rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung der Gesellschafter-Fremdfinanzierung eu-rechtlich zweifelhaft
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Vorschrift des § 8a KStG mit demDiskriminierungsverbot des Art. 43 EGV vereinbar ist.
Normenkette
KStG § 8a; EG Art. 43 (früher Art. 52 EGVtr)
Gründe
Streitig ist, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Körperschaftsteuer-(KSt-)Bescheide 1997 und 1998 wegen Verstoßes der Vorschrift des § 8 a KStG gegen dasDiskriminierungsverbot des Art. 43 des Vertrages zur Gründung der EuropäischenGemeinschaft (EGV) bestehen.
Die Antragstellerin (ASt.) hat den Vertrieb von Schiffszubehör, Wassersportartikeln, Freizeit-und Bastelartikeln, Freizeit- und Berufskleidung, Dekorationsgegenständen sowie vonEisenwaren und ähnlichen Gegenständen zum Unternehmensgegenstand.
Das am 29.08.1996 erhöhte Stammkapital beträgt 2 Mio. DM. Alleinige Gesellschafterin derASt. ist die niederländische Firma … deren alleinige Gesellschafterin wiederum dieniederländische Firma … ist.
Mit Vertrag vom 01.12.1996 gewährte die Firma … der ASt. ein Darlehen i. H. v. 3 Mio. DM.Das Darlehen ist in zehn Raten à 300 000,00 DM jährlich, beginnend mit dem 01.10.1998,zurückzuzahlen. Der variable Zinssatz betrug bis Ende 1997 4,5 %. Die Zinsen waren zumJahresende zu zahlen.
Zu dem gewährten Darlehen gab die Firma … eine Patronatserklärung ab, wonach sie auf dieRückzahlung des Darlehens verzichtet, wenn die ASt. von Drittgläubigern in Anspruchgenommen wird. Das Darlehen sollte kapitalersetzenden Charakter erhalten.
Mit der Darlehensvaluta führte die Ast. ein Bankdarlehen der … i. H. v. 3 702 453,59 DM auf911 174,70 DM zurück.
Im Jahr 1997 zahlte die Ast. 135 000,00 DM und im Jahr 1998 109 695,20 DM Darlehenszinsenan die …
Die Bilanz der ASt. zum 31.12.1996 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetragi. H. v. 847 035,55 DM aus. Das Jahresergebnis 1996 beträgt ./. 763 807,00 DM. In der Bilanzzum 31.12.1997 ist der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag auf 1 074 843,21 DM undin der Bilanz zum 31.12.1998 auf 1 503 165,00 DM angewachsen. Das Jahresergebnis 1997beträgt ./. 227 807,00 DM und das Jahresergebnis 1998 ./. 428 321,00 DM.
Der Antragsgegner (Ag.) behandelte die gezahlten Darlehenszinsen in den KSt-Bescheiden 1997und 1998 vom 28.06.1999 als Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 a KStG und stellte dieAusschüttungsbelastung her.
Gegen diese KSt-Bescheide hat die ASt. Einspruch eingelegt und gleichzeitig Aussetzung derVollziehung (AdV) beantragt.
Mit Verfügung vom 20.07.1999 hat der Ag. die AdV abgelehnt. Die ASt. hat hiergegenEinspruch eingelegt, den sie am 08.10.1999 wieder zurückgenommen hat.
Die ASt. begehrt nunmehr bei Gericht AdV der KSt-Bescheide 1997 und 1998.
Zur Begründung trägt sie vor, bei der Darlehensgewährung habe es sich um einenRettungsversuch der niederländischen Anteilseigner gehandelt. Ein solcher Rettungsversuchdürfe nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen. Die wirtschaftlichenVerhältnisse der ASt. ließen die durch die fiktive vGA bewirkte Steuerzahlung i. H. v. 112660,93 DM wegen ihrer hohen Verluste nicht zu. Die steuerliche Einordnung desRettungsversuches des niederländischen Anteilseigner als vGA sei im Vergleich mitinländischen Anteilseignern als EG-rechtswidrig und diskriminierend anzusehen.
Die Darlehensgewährung durch die niederländische Holding sei ausschließlich zurKostenminimierung gewährt worden. Mit dem gewährten Darlehen sei ein Bankdarlehen der …zurückgeführt worden. Dies habe zu erheblichen Zinseinsparungen geführt. Die für dasBankdarlehen zu zahlenden Zinsen seien fast doppelt so hoch gewesen, wie die nun an dieHolding zu zahlenden Zinsen. Mit der Darlehensgewährung bestehe nunmehr die Chance, dieASt. wieder in die Gewinnzone zu führen und zu sanieren.
Die Vorschrift des § 8 a KStG verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des EG-Vertragesund begründe damit die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide.
Darüber hinaus sei AdV auch wegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentlicheInteressen gebotenen Härte gegenüber der ASt. geboten.
Die ASt. beantragt,
die Vollziehung der KSt-Bescheide 1997 und 1998 vom 28.06.1999 ohne Sicherheitsleistungauszusetzen.
Der Ag. beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er trägt vor, im Streitfall bestünden keine ernstlichen Zweifel daran, daß die Voraussetzungendes § 8 a KStG vorlägen. Zwar führe die Vorschrift des § 8 a KStG in Sanierungs- undKrisenfällen mit ganz oder teilweise aufgezehrtem Eigenkapital zu einer verschlechtertenAusgangssituation für die betroffene Gesellschaft. Der Gesetzgeber habe die Auswirkungen inderartigen Fällen durch die Öffnungsklausel in § 8 a Abs. 2 S. 3 KStG jedoch abgemildert. ImStreitfall seien die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Klausel allerdings nicht gegeben.
Die Vorschrift des § 8 a Abs. 1 S. 1 KStG verstoße nicht gegen europarechtlicheDiskriminierungsverbote. In vielen Ländern bestünden Regelungen mit vergleichbarerZielsetzung. So g...