Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung einer Personalgestellung durch einen gemeinnützig tätigen Verein an eine Körperschaft des öffentl. Rechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus dem Wortlaut der MwStSystRL ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom EuGH entwickelten Rechtsgrundsätze auf den Steuerbefreiungstatbestand des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL beschränkt wären. Die Umsätze, die der Stpfl. vorliegend aus der Personalgestellung erzielt, sind somit in unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL umsatzsteuerbefreit.
2. Es handelt sich bei der fraglichen Personalgestellung um eine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.
Normenkette
UStG § 3a Abs. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, i; UStG § 3 Abs. 9 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Personalgestellung durch einen gemeinnützig tätigen Verein an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Förderung eines Projekts der Sozialfürsorge von der Umsatzsteuer befreit ist.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in C. Er verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung im Bereich der Jugend- und Drogenberatung. Er ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V., das nach § 23 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) als amtlich anerkannter Verband der Wohlfahrtspflege gilt.
Am 31.10.2007 schloss der Kläger mit dem Landschaftsverband (L) einen Personalabordnungsvertrag ab. Durch diesen Vertrag verpflichtete sich der Kläger, seine Mitarbeiterin Frau V dem L zur inhaltlichen und fachlichen Koordinierung eines Projektes mit dem Namen „XYZ” zur Verfügung zu stellen. Die Stellung des Klägers als Arbeitgeber der Frau V blieb durch diesen Personalabordnungsvertrag unberührt, allerdings wurde dem L ein Weisungsrecht eingeräumt (vgl. § 2 des Vertrages). Die Zahlung des Gehalts und der Sozialversicherungsbeiträge erfolgte weiterhin durch den Kläger, der allerdings über einen Erstattungsanspruch gegen den L in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen verfügte (vgl. § 3 des Vertrages). Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen (Gerichtsakte 5 V 1054/12, Bl. 45f.). Die Mitarbeiterin hatte zuvor im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Kläger besondere Kenntnisse im Bereich der Beratung und Aufklärung von Jugendlichen zum Thema Drogenmissbrauch erworben, indem sie an der Entwicklung des Drogenberatungsprogramms „XYZ” mitwirkte. Das Akronym „X” steht für „…”.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass die Überlassung der Mitarbeiterin durch den Kläger an den L eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung darstelle, und erließ am 18.01.2012 entsprechende Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2008 bis 2010. Die hier streitbefangenen Umsätze aus der Personalgestellung stellen die einzigen in den Steuerfestsetzungen erfassten steuerpflichtigen Umsätze dar, weitere steuerpflichtige Umsätze hat der Kläger unstreitig nicht erbracht.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger fristgemäß am 02.02.2012 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die Personalgestellungsleistung nach § 4 Nr. 18 UStG von der Umsatzsteuer befreit sei. Die nach § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. b UStG notwendige unmittelbare Förderung der begünstigten Personen sei gegeben. Der Kläger verwies insoweit insbesondere auf die Entscheidung des BFH vom 23.7.2009 (V R 93/07, BFH/NV 2009, 2073). Weiterhin sei der nach § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c UStG geforderte Preisvergleich im vorliegenden Fall nicht durchführbar, da vergleichbare Leistungen von Erwerbsunternehmen nicht angeboten würden. Jedenfalls ergebe sich die Umsatzsteuerfreiheit in unmittelbarer Anwendung der zugrundeliegenden Regelungen der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL).
Mit Einspruchsentscheidung vom 27.11.2012 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Die streitigen Umsätze fielen nicht unter den Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 18 UStG, da die Leistung der Personalgestellung nicht unmittelbar dem nach der Satzung des Klägers begünstigten Personenkreis zugutekomme. Der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG sei ebenfalls nicht einschlägig, da es sich bei der Mitarbeiterin, welche der Kläger an die L gestellt habe, nicht um ein Mitglied einer geistlichen Genossenschaft oder eines Mutterhauses handele, welches in dieser Eigenschaft durch den Kläger an den L gestellt werde. Die Steuerbefreiung ergebe sich auch nicht aus der unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, da es sich bei der vorliegend streitigen Arbeitnehmerüberlassung nicht um eine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung bzw. Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Bestimmung handele. Etwas anderes folge auch nicht aus der Entscheidung des Europäis...