Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungsleistungen als unentgeltliche Zuwendungen i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Unentgeltliche Lieferungen sind dann keine Zuwendungen i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG, wenn der Gegenstand der unentgeltlichen Lieferung mit dem Gegenstand einer gegenüber einem Dritten erbrachten entgeltlichen Lieferung identisch ist und beide Leistungen durch einen einheitlichen Akt erbracht werden.
2) Eine unentgeltliche Zuwendung scheidet danach aus, wenn ein Unternehmer Erschließungsanlagen errichtet (z.B. Straßen, Kanäle und Grünanlagen) und damit eine unentgeltliche Werklieferung an die Stadt und zugleich entgeltliche sonstige Leistungen an die privaten Grundstückseigentümer erbringt.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 9, 1b S. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Behandlung von Erschließungsleistungen als unentgeltliche Zuwendungen gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
Der Unternehmensgegenstand der Klägerin (Klin.) ist die Erschließung unbebauter Grundstücke. Im Rahmen dieses Unternehmens nahm sie die Erschließung der Grundstücke im Bebauungsplangebiet „U-Süd, östlich der A-Str.” vor. Streitig ist vorliegend der erste Bauabschnitt. Die Gesamtfläche dieses Gebietes betrug 57.328 m². Nach dem Bebauungsplan ist diese Fläche wie folgt aufzuteilen:
Nettobauland: |
36.865 m² (= 64,31%) |
Straßen, Wege und Grünflächen: |
20.463 m² (= 35,69%). |
Eigentümer der im Baugebiet liegenden Grundstücke waren neben der Stadt U die CC GmbH & Co. KG, die Katholische Kirchengemeinde, Pastorat zu U und die Katholische Kirchengemeinde St. D. Nach Durchführung eines Umlegungsverfahrens entfielen die gesamten öffentlichen Flächen (20.463 m²) sowie 63,14% der Nettobaulandfläche auf die Stadt U. Die übrigen 36,86% der Nettobaulandfläche wurden zwischen den drei anderen Eigentümern wie folgt aufgeteilt:
CC: |
8.374 m² |
St. D: |
1.484 m² |
Pastorat: |
3.723 m² |
Mit diesen drei Eigentümern schloss die Klin. am 26. November 1999 bzw. am 1. Dezember 1999 jeweils gleich lautende Erschließungsverträge. Die Verträge enthalten folgende Regelungen:
§ 2
„Die Erschienen zu 1.) [= Eigentümer] beauftragen die C GmbH, auf der Basis des mit der Stadt U abzuschließenden Städtebaulichen Vertrages die kompletten Erschließungsanlagen in dem sich aus der Präambel ergebenden Teilbaugebiet herzustellen. Der Erschließungsträger [= Klin.] hat dabei sämtliche Verpflichtungen zu erfüllen, die ihm aufgrund des mit der Stadt U abgeschlossenen Vertrages auferlegt wurden. …”
§ 3
„Zum Erschließungsaufwand gehören sämtliche Kosten, die zur Erreichung des mit der Stadt U getroffenen vereinbarten Erschließungsziels und zur Erfüllung der mit der Stadt U getroffenen vertraglichen Vereinbarungen notwendig sind. Das sind insbesondere:
Kosten der Planung der gesamten Erschließungsanlagen …,
Kosten der Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen und der Hausanschlüsse mit den jeweiligen Hausanschlussschächten mit Anbindung an das Kanalnetz der Stadt U,
Kosten der erstmaligen Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze einschl. Fahrbahnen, Straßenentwässerung, Straßenbegleitgrün,
Kosten der Herstellung der Straßenbeleuchtung,
Kosten der Herstellung und Bepflanzung der Ausgleichsflächen,
Erstattung der der Stadt U durch den Bebauungsplan entstandenen Kosten,…”
§ 4
„Die durch die Erschließung entstehenden Kosten werden mit 78,00 DM/m² festgesetzt.
…
Die C GmbH verpflichtet sich, in dem mit der Stadt U abzuschließenden Städtebaulichen Vertrag sicherzustellen, dass weitere Kosten für die erstmalige Erschließung der vorgenannten Grundstücke durch die Stadt U nicht erhoben werden.”
§ 6
„Für die Herstellung eines Kanalhausanschlusses, Abzweig von der Kanalleitung in der Straße bis auf das Grundstück einschl. Revisionsschacht, sind Kosten in Höhe von … 5.000,– DM zu zahlen.”
§ 8
Der vorgenannte Vertrag steht unter der Bedingung, dass der Städtebauliche Vertrag zwischen der C GmbH und der Stadt U … zustande kommt. …
§ 9
„Die C GmbH hat sämtliche ihr nach diesem Vertrag zu erfüllenden Verpflichtungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu erfüllen. Ihre Haftung richtet sich nach den Bestimmungen des BGB's mit der Maßgabe, dass ein Rücktritt vom Vertrage ausgeschlossen wird und eine Kündigung nur aus wichtigem Grunde zulässig ist.”
Mit der Stadt U schloss die Klin. am 15. Dezember 1999 einen Städtebaulichen Vertrag. Darin übernahm sie die Erschließung des Bebauungsplangebiets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (§ 1 Nr. 1 und Nr. 3). Die Stadt U verpflichtete sich, die Erschließungsanlagen nach Bauabnahme in ihre Unterhaltung und Verkehrssicherung zu übernehmen (§ 1 Nr. 4, § 8). Nach § 3 Nr. 1 umfasst die Erschließung die Freilegung der öffentlichen Erschließungsflächen, die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen einschl. der Hausanschlüsse, die erstmalige Herstellung der öffentlichen Straßen und Wege und die Herstellung der Ausgleichsflächen. Für die ...