rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Nachfolgevorstands einer Aktiengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Hinsichtlich der Überlassung von Vorstandsaufgaben an Dritte besteht die Pflicht des Vorstands zur sorgfältigen Auswahl sowie laufender Überwachung des Dritten bei der Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben.
Normenkette
AO §§ 69, 34
Tenor
1. Unter Aufhebung der Haftungsforderungen für Umsatzsteuer Mai 2002 von1.500 EUR und der darauf entfallenden Säumniszuschläge von 451,50 EUR, des Haftungsbescheids vom 9. Februar 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2006 wird die Haftungsschuld auf 12.817 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) die Klägerin zu Recht als Haftungsschuldnerin für Abgabenschulden der Firma A AG (nachfolgend AG) in Höhe von 31.759,30 EUR in Anspruch genommen hat.
Die Klägerin war laut Handelsregistereintrag in der Zeit vom 26. Januar 2001 bis 26. Juli 2002 Vorstand der AG (vgl. S. 4 Bilanzakten 2001 und S. 49 Dauerunterlagen FA). Diese kam ihren steuerlichen Verpflichtungen nur unzureichend nach, die Beitreibung der Rückstände blieb wegen Vermögenslosigkeit der AG erfolglos. Mit Eingang beim zuständigen Amtsgericht am 16. Januar 2003 wurde Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.
Das Finanzamt (FA) nahm die Klägerin daraufhin nach vorheriger Ankündigung mit Bescheid vom 9. Februar 2006 in Höhe von 14.768,50 EUR für rückständige Umsatzsteuer des vierten Kalendervierteljahres 2001, des ersten Kalendervierteljahres 2002 sowie Mai 2002 nebst Verspätungszuschlag in Haftung (Bl. 41 der Haftungsakte). Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 27. Oktober 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie dem Grunde nach zu Unrecht zur Haftung herangezogen werde und zudem die Haftungsinanspruchnahme auch der Höhe nach einer Nachprüfung nicht standhalte.
Entgegen der Auffassung des FA habe sie ihr Amt als Vorstand bereits am 16. Juni 2002 niedergelegt. Dies ergebe sich aus der Niederschrift über eine Sitzung des Aufsichtsrates der AG (Anlage K2 des Schriftsatzes vom 12. Februar 2007). Ab diesem Zeitpunkt könne sie daher nicht mehr für Steuerschulden der AG in Haftung genommen werden, auf die Eintragung ins Handelsregister komme es insoweit nicht an.
Tatsächlich sei sie nie mit der Vorstandstätigkeit befasst gewesen, für die Geschäftsführung und Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten der AG sei vielmehr H als faktischer Vorstand verantwortlich gewesen, dem sie am 14. März 2002 Generalvollmacht erteilt habe. H sei im Geschäftsbetrieb der AG der alleinige Ansprechpartner für Banken, Kunden, Lieferanten, Behörden und Steuerberater gewesen. Es habe niemals Anlass bestanden, an einer zuverlässigen Aufgabenerledigung zu zweifeln.
Außerdem sei die AG spätestens am 14. Oktober 2002 und nicht erst am 16. Januar 2003 – wie vom FA angenommen – nach einem fruchtlosen Vollstreckungsversuch der K zahlungsunfähig gewesen.
Das FA habe auch die durchschnittliche Tilgungsquote unzutreffend ermittelt. Zugrundezulegen sei vielmehr eine Berechnung des Steuerberaters B vom 12. Juli 2005, die eine Quote von lediglich 35 % ergebe. Mangels Zugriff auf die Buchhaltung der AG halte sie an dieser Aufstellung fest.
Darüber hinaus hätte das FA den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung mangelhaft begründet, da keinerlei Ausführungen zur Frage des Auswahlermessens enthalten seien. Insbesondere fehle die Begründung, warum die Klägerin neben H und nicht ausschließlich dieser in Haftung genommen werde.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 9. Februar 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2006 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.
Ergänzend führt es aus, dass wegen der im Klageverfahren mitgeteilten Niederlegung des Amts als Vorstand den Angaben der Klägerin gefolgt werden könne. Da die Haftungsvoraussetzungen für Umsatzsteuer Mai 2002 somit nicht erfüllt seien, mindere sich die Haftungsschuld um 1.951,50 EUR (Umsatzsteuer Mai 2002 zuzüglich Säumniszuschläge) auf nunmehr 12.817 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg, das FA hat die Klägerin zu Recht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen hat.
1. Gemäß § 69 i. V. m. § 34 der Abgabenordnung 1977 (AO) haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt o...