Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu Umständen, die eine grunderwerbsteuerliche Verwertungsbefugnis i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG - insbesondere bei Abschluss eines "Rahmenvertrages" - begründen.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) aufgrund eines in 1996 abgeschlossenen sogenannten Rahmenvertrages eine grunderwerbsteuerliche Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) hinsichtlich von Grundstücken, die von einem Dritten erworben worden sind, erlangt hat.

Die Klin. ist die Stadt A (A.). Sie schloss am 10.04.1996 (UR-Nr.: 206/1996 A des Notars X, A) mit der Y-GmbH (im folgenden GmbH) einen sogenannten Rahmenvertrag. Diesen änderten die Vertragsbeteiligten mit Vertrag vom 30.07.1996 (UR-Nr.: 359/1996 A des Notars X) in einigen Punkten ab.

Nach § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages sollen bestimmte Grundstücke sowie weitere Wohn- und Gewerbegebiete aus privatem und städtischem Eigentum von der GmbH in Abstimmung und in Zusammenwirken mit der Klin. für Zwecke der Wohnbebauung oder Gewerbeansiedlung sowie als Austausch-/Ersatzflächen erworben, vorgehalten und an Interessenten veräußert werden. Die von dem Rahmenvertrag betroffenen Gebiete sind in § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages aufgeführt. Weitere zur Vorhaltung vorgesehene Gebiete, die sich innerhalb der Vertragslaufzeit ergeben könnten, sollten auf Wunsch der Klin. durch eine Ergänzung zum Bestandteil des Vertrages werden.

Der Umfang der Grundstücksbevorratung sollte zunächst einen Gesamtbetrag von 5.000.000 DM nicht übersteigen und einvernehmlich in Abstimmung mit der Klin. fortgeschrieben werden. Die Bereitstellung der Finanzierungsmittel erfolgte gemäß § 2 Abs. 2 auf einem Objektkonto, unterteilt in Objektkonten zu Kreditbedingungen kommunalverbürgter Konditionen. Die Aufnahme der jeweils notwendigen Darlehen sollte im Einvernehmen mit der Klin. durch die GmbH erfolgen.

Laut § 3 Abs. 3 bildeten die in § 1 Abs. 2 genannten bereits aufgestellten oder noch aufzustellenden Pläne sowie die hierzu ergangenen und noch notwendigen Beschlüsse und Genehmigungen der Klin. die Grundlage für die Tätigkeit der GmbH. Die Vertragschließenden waren sich darüber einig, dass die Entwicklung der Grundstücke zu Bauland zügig durchgeführt werden sollte (§ 3 Abs. 4). Das Zusammenwirken zwischen der Klin. und der GmbH bei der Erschließung sollte in einem gesonderten Erschließungsvertrag geregelt werden (§ 3 Abs. 7).

Nach § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtete sich die GmbH, in Abstimmung mit der Klin. tätig zu werden; sie werde von sich aus alle Angelegenheiten von wesentlicher Bedeutung rechtzeitig an die Klin. herantragen.

Laut § 5 oblagen der GmbH folgende Aufgaben:

  1. „Die Aufstellung eines Zeit- und Maßnahmenplans im Zusammenwirken mit der Stadt A.
  2. Die Finanzierung des Erwerbs und der sonstigen notwendigen Maßnahmen.
  3. Der Erwerb der im Vertragsgebiet gelegenen Grundstücke im eigenen Namen und für eigene Rechnung.
  4. Die Unterstützung der Stadt A. bei den das Vertragsgebiet betreffenden Planungen und bei der Vorbereitung der zu treffenden Beschlüsse und der einzuholenden Genehmigungen.
  5. Die Vermessung des Vertragsgebietes.
  6. Die Ausarbeitung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundsätze, zu denen die Grundstücke im Einvernehmen mit der Stadt A. an Dritte zu veräußern sind. Da die Verkaufspreise nur im Einvernehmen mit der Stadt A. festgelegt werden können, ist eine Unterdeckung von der Stadt A. zu genehmigen.
  7. Die Veräußerung der Baugrundstücke oder Austausch-/Ersatzflächen an Bauwillige entsprechend den mit der Stadt A. in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen; von der Stadt A. vorgeschlagene Bewerber sind vorrangig zu berücksichtigen.
  8. Die Übertragung der für die öffentliche Nutzung bestimmten Grundstücksteile an die Stadt A. zu einem einvernehmlichen Preis.
  9. Die GmbH darf sich hinsichtlich einzelner der ihr übertragener Aufgaben im Einvernehmen mit der Stadt A. Dritter bedienen.”

Nach § 6 Abs. 1 des Rahmenvertrages erstellte die GmbH nach Veräußerung aller Grundstücke, spätestens mit Ablauf des Rahmenvertrages, eine Übersicht über die finanzielle Abwicklung der Maßnahme. Dabei werden die von der GmbH übernommenen Kosten, die im Rahmen der Baureifmachung sowie der Objektbewirtschaftung und Vermarktung entstehen, mit den für die erworbenen Grundstücke erzielten Verkaufserlöse verrechnet. Die wesentlichen Kostenarten sind: Steuern, Grundbesitzabgaben, Planungskosten, Grunderwerbs- und Notarkosten, Vermessungskosten, Erschließungs- und Finanzierungskosten.

Sofern für die Grundstücksvermarktung eine kostenverursachende Beteiligung Dritter in Anspruch genommen werden sollte, bedurfte es einer ausdrücklich schriftlichen Vereinbarung und der Zustimmung der Stadt A..

Gemäß § 6 Abs. 2 des Rahmenvertrages berechnet die GmbH zur Deckung ihres eigenen Aufwands der Klin. einen Verwaltungskostenbeitrag von jährlich 0,75 % p. a. einer definierten Bemessungsgrundlage (Grundstü...

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