Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass von Einkommensteuer auf einem Veräußerungsgewinn aus einer parzellenweise verpachteten, vormals landwirtschaftlich genutzten Teilfläche

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Trifft die Finanzverwaltung eine Billigkeitsregelung, nach der parzellenweise verpachtete land- und forstwirtschaftliche Betriebe beim Verpächter nicht als ruhend, sondern wie nach vormaliger Rechtslage weiterhin als aufgegeben gelten (so OFD Münster v.7.1.1991, DB 1991, 523), so ist der ausnahmslose Ausschluss eines landwirtschaftlichen Teilbetriebs von dieser Regelung rechtlich fehlerhaft. Ggf. abgelehnte Billigkeitsmaßnahmen sind ermessensfehlerhaft.

2) Die Billigkeitsregelung der OFD Münster trägt der Rechtsprechungsänderung Rechnung, dass der BFH mit Urteil v. 15.10.1987, BStBl. II 1988, 257 entschieden hat, dass die parzellenweise Verpachtung einer Betriebsverpachtung im Ganzen gleich zu behandeln ist, mit der Folge, dass vormals zwangsbetriebsaufgegebene Pazellflächen nunmehr als ruhende Betriebe zu behandeln wären. Der Senat hat jedoch nicht entschieden, dass jeder Teilbetrieb dem Anwendungsbereich der OFD-Verfügung unterfiele.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 Alt. 2, Abs. 3, § 34; AO §§ 163, 227; EStG § 14 S. 1

 

Tatbestand

Die Kläger begehren den Erlass von Einkommensteuer, soweit sie aus dem Veräußerungsgewinn einer verpachteten – vormals landwirtschaftlich genutzten – Teilfläche herrührt.

Die Kläger sind Eheleute und werden für die Streitjahre 2005 und 2006 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist gelernter Landwirt, war aber zunächst als angestellter Dipl.-Ing. und ist seit dem Jahr 2002 als Selbständiger tätig. Die Klägerin ist nichtselbständig beschäftigt.

Der Kläger ist Eigentümer land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen, die in C-Stadt (Ortsteil N-Ortsteil) belegen sind. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen (ca. 13 ha) sind allesamt seit dem Jahr 1982 parzellenweise verpachtet. Die forstwirtschaftlichen Flächen (ca. 13 ha) bewirtschaftet der Kläger seit der Betriebsübernahme vom Vater im Jahr 1974 im Rahmen einer Forstbetriebsgemeinschaft selbst. Die landwirtschaftlichen Flächen hatte der Vater des Klägers vormals zum Teil selbst bewirtschaftet. Eine Betriebsaufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs wurde nach der vollständigen Flächenverpachtung nicht erklärt.

Anlässlich einer durch die Bewertungsstelle des beklagten Finanzamts am 18.03.1986 durchgeführten Ortsbesichtigung erklärte die inzwischen ebenfalls verstorbene Mutter des Klägers, die landwirtschaftlichen Flächen seien zwar nach dem Tode ihres Ehemanns (1969) verpachtet worden, allerdings sollten sie in absehbarer Zeit (voraussichtlich in zwei bis drei Jahren) wieder selbst bewirtschaftet werden. Die Bewertungsstelle kam daher zu der Auffassung, dass der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bislang nicht aufgegeben worden sei und es sich um einen ruhenden Betrieb handele.

Bis einschließlich des Jahres 2002 erklärte der Kläger weder die Pachteinnahmen noch die Erträge aus der fortwirtschaftlichen Nutzung. Nach entsprechenden Ermittlungen durch den Beklagten erklärte der Kläger die Erträge aus dem Forstbetrieb als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie die Einnahmen aus der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1998 bis 2002 nach. Insofern vertrat er die Auffassung, sein landwirtschaftlicher Betrieb sei in bereits verjährter Zeit aufgegeben worden. Durch die parzellenweise Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen ab dem Jahr 1982 sei im Hinblick auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion (OFD) Münster vom 07.01.1991 (S 2239 – 70 – St 12 – 21; DB 1991, 523) von einer Betriebsaufgabe auszugehen; eine Fortführungserklärung sei nicht abgegeben worden. Der Beklagte qualifizierte auch die Pachterträge in den Änderungsbescheiden für die Jahre 1998 bis 2002 sowie für die Folgejahre als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Hierbei ging er zum einen davon aus, dass der landwirtschaftliche (Teil-)Betrieb infolge der von der Mutter des Klägers im Jahr 1986 abgegebenen Fortführungserklärung nicht aufgegeben worden sei. Zum anderen könne sich der Kläger nicht auf die Vertrauensschutzregelung der OFD Münster vom 07.01.1991 berufen. Er habe nicht seinen gesamten Betrieb parzellenweise verpachtet, sondern nur die landwirtschaftlichen Flächen.

Mit notariellem Vertrag vom 05.12.2005 (UR-Nr. xxx/2005 des Notars B. aus I-Stadt) veräußerte der Kläger eine ehemals landwirtschaftlich genutzte Fläche mit einer Größe von 2.347,35 qm an seine Tochter und seinen Schwiegersohn zu einem Kaufpreis von EUR xxxxx. In den Einkommensteuerbescheiden für 2005 vom 14.03.2007 sowie für 2006 vom 06.12.2007 erfasste der Beklagte den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks (Verkaufspreis: EUR xxxxx ./. … Buchwert [EMZ yyy × 8 = DM zzzz] EUR www) in Höhe von EUR xxxxx je zur Hälfte bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Zur Begründung führte er jeweils an, das veräuß...

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