Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebäudeerrichtungskosten als grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Kosten für die Errichtung eines Gebäudes sind in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn die Erwerberin das Grundstück im Zustand der Bebauung gekauft hat und keinen bestimmenden Einfluss auf das „Ob” und „Wie” der Bebauung hat und deshalb feststand, dass sie das Grundstück nur im bebauten Zustand erhalten werde.

2. Hieran ändert es nichts, wenn die das Grundstück bebauende Gesellschaft die Muttergesellschaft der Erwerberin ist, solange die Erwerberin keinen bestimmenden Einfluss auf das Baugeschehen nehmen kann.

 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliegt und die Kosten für die Errichtung eines Gebäudes daher in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 26.01.2017 gegründet. Komplementärin war die K-Verwaltungs-GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 18.01.2017 gegründet worden und deren Alleingesellschafterin die W-GmbH & Co. KG, ein Bauunternehmen, war. Diese war zugleich alleinige Kommanditistin der Klägerin. Komplementärin der W-GmbH & Co. KG war die W-Verwaltungs-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer Herr N. W. war. Dieser war zugleich alleiniger Kommanditist der W-GmbH & Co. KG. Die K-Verwaltungs-GmbH erbrachte keine Einlage und war am Kapital der Klägerin nicht beteiligt. Ihr alleiniger Geschäftsführer war Herr W..

Hintergrund für die Gründung der Klägerin war, dass die W-GmbH & Co. KG beabsichtigte, ein Grundstück in der Parallelstraße in B-Stadt (Gemarkung B-Stadt, Flur A, Flurstücke A und B) mit einem Verwaltungsgebäude zu bebauen. Das Objekt sollte von der B-Krankenkasse gemietet werden. Investorin war die B-GmbH & Co. KG (Adresse: W-Straße 71, B-Stadt). Das Flurstück A (1.458 qm) befand sich im Eigentum der Bank-B-Stadt e.G., das Flurstück B (66 qm) im Eigentum der Stadt B-Stadt.

Bereits im Juli 2015 hatten die W-GmbH & Co. KG und die Bank-B-Stadt Immobilien GmbH (diese handelnd für die Bank-B-Stadt e.G. und die Stadt B-Stadt als Grundstückseigentümerinnen) eine Reservierungsvereinbarung über die Flurstücke A und B geschlossen. Die Reservierungsvereinbarung sollte bis zum 31.05.2016 gelten und wurde im April 2016 bis zum 31.12.2016 verlängert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen vom 29.07.2015 und vom 27.04.2016 verwiesen.

Am 20.12.2016, war ein vom 12.12.2016 datierender Bauantrag bei der Stadt B-Stadt eingegangen. Als Bauherrin war die B-GmbH & Co. KG ausgewiesen. Entwurfsverfasserin war die Architektin N. C.. Der Bauantrag und die anliegenden Bauplanungsunterlagen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, bezogen sich auf die Errichtung des Verwaltungsgebäudes.

Die Investorin, die B-GmbH & Co. KG, war am 16.12.2016 von Herrn G. B. gegründet worden. Sie sollte mit der Eintragung in das Handelsregister beginnen. Herr B. war alleiniger Kommanditist, Komplementärin war die B-Verwaltungs-GmbH. Die B-Verwaltungs-GmbH firmierte ursprünglich unter „I-GmbH”. Einzige Gesellschafterin dieser Gesellschaft, die ihren Sitz in T-Stadt hatte, war die I-Steuerberatungsgesellschaft mbH, die unter derselben Adresse ansässig war, wie die jetzige Prozessvertreterin der Klägerin. Mit notariellem Vertrag vom 16.12.2016 veräußerte die I-Steuerberatungsgesellschaft mbH ihren Geschäftsanteil an Herrn B.. Die Firma wurde in B-Verwaltungs-GmbH geändert, der Sitz nach B-Stadt verlegt und Herr B. zum alleinigen Geschäftsführer bestellt. Die Satzungsänderung der B-Verwaltungs-GmbH wurde am 19.12.2016 und die B-GmbH & Co. KG am 21.12.2016 in das Handelsregister eingetragen.

Am 02.02.2017 schlossen die Bank-B-Stadt e.G. sowie die Stadt B-Stadt und die Klägerin einen Grundstückskaufvertrag über die Flurstücke A und B. Zudem schlossen die W-GmbH & Co. KG und die Klägerin einen Bauwerkvertrag über die Herstellung des Verwaltungsgebäudes auf dem Grundstück. Beide Verträge wurden in einer notariellen Urkunde zusammengefasst. Der Kaufpreis für das Grundstück belief sich (einschließlich angefallener Vermessungskosten) auf 218.294 EUR, der Festpreis für die Herstellung des Verwaltungsgebäudes betrug 2.200.000 EUR. Die vom 12.12.2016 datierenden Baupläne der Architektin Boonk waren dem Vertrag beigefügt. Auf die notarielle Urkunde (UR-Nr. 1 des Notars C. M. in B-Stadt) nebst Anlagen wird im Übrigen Bezug genommen.

Der Notar zeigte dem Beklagten den Erwerbsvorgang umgehend an und teilte am 20.02.2017 mit, dass der Vertrag rechtswirksam geworden sei. Die Klägerin erstattete ebenfalls umgehend Anzeige und führte aus, der Festsetzung der Grunderwerbsteuer sei ihres Erachtens nur der Kaufpreis für den Grund und Boden zugrunde zu legen. Da sie, die Klägerin, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der W-GmbH & Co. KG sei, finde die Bebauung des Grundstücks in eigener Person statt. Der vereinbarte Pauschalpreis für...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge