Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung vor Klageerhebung durch Drittschuldnerzahlung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Anfechtung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die sich vor Klageerhebung durch Drittschuldnerzahlung erledigt hat, ist unzulässig.
2) Eine Fortsetzungsfeststellungsklage einer bereits vor Klageerhebung erledigten Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist dann zulässig, wenn der Kläger substantiiert geltend macht, dass das FA gegen ein gesetzliches Vollstreckungsverbot verstoßen hat.
Normenkette
AO § 319; ZPO § 850 ff.; AO § 251
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung.
Der Ehemann der Klägerin ist Diplom-Ingenieur und war an ca. 300 Tagen in den Jahren 2013 bis 2017 im Drittland als Projekt-/Bauleiter im Rahmen eines Auslandsdienstvertrages für die Firma F GmbH tätig.
Der Beklagte erließ am 14.03.2019 – nach erfolgloser Mahnung vom 06.02.2019 – eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung (Az.: …) über einen Gesamtbetrag in Höhe von xxx € gegenüber der Bank J als Drittschuldnerin. Dieser Pfändungs- und Einziehungsverfügung lagen Steuerforderungen des Beklagten gegenüber der im Jahr 2013 gemeinsam mit ihrem Ehemann veranlagten Klägerin in Höhe von insgesamt xxx €, Säumniszuschläge in Höhe von xxx € und Vollstreckungskosten/Auslagen in Höhe von xxx € zugrunde. Die Steuerforderungen bestanden aufgrund der nach dem geändertem Einkommensteuerbescheid 2013 vom 19.12.2018 zu zahlenden Einkommensteuer (einschließlich Zinsen) in Höhe von xxx € (zzgl. Kirchensteuer xxx € und SolZ xxx €).
Gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2013 führt der Ehemann der Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren ein Klageverfahren, das unter dem Aktenzeichen 5 K 2963/19 E beim Finanzgericht Münster anhängig ist.
Am 22.03.2019 legte die Klägerin Einspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ein. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Lohnsteueraußenprüfung bei der Firma F GmbH nicht zu einer Lohnsteuernachforderung geführt habe. Aus diesem Grunde dürfe auch bei der Klägerin und ihrem Ehemann keine Nacherhebung der Einkommensteuer 2013 erfolgen und auch eine Kontopfändung sei unzulässig.
Mit Schreiben vom 15.04.2019 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Pfändung … gegenüber der Drittschuldnerin aufgehoben worden sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 02.09.2019 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Steuerforderungen seien vollstreckbar (gewesen). Einwendungen gegen die zu vollstreckenden Verwaltungsakte, seien nach § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den gegebenen außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfen geltend zu machen. Zudem habe sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügung inzwischen durch Zahlung (der Bank) erledigt.
Mit ihrer am 01.10.2019 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass ihr Ehemann nicht unbeschränkt steuerpflichtig sei und deshalb die vorgenommene Pfändung rechtswidrig sei. Zudem seien die Verfahren 5 K 2963/19 E und 5 K 2987/19 E, Ki vorgreiflich, da es in diesen Verfahren um die Frage der unbeschränkten Steuerpflicht ihres Ehemannes gehe. Im Falle eines Obsiegens ihres Ehemannes sei nachgewiesen, dass auch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung rechtswidrig sei.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das vorliegende Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss der Verfahren 5 K 2963/19 E und 5 K 2987/19 E, Ki zum Ruhen zu bringen.
Der/die Berichterstatter/in hat die Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2020 darauf hingewiesen, dass sie ihre Klage bislang nur mit Einwendungen gegen den Steueranspruch begründet habe. Mit solchen Einwendungen sei sie jedoch im Vollstreckungsverfahren nach § 256 AO ausgeschlossen. Der/die Berichterstatter/in hat die Klägerin aufgefordert, bis zum 15.04.2020 spezifische vollstreckungsrechtliche Einwendungen gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung geltend zu machen. Zugleich hat er die Klägerin – sofern derartige Einwendungen nicht bestehen – um Prüfung der Erfolgsaussichten und um Mitteilung gebeten, ob die Klage aus Kostengründen zurückgenommen wird. Nach Fristablauf müsse mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gerechnet werden. Eine Klagerücknahme mit der Folge der Kostenreduktion von 4,0 auf 2,0 Gebühren sei nach Ergehen eines Gerichtsbescheides nicht mehr möglich.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 15.04.2020 um Fristverlängerung gebeten. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass sich seine Sekretärin aufgrund der Corona-Pandemie zuhause um ihr schulpflichtiges Kind kümmern müsse. Er sei daher gezwungen, die nicht verlängerbaren Fristen mit einer Auszubildenden im zweiten Lehrjahr zu bearbeiten. Vor diesem Hintergrund sei ihm eine Stellungnahme sowie die Einholung von Übersetzungen nicht möglich.
Mit Schreiben vom 16.04.2020 (Bl. 45 der Gerichtsakte) hat der/die Berichterstatter/in den Fristverlängerungsantrag abgeleh...