Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Wertermittlung eines Veräußerungsgewinns aus einem Aktientausch
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Höhe des Veräußerungspreises i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist nach den Verhältnissen im Veräußerungszeitpunkt zu bestimmen.
2) Erlangte Sachgüter sind mit dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Veräußerung zu bewerten.
3) Für die Bewertung "junger" Aktien, für die im Rahmen einer Kapitalerhöhung noch keine Börsennotierung vorliegt, kann der Börsenkurs der bereits notierten "alten" Aktien herangezogen werden. Erst danach eintretende Kursveränderungen haben keinen Einfluss auf die Höhe des Veräußerungserlöses; die zu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entwickelten Rechtsgrundsätze finden keine entsprechende Anwendung.
4) Einen Bewertungsabschlag rechtfertigt weder die Vereinbarung einer Haltefrist noch der Umstand, dass die zu erwerbenden Aktien im Zeitpunkt der Vereinbarung noch nicht existierten.
Normenkette
BewG §§ 9, 11 Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 17
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Veräußerungsgewinns aus einem im Jahr 2002 durchgeführten Aktientausch.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann war zu Beginn des Streitjahres mit 61.250 Stückaktien im Nennwert von je 1 € an der M AG beteiligt (entspricht einem Anteil von 34,02 %). Darüber hinaus waren zu Beginn des Streitjahres Herr H mit 15.550 Aktien, Frau S mit 4.200 Aktien, Herr A mit … 6.750 Aktien, Herr R mit 2.250 Aktien (nachfolgend zusammen unter Einschluss des Klägers „Altaktionäre”) und die V Systems GmbH & Co. KG (nachfolgend „V KG”) mit 90.001 Aktien an der M AG beteiligt.
Die Beteiligung der V KG – eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der börsennotierten V International AG (nachfolgend „V AG”) – geht zurück auf eine zwischen den Altaktionären, der V KG und der V AG abgeschlossenen Beteiligungsvereinbarung vom 12.01.2001 (lag dem Senat nicht vor). In Durchführung dieser Beteiligungsvereinbarung hat sich die V KG in der Weise an der M AG beteiligt, dass sie 90.001 neue auf den Inhaber lautende Aktien im Nennbetrag von je 1 € aus einer am gleichen Tage beschlossenen Barkapitalerhöhung bei der M AG gezeichnet hat. Die Kapitalerhöhung wurde am 11.06.2001 in das Handelsregister eingetragen.
Unter dem 28.02.2002 schlossen die Altaktionäre der M AG, die V KG und die V AG eine als „Aktionärsvereinbarung” bezeichnete notariell beurkundete Vereinbarung, nach welcher die M-Aktien der Altaktionäre – insgesamt 90.000 Aktien im Nennwert von je 1 € – an die V KG und die V AG veräußert wurden. In Ziffer 4 der Vorbemerkung der Aktionärsvereinbarung heißt es dazu einleitend wörtlich:
„Die Vertragschließenden sind übereingekommen, dass die Altaktionäre die von ihnen gehaltenen 90.000 M-Aktien nunmehr vorzeitig nach Maßgabe dieser Aktionärsvereinbarung an die V KG und die V AG veräußern. Die Gesamtvergütung soll vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen €7.840.000,00 entsprechen.”
Die vorstehend genannte Gesamtvergütung wurde nach Ziffer 3 der Vorbemerkung der Aktionärsvereinbarung auf der Grundlage des Jahresüberschusses der M AG vor Zinsen und Steuern (so genanntes „EBIT”) ermittelt.
Der Kläger veräußerte seine Aktien sodann wie folgt:
- Gemäß Abschnitt I der Aktionärsvereinbarung in Verbindung mit Anlage A zur Aktionärsvereinbarung verkaufte der Kläger 13.258 Aktien an die V KG und trat diese mit Wirkung zum 28.02.2002 an die V KG ab. Als Gegenleistung vereinbarten die Vertragsparteien einen Kaufpreis in Höhe von 1.154.901 €, der unstreitig in bar an den Kläger ausgezahlt wurde.
- Die übrigen 47.992 Aktien brachte der Kläger mit Wirkung zum 28.02.2002 in die V AG ein (Abschnitt III der Aktionärsvereinbarung in Verbindung mit Anlage E zur Aktionärsvereinbarung). Im Gegenzug erhielt der Kläger ein Zeichnungsrecht für 174.194 „neue” Aktien der V AG. Hierzu führte die V AG eine Kapitalerhöhung durch, die am 13.12.2002 in das Handelsregister eingetragen wurde. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte auch die Lieferung der gezeichneten V-Aktien an den Kläger mittels Gutschrift in seinem Depot (Girosammelverwahrung). Für den Fall, dass die Kapitalerhöhung der V AG nicht bis zum 31.12.2002 in das Handelsregister der V AG eingetragen worden wäre, regelte die Aktionärsvereinbarung, dass dann die Vereinbarungen über die Einbringung der M Aktien unwirksam werden sollten (auflösende Bedingung). Ferner sieht die Aktionärsvereinbarung für eine bestimmte Anzahl der vom Kläger erhaltenen „neuen” Aktien der V AG gestaffelte Haltefristen vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aktionärsvereinbarung vom 28.02.2002 verwiesen.
Im Hinblick auf die Festlegung der Anzahl der V-Aktien, die der Kläger für die Einbringung seiner Aktien an der M AG erhalten sollte, regelten die Vertragsparteien unter Abschnitt II Ziffer 3 der Aktionärsvereinbarung wörtlich was folgt:
„Derzeit liegt der Kurs der V Aktie bei ca. € 20,–. Für die Zwecke der Kapitalerhöh...