rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugang von Bescheiden. Einspruchsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Bestreitet der Kindergeldberechtigte den Zugang eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids so kann der Zugangsnachweis auch aufgrund von Indizien, die sich aus der Verhaltensweise des Kindergeldberechtigten nach Absendung des Bescheids ergeben, geführt werden.

 

Normenkette

AO § 122 Abs. 2, § 355 Abs. 1 S. 1, § 110 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.10.2007; Aktenzeichen III B 118/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin) die Einspruchsfrist versäumt hat.

Die Klin ist die Mutter der am 02. April 1985 geborenen V. Die Klin bezog für V bis einschließlich Oktober 2004 Kindergeld. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 teilte der Beklagte (die Familienkasse –FK–) der Klin mit, dass trotz Aufforderung bislang kein Nachweis über das Ende der Schulausbildung vorgelegt worden sei und dass die Einkünfte der V den Freibetrag von 7.680 EUR im Kalenderjahr 2004 übersteigen. Es werde deshalb geprüft, ob seit Januar 2004 Kindergeld zu Unrecht gezahlt worden sei und deshalb der ausgezahlte Betrag in Höhe von 1.540 EUR erstattet werden müsse. Der Klin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und dabei insbesondere der Vordruck zu den Werbungskosten eines über 18 Jahre alten Kindes übersandt. Die Klin sandte diesen Vordruck ausgefüllt an die FK zurück. Mit Bescheid vom 04. November 2004, dessen Entwurf einen Absendevermerk vom 05. November 2004 trägt, hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2004 auf und forderte das für den Zeitraum Januar 2004 bis Oktober 2004 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.540 EUR zurück.

Mit Zahlungsmitteilung vom 08. November 2004 forderte die für den Forderungseinzug zuständige Stelle der FK die Klin zur Zahlung des offenen Betrages auf. Die Zahlungsmitteilung enthält u.a. den Gegenstand der Forderung „Kindergeld”), die Angabe der Behörde „AA X „) und das Datum des Bescheides aus dem sich die Zahlungsverpflichtung ergibt. Hierauf teilte die Klin mit Formblattschreiben vom 25. November 2004 mit, dass sie erst ab 01. Februar 2005 ggf. in monatlichen Raten zahlen könne, weil die finanzielle Lage schlecht sei „… weil Mein Konto z.Zt. übel aussieht. Bitte um Verständnis, das Kindergeld war immer ein Teil meines Einkommens”). Mit Schreiben vom 29. November 2004 übersandte die für den Forderungseinzug zuständige Stelle erneut eine Zahlungsmitteilung an die Klin. Bis Mai 2005 zahlte die Klin dann in Raten insgesamt 400 EUR an die FK zurück.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2005 (mit falscher Datumsangabe 23.06.2005) teilte der anwaltliche Vertreter der Klin mit, dass ihm die Schreiben der FK vom 15. Oktober 2004 und 29. Oktober 2004, nicht dagegen der in der Zahlungsmitteilung vom 29. November 2004 genannte Bescheid vom 04. November 2004 vorlägen und bat um Übersendung dieses Bescheides. Ferner bezog er sich auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 (Az. 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164) und wies darauf hin, dass bei der Berechnung der Einkünfte der V die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen seien. Mit Schreiben vom 01. Juni 2005 übersandte die FK eine Kopie des Bescheides und wies darauf hin, dass dieser im Dezember rechtskräftig geworden sei. Mit Schreiben vom 09. Juni 2005 erhob der anwaltliche Vertreter gegen den Bescheid vom 04. November 2004 Einspruch und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Einspruchsentscheidung vom 08. Juli 2005 wies die FK den Einspruch wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig zurück und wies darauf hin, dass das Schreiben des Klägervertreters vom 23. Mai 2005 zugleich als Berichtigungsantrag für 2004 und Neuantrag für 2005 ausgelegt werde und hierüber durch gesonderten Bescheid entschieden werde.

Zur Begründung der fristgerecht eingereichten Klage wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Der Einspruch sei nicht verfristet, da der Bescheid der Klin nicht zugegangen sei und damit keine Einspruchsfrist zu laufen begonnen habe. Die Klin sei aufgrund der Schreiben vom 15. Oktober 2004 und 29. Oktober 2004 von ihrer Rückzahlungsverpflichtung ausgegangen und habe deshalb eine Ratenzahlung aufgenommen. Das Verhalten der juristisch ungewandten Klin auf die Zahlungsmitteilungen der Forderungseinzugsstelle beweise nichts.

Die Klin beantragt,

den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04. November 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 08. Juli 2005 aufzuheben.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass das auf die Zahlungsmitteilungen der FK folgende Verhalten der Klin den Zugang des Bescheids vom 04. November 2004 beweise.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. Juni 2006 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidung...

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