rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung bei Geltendmachung des Erlöschens des Steueranspruchs in gesondertem Abrechnungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1) Solange über den Einwand des Steuerpflichtigen, der im Vollstreckungsweg geltend gemachte Anspruch sei erloschen, in einem gesonderten Abrechnungsverfahren noch nicht entschieden ist, ergeben sich bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Überprüfung grundsätzlich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme.
2) Der Umstand eines noch nicht abgeschlossenen Abrechnungsverfahrens ist jedoch bei der Ermessensentscheidung über den Beginn der Vollstreckung zu berücksichtigen.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2, §§ 256, 257 Abs. 1 Nr. 3, § 47
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners (Ag.) von der Vollziehung auszusetzen sind, weil der Antragsteller (Ast.) die zu vollstreckenden Ansprüche für erloschen hält, was Gegenstand eines Abrechnungsverfahrens ist.
Der Ag. führt seit mehreren Jahren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Ast. durch. Auf Grund von Vereinbarungen über die Gewährung von Vollstreckungsaufschub leistete der Ast. auch Ratenzahlungen an den Ag. Im Laufe des Vollstreckungsverfahrens kam es zwischen den Beteiligten zum Streit über die Höhe der (noch) vollstreckbaren Forderungen des Ag. sowie darüber, ob wegen dieses Streits ein Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zu erlassen ist. Durch Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster (Az. 11 K 422/03 AO) vom 10.09.2004 wurde der Ag. schließlich verpflichtet, durch Abrechnungsbescheid festzustellen, ob und in welcher Höhe noch Zahlungsansprüche gegen den Ast. aus den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerveranlagungen der Jahre 1991 bis 1998 bestehen. Auf Grund des Urteils gewährte der Ag. dem Ast. bis zum 30.11.2004 Vollstreckungsaufschub für die Einkommensteuerforderungen 1991 bis 1998 nebst Nebenleistungen; bis zu diesem Zeitpunkt sollte ein Abrechnungsbescheid erlassen sein.
Mit Abrechnungsbescheid vom 15.11.2004 stellte der Ag. fest, dass offene, nicht von der Vollziehung ausgesetzte Forderungen in Höhe von rd. 24.000 Euro bestünden.
Mit Schreiben vom 23.11.2004 teilte der Ag. dem Ast. mit, dass weiterer Vollstreckungsaufschub nur bei Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht komme.
Ebenfalls am 23.11.2004 legte der Ast. gegen den Abrechnungsbescheid Einspruch ein. Am 26.11.2004 beantragte er unter Hinweis auf das Einspruchsverfahren weiteren Vollstreckungsaufschub bis zum Abschluss des Verfahrens; der Antrag wurde abgelehnt (Schreiben des Ag. vom 01.12.2004). Am 10.12.2004 erging eine ablehnende Entscheidung über den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid. Anschließend (13.12.2004) erhob der Ast. Klage und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Am 02.12.2004 erließ der Ag. Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in Forderungen des Ast. gegenüber der A AG und der B Bank. Diese Pfändungen waren Gegenstand eines gerichtlichen AdV-Verfahrens (Az. FG Münster 7 V 6264/04 AO). Nachdem sich die Beteiligten auf eine AdV der Pfändungen bis zum Abschluss der Einspruchsverfahren verständigt hatten, wurde das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Vereinbarungsgemäß schränkte der Ag. am 05.01.2005 gegenüber den Drittschuldnern die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs dahin ein, dass fällige und fällig werdende Beträge an den Ast. gezahlt werden konnten.
Nachdem am 25.01.2005 die ablehnende Einspruchsentscheidung über die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen ergangen war, widerrief der Ag. mit Bescheiden vom 08.02.2005 die Einschränkungen der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegenüber den Drittschuldnern; dagegen legte der Ast. mit Schriftsatz vom 11.02.2005 Einspruch ein.
Mit Beschluss vom 04.02.2005 (dem Ag. zugestellt am 09.02.2005) lehnte das FG Münster den Antrag auf AdV des Abrechnungsbescheides bis auf einen Betrag von 1.508,88 Euro ab. Der Ag. schränkte die Pfändungs- und Einziehungsverfügung daraufhin mit Verfügung vom 15.02.2005 gegenüber den Drittschuldnern entsprechend ein.
Am 18.02.2005 hat der Ast. einen Antrag auf AdV der Verfügungen vom 08.02.2005 gestellt.
Zur Begründung trägt er vor, dass bezüglich eines Teils der der Pfändung zugrunde gelegten Forderungen Klagen bzw. Aussetzungsanträge beim FG vorlägen und auch über das Klageverfahren zum Abrechnungsbescheid noch nicht entschieden worden sei. Auf Grund der in der Vergangenheit geleisteten monatlichen Zahlungen bestünden keinerlei Steuerrückstände mehr. Die Pfändungen erwiesen sich daher als offensichtlich fehlerhaft, weil die rechtlichen Voraussetzungen für ihre Durchführung nicht vorlägen und die vom Ag. zu beachtenden Ermessensgrenzen überschritten worden seien. Auf Grund der Pfändungen sei der Bestand des Arbeitsverhältnisses des Ast. gefährdet, von der B Bank sei er wegen der Pfändungen aufgefordert worden, Kredite kurzf...