Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte bei Kettenabordnung eines Beamten
Leitsatz (redaktionell)
Ein Beamter, der im Wege einer Kettenabordnung an eine Ausbildungsstätte des Landes abgeordnet wird und dessen jeweils nur vorübergehende Abordnung von nicht mehr als 48 Monaten als „Versetzung” bezeichnet wird, hat an der Ausbildungsstätte dennoch keine erste Tätigkeitsstätte.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4; LBG NRW §§ 24-25; EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht für die Fahrten der Kläger zur jeweiligen Arbeitsstätte nur die Entfernungspauschalen anstelle der von den Klägern erklärten Reisekosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit angesetzt hat.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2020 gemeinsam zur Einkommen-steuer veranlagt. Die Eheleute sind beide als Beamte im [Dienst] des Landes Nordrhein-Westfalen tätig und erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung – EStG). Sie sind wohnhaft in H.
Die Klägerin wurde nach Bestehen der …Fachprüfung mit Bescheid der Bezirksregierung N vom 00.00.2004 als … an eine Dienststelle in F versetzt. Von dort bewarb sie sich am 00.00.2012 auf eine Stelle als Lehrende in der Aus- und Fortbildung mit Schwerpunkt Ausbildung beim [Ausbildungsstätte] am Dienstort T. Die Stelle war ausweislich der Stellenbeschreibung zum 00.00.2012 für die Dauer von vier Jahren zu besetzen mit der Möglichkeit zur einer einmaligen Verlängerung um maximal zwei Jahre. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Stellenbeschreibung vom 00.00.2011 Bezug genommen. Nach erfolgreicher Bewerbung wurde die Klägerin mit Bescheid vom 00.00.2012 nach Anhörung und unter Hinweis auf § 25 Abs. 1 des Gesetzes über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) mit Wirkung zum 00.00.2012 an das [Ausbildungsstätte] in T versetzt. Vor Ablauf der Dauer von vier Jahren verlängerte der Dienstherr den Verwendungszeitraum mit Verfügung vom 00.00.2016 bis zum 00.00.2018, mit Verfügung vom 00.00.2017 bis zum 00.00.2020 und mit Verfügung vom 00.00.2020 bis zum 00.00.2022. Im Anschluss an die Verwendung beim [Ausbildungsstätte] in T sollte eine Versetzung aus dienstlichen Gründen an eine von der Klägerin zu nennende „Wunschbehörde” erfolgen.
Der Kläger wurde nach Bestehen der …Fachprüfung mit Bescheid der Bezirksregierung N vom 00.00.2005 als … einer Dienststelle in H zugewiesen. Von dort bewarb er sich am 00.00.2013 ebenfalls auf eine Stelle als Lehrender in der Aus- und Fortbildung mit Schwerpunkt Ausbildung beim [Ausbildungsstätte] am Dienstort T. Nach erfolgreicher Bewerbung wurde der Kläger mit Bescheid vom 00.00.2013 nach Anhörung und unter Hinweis auf § 25 Abs. 1 LBG NRW mit Wirkung zum 00.00.2013 an das [Ausbildungsstätte] in T versetzt. Vor Ablauf der Dauer von vier Jahren verlängerte der Dienstherr den Verwendungszeitraum mit Verfügung vom 00.00.2016 bis zum 00.00.2018, mit Verfügung vom 00.00.2017 bis zum 00.00.2020, mit Verfügung vom 00.00.2020 bis zum 00.00.2022 und mit Verfügung vom 00.00.2021 bis zum 00.00.2023. Im Anschluss an die Verwendung beim [Ausbildungsstätte] in T sollte eine Versetzung aus dienstlichen Gründen an eine vom Kläger zu nennende „Wunschbehörde” erfolgen.
Die Vorgehensweise des Dienstherrn der Kläger hat ihre Grundlage in einem Erlass […], auf den bezüglich der Einzelheiten Bezug genommen wird. Danach kommt der Rotation im Hinblick auf die Praxisnähe der Aus- und Fortbildung sowie der Personalentwicklung besondere Bedeutung zu. Dozenten sind danach aus dienstrechtlichen Gründen nach Ablauf einer Regelverwendungsdauer oder der im Einzelfall festgelegten Verwendungsdauer in die …behörden zu versetzen. Danach ist die Verwendungsdauer in Aus- und Fortbildungsfunktionen grundsätzlich auf vier Jahre begrenzt mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um zwei Jahre. Nach Ablauf des Verwendungszeitraums erfolgt eine Versetzung aus dienstlichen Gründen zur Wunschbehörde, soweit anderweitige höher zu gewichtende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Die Beamten mit Lehranteil – also die Kläger – erhalten nach dem Erlass ein sog. Verwendungskonzept, was die Rechtsgrundlage dafür bildet, dass eine Versetzung des betroffenen Beamten zu seiner angestrebten Wunschbehörde zu dem angestrebten Zeitpunkt in dem im angestrebten Jahr stattfindenden landesweiten Versetzungsverfahren der …beamten nach der jetzigen Praxis mit der größtmöglichen Punktzahl – also bestmöglich – bevorzugt behandelt werden kann.
Im Streitjahr verrichteten beide Kläger ihren Dienst als Lehrende in der Ausbildung am Dienstort T.
In der Einkommensteuererklärung 2020 vom 22. März 2021 erklärten sie für den Kläger Werbungskosten in Höhe von 6.853 EUR, wovon 6.350 EUR (= 162 Arbeitstage × 40 km × 2 × 0,49 EUR tatsächliche Kosten/km) auf Reisekosten entfielen, und für die Klägerin Werbungskosten in Höhe von 4.465 EUR...