rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zufluss von Zinseinnahmen bei Beteiligung an einem sog. Schneeballsystem

 

Leitsatz (redaktionell)

Geht ein sich an einem Schneeballsystem beteiligender Anleger im Zeitpunkt der Fälligkeit der – eine mehrmonatige Darlehenslaufzeit indizierenden – monatlichen Zinszahlungen von einem noch nicht abgeschlossenen lukrativen Geschäft mit einer Schweizer Bank aus und verlangt zur Erzielung höherer Erträge keine Auszahlungen der (Schein-)Renditen, fließen die als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuernden Zinsen durch Novation zu, wenn von der Zahlungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Initiators des Schneeballsystems im Zeitpunkt der Novation auszugehen ist, nachdem selbst in der späteren Endphase des betrügerischen Schneeballsystems Renditeansprüche –u. a. durch sog. Scheckreiterei – erfüllt wurden.

 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 8 Abs. 1; BGB § 488 Abs. 1 S. 2 n.F., § 609 a.F.

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 02.09.2010; Aktenzeichen VIII B 261/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist im zweiten Rechtszug der Zufluss von Zinsen in Höhe von … DM.

Die Kläger wurden im Streitjahr 1994 ais Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war im Streitjahr gewerblich als Schmuckdesignerin und Schmuckhändlerin tätig. Ihre Ware kaufte sie bei einem befreundeten Juwelier, dem zwischenzeitlich verstorbenen W. (B) ein.

Ende Februar 1994 machte B der Klägerin das Angebot, sich an einem lukrativen Geschäft zu beteiligen. Eine Schweizer Bank wolle Diamanten im Wert von insgesamt … Mio. DM kaufen. Wegen seiner einzigartigen Einkaufskontakte nach Südafrika könne er die Steine günstig einkaufen. Das Geschäft sei so lukrativ, weil der Verkauf an die Schweizer Bank nach dem jeweiligen Börsenkurs stattfinde. Wegen der erforderlichen Erstellung von Expertisen müsse er das Geschäft vorfinanzieren. Dies dauere ca. vier Wochen. Bei einer Beteiligung der Klägerin garantiere er eine monatliche Rendite auf das eingesetzte Kapital von 10 bis 20 v.H. je nach US--Wechselkurs.

Am 1. März 1994 nahm die Klägerin das Angebot des B an und übergab ihm einen Betrag von … DM. Den Erhalt des Geldes quittierte B auf einem Kuvert. Schriftliche Vereinbarungen wurden nicht getroffen. B händigte der Klägerin eine Perlenkette und einen großen Saphir als Sicherheit aus. Nach etwa einem Monat ersetzte B die Sicherheitsleistung durch Aushändigung mehrerer Diamanten. Letztere holte B nach einigen Wochen ab und versprach der Klägerin, dass er ihr in der darauf folgenden Woche ca. … DM an eingesetztem Kapital und zwischenzeitlich aufgelaufener Rendite auszahlen werde, da die ersten zwei Transaktionen mit der ausländischen Bank geklappt hätten. Als Beweis hierfür zeigte B der Klägerin einen Kontoauszug seines Kontos bei der Bank, aus welchem sich ein Guthaben von … Millionen DM ergab. B wies die Klägerin darauf hin, dass die den Einzahlungen zugrunde liegenden Schecks noch nicht endgültig gutgeschrieben seien und er nach erfolgter Gutschrift den vorbezeichneten Betrag an sie auszahlen werde.

In der zweiten Maihälfte des Streitjahres machte B der Klägerin das Angebot, das Kapital und den erzielten Ertrag stehen zu lassen, da er die versprochene monatliche Rendite weiterhin garantieren könne. Die Klägerin stimmte dem Vorschlag zu, da B sie von der Sicherheit und Rentierlichkeit des Geschäfts vollkommen überzeugt hatte.

Im Juli 1994 übergab sie B weitere … DM von einem befreundeten Ehepaar, das sich ebenfalls an dem Geschäft beteiligen wollte. Die Klägerin hatte diesem von dem in ihren Augen hervorragendem Geschäft mit B erzählt. B übergab der Klägerin zur Sicherheit einen Verrechnungsscheck über … Mio. DM und fünf Diamanten. Es handelte sich um einen ungedeckten Scheck. Ferner waren die Diamanten unecht.

Im August des Streitjahres stellte sich für die Klägerin heraus, dass sie wie weitere Anleger von B betrogen worden war. B wurde wegen Betrugs in 131 Fällen verurteilt. Er hatte im Rahmen eines „Schneeballsystems” gehandelt. Im Strafverfahren hatte er eingeräumt, dass er lediglich vorgetäuscht habe, in Südafrika Diamanten zu günstigen Großhandelspreisen erwerben zu können. B veranlasste 18 verschiedene Investoren aus seinem Bekanntenkreis in der Zeit vom 1. Juni 1992 bis 2. August 1994 ihm 131 Darlehen mit einer Gesamtinvestitionssumme von … DM zu gewähren. Die Darlehensgewährung erfolgte jeweils kurzfristig für etwa zwei bis sechs Wochen. In der Zeit zwischen dem 7. September 1992 bis Februar 1994 hatte er Gelder in Höhe von … DM eingenommen. In der Zeit ab März 1994 bis Ende Mai 1994 hatte er Einnahmen in Höhe von … DM. Ab Ende Mai bis Anfang August 1994 hatte er noch Gelder von Anlegern von insgesamt … DM erhalten und Auszahlungen in Höhe von … Mio. DM vorgenommen. Aufgrund der polizeilichen Berechnungen ergab sich ein verbleibender Schaden von … DM.

Na...

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