Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; Vorkosten gemäß § 10 e Abs 6 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind nur gegeben, soweit der Steuerpflichtige den Entschluss, durch Vermietung und Verpachtung Einkünfte zu erzielen, definitiv gefasst hat.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21

 

Gründe

I.

Die Kläger sind seit Juli 1990 verheiratet, bezogen als Monteur und Büroangestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und wurden für die Streitjahre 1990 und 1992 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Mit notariellem Vertrag vom 24. August 1990 (ESt-Akte, Vorheftung, Bl. 3 ff.) übertrug ihnen die Tante des Klägers das Anwesen in S., am K. 17, gegen Einräumung eines Leibgedings. Im übrigen erfolgte die Übertragung unentgeltlich (Tz. 4). In den ESt-Erklärungen 1990, 1992, eingegangen am 18. Juni 1991, 25. August 1992 und 13. April 1993 machten die Kläger jeweils Aufwendungen vor Bezug gem. § 10 e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend:

Erhaltungsaufwendungen 1990

7.031,64 DM

Erhaltungsaufwendungen 1991

20.338,– DM

Erhaltungsaufwendungen 1992

976 DM

Zinsen

3.163 DM

4.139 DM

Dazu erläuterten sie in einer Anlage zur ESt-Erklärung 1990 (Hinweis auf Bl. 5 ESt-Akte 1990), daß das Haus 1948 gebaut und 1927 letztmals renoviert worden sei. Die Wohnung im Erdgeschoß sei notariell der Übergeberin zugesichert. Die eigene Wohnung im Obergeschoß sei in unbewohnbarem Zustand. Es müsse ein neuer Dachstuhl aufgesetzt, die Innenmauern erneuert, neue Fenster eingebaut, Stromleitungen unter Putz gelegt, die Wasserversorgung nach oben verlegt und eine Heizung installiert werden. Die Aufwendungen würden im Rahmen der Werbungskosten vor Bezug, die Heizungsanlage gem. § 82 a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) geltend gemacht werden. Die Kläger führten die Aufwendungen in 1990 – 1992 jeweils in der Anlage „FW” zu den ESt-Erklärungen an.

Für 1990 erfolgte die Steuerfestsetzung mit Bescheid vom 27. September 1991 antragsgemäß. In der ESt-Erklärung für 1991, eingegangen am 25. August 1992, gaben die Kläger als Erläuterung zur Anlage „FW” an (Bl. 30 f. ESt-Akte 1991), daß außer der Renovierung der leerstehenden Wohnung in 1991 auch die Fenster in der Austragswohnung durch Isolierglasfenster ersetzt worden seien. Daneben sei der Dachstuhl erneuert und in diesem Zusammenhang das Obergeschoß aufgestockt worden (s. Baugenehmigung). Für die Schaffung neuen Wohnraums werde ab Bezugsfertigkeit 1992/1993 AfA gem. § 10 e EStG beantragt, außerdem seien sog. Werbungskosten vor Bezugsfertigkeit (= Vorkosten) entstanden (§ 10 e Abs. 6 EStG).

Die Aufwendungen seien nach sorgfältiger Schätzung entsprechend zugeordnet worden. Dabei betrügen die Herstellungskosten 6.558,17 DM.

Als Renovierungsaufwendungen (= Vorkosten) wurden geltend gemacht:

DM

Obergeschoß

6.443,77

1/3 der. Aufwendungen f. gesamtes Haus

4.464,76

1/2 der Elektroinstallation

1.712,29

Materialabholfahrten

445,00

Zinsen

613,00

Heizungsanlage 50 %

6.658,36

20.337,18

Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) vertrat die Auffassung, daß ein entsprechender Vorkostenabzug nicht möglich sei, da die Aufwendungen den Herstellungskosten zuzurechnen seien. Versehentlich wurde der Betrag jedoch in die Steuerberechnung einbezogen und im ESt-Bescheid 1991 vom 30. April 1993 als Aufwendungen für die eigengenutzte Wohnung berücksichtigt.

Aufgrund der Angaben in der ESt-Erklärung 1991 berichtigte das FA den ESt-Bescheid 1990 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und versagte den Abzug der Vorkosten i.H.v. 7.032 DM. Der berichtigte Bescheid erging am 29. April 1993. Für 1992 setzte das FA die ESt ebenfalls ohne Abzug der beantragten Aufwendungen gem. § 10 e Abs. 6 EStG i.H.v. 4.139 DM mit Bescheid vom 27. September 1993 auf 11.881 DM fest. Gegen die ESt-Bescheide 1990 und 1992 erhob die Prozeßbevollmächtigte mit Schreiben vom 7. Juni 1993 bzw. 26. Oktober 1993 Einspruch.

Zur Begründung führte sie mit Schreiben vom 12. Juni 1993 aus, daß es sich bei den Renovierungskosten für das Obergeschoß eindeutig um Erhaltungsaufwendungen handele, da bereits vorhandene Teile erneuert worden seien. Die Aufwendungen seien gem. § 10 e Abs. 6 EStG abzugsfähig. Sie verwies dabei auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 1992 X R 113/89 (BStBl II 1992, 886).

Mit Schreiben vom 25. Juni 1994 teilte sie mit, daß die bisherigen Angaben für 1990 – 1993 „richtigzustellen” seien.

Die Wohnung im Obergeschoß werde seit 1990 zur späteren Vermietung renoviert. Für 1990 seien damit die Aufwendungen, die auf 5.376,08 DM zu berichtigen seien, als Verlust aus Vermietung und Verpachtung (VuV) zu erfassen. Die Renovierung werde sich aus zeitlichen und finanziellen Gründen auf 3 – 4 Jahre erstrecken.

In seiner Stellungnahme vom 5. Juli 1995 vertrat das FA die Auffassung, daß in den Jahren 1990 – einschließlich 1992 keine Vermietungsabsicht bestanden habe, da alle Aufwe...

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