Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anschaffungskosten bei Kaufpreisverzicht. Sofortabschreibung von GWG's setzt Konkretisierbarkeit der Wirtschaftsgüter voraus
Leitsatz (redaktionell)
1. Beim Erwerb von Wirtschaftsgütern liegen im Falle eines von vornherein wirksamen Kaufpreisverzichts des Veräußerers keine Anschaffungskosten vor.
2. Die Sofortabschreibung von im Rahmen eines Unternehmenskaufs erworbenen geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) nach § 6 Abs. 2 EStG setzt voraus, dass diese Wirtschaftsgüter im Einzelnen konkretisierbar und buchmäßig nachgewiesen sind.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 2, 1 Nr. 5, § 7 Abs. 1; HGB § 240 Abs. 2, § 255 Abs. 1; BGB §§ 387-388, 130 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein zwischen dem Kläger und seiner Mutter abgeschlossener Kaufvertrag über eine Videothek steuerlich anzuerkennen ist.
Der Kläger erzielte u. a. durch den Betrieb von Videotheken Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Einkommensteuergesetz (EStG). Mit schriftlichem Vertrag vom 15. Dezember 1995 erwarb der Kläger von seiner Mutter, der am 23. Dezember 1998 verstorbenen Frau S, die Videothek V in B zum Kaufpreis von 120.000 DM zuzüglich 18.000 DM Umsatzsteuer. Die Zahlung sollte bei Vertragsabschluss auf das Konto der Mutter des Klägers erfolgen. Übergang von Nutzen und Lasten war für den 15. Dezember 1995 vereinbart. Frau S hat mit Datum vom 15. Dezember 1995 gegenüber dem Kläger eine Rechnung mit dem vereinbarten Kaufpreis und einer Zahlungsaufforderung ausgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den schriftlichen Vertrag vom 15. Dezember 1995 und die Rechnung vom 15. Dezember 1995 Bezug genommen. Der Kläger, der seinen Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelte, behandelte den Nettokaufpreis in Höhe von 120.000 DM in seiner Gewinn- und Verlustrechnung als sofort abzugsfähigen Aufwand für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) nach § 6 Abs. 2 EStG. Das beklagte Finanzamt (das Finanzamt – FA –) veranlagte den Kläger erklärungsgemäß und erließ am 3. November 1997 den Einkommensteuerbescheid für 1995. Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Zahlung des Kaufpreises für die Videothek in Höhe eines Teilbetrags von 80.000 DM zuzüglich 12.000 DM Umsatzsteuer nicht nachgewiesen sei und die Abschreibung von GWG's aus dem Erwerb der Videothek nur in Höhe von 40.000 DM anzuerkennen sei, so dass der Gewinn um 80.000 DM erhöht werden müsse. Das FA folgte dem Ergebnis der Außenprüfung und erließ mit Datum vom 30. August 2001 einen auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gestützten Einkommensteueränderungsbescheid 1995. Dagegen erhob der Kläger Einspruch und machte geltend, der Kaufvertrag sei in der vereinbarten Form vollzogen worden. Der Kaufpreis sei durch Aufrechnung bezahlt worden. Der Kläger habe seiner Mutter seit 1985 durch monatliche Zahlungen laufend Darlehen gewährt. Zum 1. Januar 1997 habe der Darlehensstand 841.000 DM betragen. Davon seien 750.000 DM auf den Kaufpreis für einen Hausverkauf angerechnet worden, der Restbetrag von 91.000 DM sei als Teilzahlung für den Kaufpreis für die Videothek anzurechnen. Auf die vorgelegten Darlehensverträge vom 25. Februar 1985 und vom 26. September 1991 wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 9. Mai 2003 teilte der Kläger mit, der Kaufpreis sei zunächst gestundet worden. Als seine Mutter Anfang 1998 verstorben sei, habe er noch erhebliche Forderungen an sie wegen der ihr gewährten Darlehen gehabt. Der Kaufpreis sei durch Aufrechnung bezahlt worden. Mit Schreiben vom 17. Juli 2003 teilte der Kläger mit, aufgrund einer stillschweigend abgeschlossenen Kontokorrentabrede sei die zum 31.12.1995 aufgelaufene Darlehensforderung des Klägers mit der Kaufpreisforderung in Höhe von 138.000 DM verrechnet worden, und legte hierzu eine Aufstellung über die Entwicklung des Darlehenskontos und eine mit Datum vom 16. Januar 1996 versehene Aktennotiz vor sowie Kopien der Kontoauszüge seiner Mutter, in denen monatliche Überweisungen des Klägers von 1.500 DM im Zeitraum Mai 1995 bis November 1997 verbucht sind. Auf die Unterlagen wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen. Das FA vertrat nunmehr die Auffassung, dass der Kaufvertrag über die Videothek in vollem Umfang nicht anzuerkennen sei und änderte nach vorherigem Hinweis in der Einspruchsentscheidung vom 4. November 2003 die Steuerfestsetzung zum Nachteil des Klägers, indem es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 46.000 DM erhöhte.
Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger trägt vor, er habe bereits vor dem Tod seiner Mutter aufgrund der wechselseitigen Forderungen aus dem Kaufvertrag vom 15. Dezember 1995 und den beiden Darlehensverträgen die Aktennotiz vom 16. Januar 1996 erstellt, wonach bereits am 31. Dezember 1995 aufgrund der Darlehenszahlungen und unter Verrechnung des Kaufpreises von 138.000 DM die Forderung seiner Mutter aus dem Kaufvertrag vom 15. Dezember 1995 erloschen sei. Er habe den in der Akt...