Entscheidungsstichwort (Thema)
Schnurgerüsterstellung auf der Baustelle nicht bereits als Beginn der Bauarbeiten i.S. des § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG; Schuldzinsen für ein im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehendes Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Begriff "Beginn der Herstellung" i.S. des § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG i.d.F.des StÄndG 1992 ist verassungskonform auszulegen als"Beginn der Bauarbeiten auf dem Grundstück: z.B. Beginn der Ausschachtungsarbeiten, Anfuhr von Baumaterial auf dem Bauplatz oder Aufstellen einer Bauleitungsbaracke" (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.12.1998 X R 153/95, BFH/NV 1999, 782).
2. Die sog. Schnurgerüsterstellung bzw. die Schnurgerüstabnahme oder der mit der Schnurgerüsterstellung verbundene Humusabschub stellt nicht bereits den Beginn der Bauarbeiten des geförderten Objekts i.S. des § 52 Abs. 14 Satz 3 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 dar.
3. Nutzt ein Ehegatte ein im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehendes Arbeitszimmer und werden die laufenden Kosten wie z.B. Schuldzinsen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten gezahlt, sind die laufenden grtundstücksbezogenen Kosten als für den Alleineigentümer gezahlt anzusehen; soweit sie anteilig auf das Arbeitszimmer entfallen, hat der Nichteigentümer-Ehegatte keinen Werbungskostenabzug; denn es handelt sich um Drittaufwand und nicht um Eigenaufwand des Nichteigentümer-Ehegatten.
Normenkette
EStG 1992 § 52 Abs. 14 S. 3; EStG § 10e Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Förderung selbstgenutzten Wohneigentums der Klägerin. Die Höhe der Förderung hängt im Streitfall davon ab, welche Maßnahme den Beginn der Herstellung des Objekts i. S. des § 52 Abs. 14 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Art. 1 des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) markiert. Streitig ist weiter der Schuldzinsenabzug für das Arbeitszimmer des Ehemannes, das dieser in dem im Alleineigentum der Klägerin stehenden Haus nutzt.
Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 23. August 1991 von einem Bauträger das Grundstück „I … weg 10” in O mit einem darauf noch zu errichtenden Einfamilienhaus. Das Grundstück der Klägerin gehörte zu einem Gesamt-Bauvorhaben „I … weg 4, 6, 8,10”, die von dem Bauträger für unterschiedliche Eigentümer erstellt wurden.
Die Höhenfestlegung für das gesamte Bauvorhaben erfolgte am 16. Mai 1991. Am 22. Mai 1991 wurde im Zusammenhang mit dem Baubeginn der Objekte „I … weg 4 und 6” der Humus für das Gesamt-Bauvorhaben abgeschoben. Am 9. September 1991 (nach Erinnerung der Klägerin am 17. September 1991) erfolgte nach einer Auskunft des Landratsamtes G die Schnurgerüstabnahme für die Objekte „I … weg 8 und 10”. Der Bauträger teilte dem Landratsamt G mit Baubeginnsänderungsanzeige vom 15. Dezember 1993 mit, dass am 3. Oktober 1991 mit dem Aushub der Baugrube für das Objekt „I … weg 10” begonnen worden sei. Laut Erinnerung der Klägerin erfolgte der Baubeginn in der Zeit vom 5. bis 13. Oktober 1991. Am 7. Oktober 1991 stellte der Bauträger die gemäß § 3 der Makler- und Bauträgerverordnung (MBVO) nach Beginn der Erdarbeiten zu entrichtende Anzahlung in Höhe von 30 v. H. der Vertragssumme in Rechnung.
Das Objekt „I … weg 10” wurde ab 20 Juli 1992 von der Klägerin und ihrem Ehemann selbstgenutzt. In dem Objekt befindet sich ein vom Ehemann genutztes Arbeitszimmer (17,6 v. H. der Gesamtwohnfläche).
Die gesamten Anschaffungskosten für das Objekt betragen 859.022 DM, wovon 631.022 DM auf das Gebäude und 228.000 DM auf den Grund und Boden entfallen. Die insgesamt auf das Objekt entfallenden Schuldzinsen nach Bezug belaufen sich für 1992 auf 23.759,42 DM, für 1993 auf 56.985,35 DM und für 1994 auf 53.359,26 DM. Hierauf entfallen auf das Arbeitszimmer des Ehemannes der Klägerin für 1992 4.182 DM, für 1993 10.030 DM und für 1994 9.329 DM. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin bestätigt, dass die Zinsen von einem gemeinsamen Konto der Klägerin und ihres Ehemannes bezahlt wurden.
Die Klägerin ist der Auffassung, mit Herstellung des Objekts „I … weg 10” sei nach dem 30. September 1991 begonnen worden, weshalb sich die Höhe der Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums nach § 10e EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1992 richte. Sie machte daher in ihren Steuererklärungen für die Streitjahre (1992 bis 1994), in der sie Zusammenveranlagung beantragte, u. a. einen Schuldzinsenabzug in Höhe von jeweils 12.000 DM für nach Bezug der eigengenutzten Wohnung entstandene Schuldzinsen geltend. Ferner beantragte sie für die Jahre 1993 und 1994 einen Abzugsbetrag i. H. v. jeweils 19.800 DM (d. i. 6. v. H. aus 330.000 DM). Für 1992 verzichtete sie auf den Ansatz des Abzugsbetrags und führte an, dass dieser später nachgeholt werde.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) stellte sich auf den Standpunkt, mit der Herstellung des Objekts „I … weg 10” sei bereits vordem 1. Oktober 1991 begon...