Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage bei Miteigentum; Diskriminierungsverbot Behinderter
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses, der in dem Haus über keine abgeschlossene Wohnung verfügt, kann den Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. EigZulG nur in Höhe seines Miteigentumanteils in Anspruch nehmen.
2. Das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG kann hier zu keinem anderen Ergebnis führen.
Gründe:
siehe: FG München 6 K 522 00
Normenkette
EigZulG § 9 Abs. 2 S. 3; GG Art. 3 Abs. 3
Gründe
I.
Die Klägerin erwarb mit notarieller Urkunde vom 10. März 1998 zusammen mit Herrn U.S. ein Reiheneckhaus in ≪ Ort ≫zum Miteigentum je zur Hälfte. Dieses Objekt wird nach Angaben der Klägerin seit dem 12. Oktober 1998 eigengenutzt. Die gesamten Anschaffungskosten, einschließlich der Anschaffungskosten für Grund und Boden, betrugen – laut Antrag auf Eigenheimzulage – … DM.
Aus den Angaben der Klägerin und den eingereichten Unterlagen ergibt sich folgende Nutzung des Hauses:
- • Die Küche im Erdgeschoss und das Bad im Obergeschoss werden von der Klägerin und Herrn U. S. gemeinsam genutzt;
- • im Obergeschoss befinden sich die getrennten Schlafräume der Klägerin und von Herrn U. S.;
- • daneben stehen der Klägerin im Erdgeschoss und Herrn U. S. im Untergeschoss (im eingereichten Plan als Hobbyraum bezeichnet) je ein Wohnraum zur Verfügung;
- • das Dachgeschoss nutzt die Klägerin als Kommunikationsraum für Gehörlose;
- • lt. eingereichten Plan ist der Wohnraum im Erdgeschoss gegenüber dem Treppenhaus und der Küche nicht abgeschlossen.
Mit Bescheid über Eigenheimzulage ab 1998 vom 22. März 1999 setzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Eigenheimzulage für die Jahre 1998 bis 2005 auf jeweils 2.500 DM fest.
Der dagegen rechtzeitig eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2000 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage vom 5. Februar 2000 begehrt die Klägerin die Anerkennung der jährlichen Eigenheimzulage ab 1998 in Höhe von 5.000 DM.
Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, dass bei getrennten Wohnungen eindeutige Besitzstände vorhanden seien. Im übrigen verweist sie auf Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden”). Sie sei infolge ihrer Schwerbehinderung (seit Geburt gehörlos) nicht in der Lage, die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens (besonders Kommunikationsschwierigkeiten etc.) durchzuführen und sei auf fremde Hilfe angewiesen. Insbesondere bei einem mehrwöchigen Probewohnen in einer Eigentumswohnung hätten sich erhebliche Probleme ergeben.
Die Klägerin beantragt, die Eigenheimzulage ab 1998 auf jährlich 5.000 DM festzusetzen.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung führt es aus, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 3 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) in Fällen des Miteigentums an einer Wohnung der Fördergrundbetrag nur entsprechend dem Miteigentumsanteil in Anspruch genommen werden könne. Die Schwerbehinderung könne nicht berücksichtigt werden, da eine entsprechende Begünstigung das EigZulG nicht vorsehe.
Auf mündliche Verhandlung haben beide Parteien verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG kann, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung sind, der Anspruchsberechtigte den Fördergrundbetrag nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass die Eigenheimförderung wohnungsbezogen und der Fördergrundbetrag bei Herstellung oder Anschaffung eines Förderobjektes in der Regel nur einmal gewährt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 4. April 2000 IX R 25/98, BFH/NV 2000, 1274).
Das FA hat daher zutreffend, den Fördergrundbetrag von 5.000 DM auf 2.500 DM gekürzt, denn die Klägerin ist nur zur Hälfte Miteigentümerin des Reihenhauses.
Ein anderes Ergebnis ist auch dann nicht möglich, wenn man von der Verwaltungspraxis bezüglich von Zwei- oder Mehrfamilienhäusern ausgeht, bei denen ein Miteigentümer eine der Wohnungen alleine zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
Für diese Fälle ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass ein solcher Miteigentümer den Fördergrundbetrag in der Höhe in Anspruch nehmen kann, soweit der Wert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einschließlich des dazugehörenden Grund und Bodens den Wert des Miteigentumsanteils nicht übersteigt (vgl. Rz. 66 des BMF-Schreibens vom 10. Februar 1998, BStBl I S. 190).
In der Literatur wird demgegenüber die Meinung vertreten, dass bei Miteigentum im Rahmen des Eigenheimzulagegesetzes generell, also auch bei Zwei- und Mehrfamilienhäusern, zu quoteln ist (vgl. Wacker, EigZulG, 2. Auflage, 1998, Rz. 38 zu § 9), daher der Fördergrundbetrag auch bei Zwei- und Mehrfamilienhäusern nur anteilig gewährt werden kann.
Dieser Streit braucht aber vorliegend nicht entschieden zu werden, denn auch wenn man der oben dargelegten Auffassung der Finanzverwalt...