Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachforderungsbescheid für nicht abgeführte KapESt
Leitsatz (redaktionell)
Der Inanspruchnahme eines Gläubigers von Kapitalerträgen, der gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG weiß, dass der Schuldner die Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und der dies dem FA nicht unverzüglich mitgeteilt hat, steht der Erlass eines bestandskräftigen Abrechnungsbescheids zur Einkommensteuer des Gläubigers nicht entgegen.
Normenkette
EStG § 44 Abs. 5, 5 Sätze 2, 2 Nr. 2, § 44
Tatbestand
Es ist zu entscheiden, ob der Steuerschuldner für die vom Schuldner der Kapitalerträge nicht abgeführte Kapitalertragsteuer (KapESt) nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch genommen werden kann, obwohl in einem bestandskräftigen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) die erhobene KapESt auf die Einkommensteuer (ESt) des Steuerschuldners nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG angerechnet worden ist.
Der Antragsteller (Ast.) war im Jahr 1997 mit 80 v.H. an der GmbH (GmbH) beteiligt und deren Geschäftsführer. Nach den Steuerbescheinigungen vom 11.08.1997 und 06.10.1997 schüttete die GmbH für 1995 und 1996 folgende Dividenden an den Ast. aus:
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1995 DM |
1996 DM |
Dividende |
145.200,– |
871.707,00 |
anrechenbare Körperschaftsteuer (KöSt) |
62.229,00 |
373.589,00 |
Einnahmen aus Kapitalvermögen (KapV) |
207.429,00 |
1.245.296,00 |
anrechenbare KapESt |
36.300,00 |
217.926,40 |
anrechenbarer Solidaritätszuschlag (SolZ) zur KapESt |
2.772,50 |
16.344,48 |
Am 04.11.1997 beantragte der Ast., über das Vermögen der GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit das Konkursverfahren zu eröffnen. Am 26.01.1998 teilte die GmbH dem Betriebsfinanzamt (Betriebs-FA) mit, dass sie die einbehaltene KapESt für das Jahr 1997 nicht entrichten konnte.
In der ESt-Erklärung für 1997 erklärte der Ast. die in den Steuerbescheinigungen angeführten Einnahmen aus KapV und die dort genannten anrechenbaren KöSt und KapESt. Der vom Antragsgegner (Ag.) – das FA – am 02.07.1999 erlassene ESt-Bescheid für 1997 erging insoweit erklärungsgemäß. Die insgesamt anrechenbare KapESt betrug 257.870 DM. Der ESt-Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-). In dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheid für 1997 vom 08.02.2000 rechnete der Ag. KapESt lediglich i.H.v. 6.461 DM, d.h. die auf die Gewinnausschüttungen der GmbH für 1995 und 1996 entfallende KapESt lediglich in Höhe des tatsächlich abgeführten Betrages von 2.818 DM an. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Nachdem der Ast. Einspruch gegen den ESt-Bescheid für 1997 eingelegt hatte, erließ der Ag. den wegen nicht mehr streitiger Fragen geänderten ESt-Bescheid für 1997 vom 28.08.2000 und beantragte der Ast., ihm einen Abrechnungsbescheid zur ESt 1997 zu erteilen. In dem Abrechnungsbescheid zur ESt 1997 vom 19.07.2000 rechnete der Ag. KapESt i.H.v. 6.461 DM auf die festgesetzte ESt für 1997 an. Der Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid blieb ebenso wie der Einspruch gegen ESt-Bescheid für 1997 erfolglos. In dem Klageverfahren 11 K 3834/02 AO erließ der Ag. den geänderten Abrechnungsbescheid zur ESt vom 13.01.2003, in dem er die KapESt mit einem Betrag i.H.v. 257.870 DM anrechnete. Die Beteiligten erklärten diesen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
In dem noch nicht entschiedenen Verfahren 14 K 6272/01 E verfolgt der Ast. sein Begehren bzgl. des ESt-Bescheids für 1997 weiter.
In dem Bescheid vom 23.12.2002 nahm der Ag. den Ast. nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG für die einbehaltene, aber nicht abgeführte KapESt aus den Ausschüttungen der GmbH für 1995 und 1996 gemäß den Bescheinigungen vom 11.08.1997 und 06.10.1997 i.H.v. insgesamt 251.409 DM in Anspruch. Der dagegen eingelegte Einspruch des Ast. vom 08.01.2003 ist noch nicht entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf AdV (Aussetzung der Vollziehung) lehnte der Ag. mit Bescheid vom 22.01.2003 ab.
Mit Schriftsatz vom 31.01.2003 beantragte der Ast. die AdV bei Gericht. Er ist der Ansicht, dass der Nachforderungsbescheid vom 23.12.2002 ohne Rechtsgrundlage ergangen sei. Der Ag. habe durch den bestandskräftigen Abrechnungsbescheid vom 13.01.2003 die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis 1997 umfassend abgerechnet.
Der Ast. beantragt,
die Vollziehung des Nachforderungsbescheids vom 23.12.2002 auszusetzen,
hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.
Der Ag. beantragt sinngemäß,
den Antrag abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Steuerakte verwiesen.
Der Berichterstatter entscheidet im Einverständnis der Beteiligten an Stelle des Senats (§ 79a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist nicht begründet.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines Steuer- oder eines Steuermessbescheids auf Antrag vom Gericht auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder seine Vollziehung für ...