbstbehalt 300 DM).
In ihrer ESt-Erklärung für 1997 machten die Kläger u. a. Aufwendungen in Höhe von 38.099 DM (Anschaffungskosten Pkw 70.399 DM ./. Entschädigung 32.300 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers geltend.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) ließ diese Aufwendungen im ESt-Bescheid vom 8. März 2000 nicht zum Abzug zu. Dagegen wandten die Kläger sich mit dem Einspruch, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 25. August 2000 als unbegründet zurückwies.
Mit der vorliegenden Klage wollen die Kläger erreichen, dass im streitigen Zusammenhang folgender Verlust bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten anerkannt wird:
Anschaffungskosten |
70.399 DM |
./. Erstattung |
32.300 DM |
./. jährliche Abschreibung |
4.309 DM |
Verlust |
33.709 DM |
Sie sind der Auffassung, bei der Ermittlung des Restwertes des PKW sei eine Gesamtnutzungsdauer von acht Jahren zugrunde zu legen.
Die Kläger beantragen,
in Änderung der angefochtenen Entscheidungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers weitere Werbungskosten in Höhe von 33.709 DM anzuerkennen und die ESt 1997 entsprechend herabzusetzen.
Das FA beantragt
Klageabweisung.
Zur Begründung bezieht es sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. Dezember 1992 (BStBl I 1992, 734), wonach für Pkw, die nach dem 31. Dezember 1992 angeschafft worden sind, eine Nutzungsdauer von fünf Jahren anzunehmen sei.
II.
Die Klage ist zum kleineren Teil begründet.
1. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass über den Wortlaut der Vorschrift hinaus Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle durch den Beruf veranlassten Aufwendungen sind (vgl. Beschlüsse des Großen Senats vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105, und vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213). Zwar setzt die berufliche Veranlassung im allgemeinen voraus, dass objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (vgl. BFH-Urteile vom 23. März 1984 VI R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557; vom 18. Mai 1984 VI R 130/80, BFHE 141, 140, BStBl II 1984, 588). Aber es ist anerkannt, dass auch unfreiwillige Ausgaben und Zwangsaufwendungen nach dem objektiven Nettoprinzip Werbungskosten darstellen können (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1986 VI R 227/83, BFHE 147, 161, BStBl II 1986, 771). Nach dem objektiven Nettoprinzip ist die berufliche Veranlassung eines Schadens anzunehmen, wenn der Verlust eines Gegenstandes des privaten Vermögens, der kein Arbeitsmittel ist, bei dessen Verwendung für berufliche Zwecke eintritt (BFH-Urteile vom 6. April 1984 VI R 103/79, BFHE 141, 35, BStBl II 1984, 434, und vom 11. Oktober 1984 VI R 48/81, BFHE 142, 137, BStBl II 1985, 10) oder wenn ein Gegenstand des privaten Vermögens, der nicht beruflich genutzt wird, aus in der Berufssphäre des Arbeitnehmers liegenden Gründen entzogen wird (BFH-Urteil vom 19. März 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442). Diese Grundsätze gelten erst recht, wenn ein privater Gegenstand bei der beruflichen Verwendung – etwa während einer mehrtägigen Dienstreise, wie sie der Kläger unternommen hat – gestohlen wird. Schäden, die während der Dienstreise an dem PKW durch außergewöhnliche Ereignisse entstehen, sind in aller Regel beruflich veranlasst. Dies ist für Verkehrsunfälle (vgl. BFH-Beschluss vom 28. November 1977 GrS 2 – 3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; BFH-Urteil in BFHE 129, 143, BStBl II 1980, 71), aber auch für den Diebstahl eines geparkten Fahrzeugs während einer beruflich veranlassten Fahrt und den dadurch verursachten Schaden anerkannt (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 1992, VI R 171/88 BFHE 168, 542, BStBl II 1993, 44).
2. Bei der Schadensbemessung ...