Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die satzungsmäßige Vermögensbindung bei einer italienischen Stiftung. Vereinbarkeit der Steuerpflicht ausländischer gemeinnütziger Körperschaften mit dem Gemeinschaftsrecht. Körperschaftsteuer 1997
Leitsatz (amtlich)
1. Die im Rahmen der formellen Satzungsmäßigkeit erforderliche Vermögensbindung einer Stiftung liegt nur vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.
2. Das Fehlen einer solchen (vgl. Leitsatz 1) Bestimmung in der Satzung einer italienischen Stiftung ist nicht wegen der nach italienischem Zivilrecht vorgesehenen staatlichen Aufsicht über die Verteilung des Vermögens bei Auflösung einer Stiftung nach § 62 AO entbehrlich, da sich die staatliche Aufsicht nicht auf die laufende Geschäftsführung der Stiftung erstreckt.
3. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die Subventionsnorm schränkt weder den Wettbewerb ein, da sich gemeinnützige Körperschaften als solche nicht in einer Wettbewerbssituation befinden, noch beeinträchtigt sie – mangels Verfolgung eines Erwerbszwecks – die Niederlassungsfreiheit.
Normenkette
AO 1977 § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 61 Abs. 1, § 62; KStG 1996 § 5 Abs. 2 Nr. 3; EG Art. 87, 48 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
In der Sache ist bereits ein Gerichtsbescheid ergangen. Dagegen hat die Klägerin mündliche Verhandlung beantragt. Zur Begründung macht sie geltend, das Gericht bemängele die fehlende Behandlung der Vermögensverwendung nach Zweckfortfall oder Auflösung der Stiftung gemäß § 61 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Eine Behandlung in der Satzung sei zwar im vorliegenden Fall tatsächlich nicht gegeben. Es sei jedoch § 62 AO 1977 anwendbar, demzufolge Stiftungen von der formalen Satzungsstrenge befreit seien, wenn sie staatlich beaufsichtigt seien. Das italienische Recht erfülle im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Regelung der Vermögensverwendung nach deutschen Maßstäben. Die Auflösung von Stiftungen werde im italienischen Recht in Art. 27 ff des italienischen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Codice Civile) behandelt. In Art. 31 heiße es in freier Übersetzung: „Die Güter der juristischen Person, die nach der Auflösung übrig bleiben, werden entsprechend des Vereinsgründungsakts oder der Vereinssatzung verteilt. Sofern derartige Regelungen nicht gegeben sind und es sich um eine Stiftung handelt, ist die staatliche Aufsichtsbehörde zuständig und lässt das Vermögen Einrichtungen zukommen, die einen ähnlichen Zweck wie die Stiftung verfolgen.” Dieser klare Wortlaut zeige, dass Stiftungen in Italien, wenn wie hier die Stiftungssatzung den Verbleib des Vermögens nach Auflösung nicht regele, der staatlichen Aufsicht unterlägen und daher gewährleistet sei, dass das Vermögen nicht bei einer eventuellen Auflösung für der Steuerbegünstigung entgegenlaufende Zwecke verwendet werde. Entgegen der im Gerichtsbescheid vertretenen Auffassung seien auch die Anforderungen des § 60 AO 1977 eingehalten. So heiße es in der relevanten Passage: „Die Stiftung fördert ausschließlich Ausbildungs- und Erziehungszwecke. Die Stiftung unterstützt zur Erreichung ihrer Ziele die Lehrfächer der klassischen Herstellung von Saiten- und Streichinstrumenten, die Musikgeschichte und Musikwissenschaft im Allgemeinen, sowie das Wiederaufleben der Kunst in der Herstellung von Geigen und Streichinstrumenten … Die Gemeinde (C.) hat der Stiftung gestattet, den historischen Raimondipalast in der Erwartung zu kaufen, aus ihm einen Musiktempel zu Ehren der großen Komponisten … zu machen. Darüber hinaus sollen Lehre und Kenntnisse wissenschaftlicher und moralischer Werte für junge Leute vertieft werden. Die Stiftung darf außerdem … Studienbeihilfen gewähren”. Der Unterhalt des Musikzentrums, der Erwerb des Palastes, die Vermittlung der musikalischen Kenntnisse an junge Leute und Förderung von Konzerten seien klar umfasste Beschreibungen des Förderungszwecks. Es werde auch der Auffassung des Gerichts widersprochen, wonach die Beschränkung der in der Satzung vorgesehenen Studienbeihilfen auf „junge Schweizer” den Erfordernissen der Förderung der Allgemeinheit i. S. des § 52 AO 1977 nicht genüge. Sollte die Beschränkung auf ein Land schädlich sein, so müsste grundsätzlich die gesamte Weltbevölkerung mit einbezogen werden. Eine Beschränkung auf Jugendliche sei sachdienlich bei einer Nachwuchsförderung. Schließlich gehe das Gericht zu Unrecht davon aus, dass die Nichtgewährung der Steuerbefreiung im Rahmen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darstelle. Unabhängig von der Fr...