Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen eines homosexuellen Ehepaares für Leihmutterschaft in den USA keine agB
Leitsatz (redaktionell)
Ein aus zwei Männern bestehendes Ehepaar kann Aufwendungen für eine in den USA durchgeführte Leihmutterschaft nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.
Normenkette
BGB § 1353; ESchG § 1 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 33
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die im Streitjahr 2017 angefallenen Kosten der Kläger im Zusammenhang mit einer Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind zwei Männer, die – nachdem das aufgrund der entsprechenden Änderung des § 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) möglich war – am ….2017 die Ehe geschlossen haben und seitdem in ehelicher Lebensgemeinschaft leben. Sie erzielten im Streitjahr u.a. Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von insgesamt 12.942,84 € als außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit einer Leihmutterschaft geltend. Das Leihmutterschaftsverhältnis wurde in den USA und dort im Bundesstaat Kalifornien begründet. Die Leihmutter war eine dort lebende Frau, die bereits zwei eigene Kinder hatte. Die Schwangerschaft der Leihmutter wurde durch eine künstliche Befruchtung herbeigeführt. Die Eizelle stammte von einer anderen in den USA lebenden Frau, also nicht von der Leihmutter. Die Samenzellen stammten vom Kläger B. Aufgrund der künstlichen Befruchtung trug die Leihmutter ein Kind aus, welches seitdem bei den Klägern als Eltern in Deutschland lebt. Zu der Leihmutter halten die Kläger laut ihrem Vorbringen seitdem Kontakt. Der Kontakt zwischen den Klägern, der die Eizelle spendenden Frau und der Leihmutter war über eine Leihmutterklinik in den USA zustande gekommen. Die geltend gemachten Aufwendungen im Streitjahr umfassten die von den Klägern zu zahlenden Agenturgebühren, Reise- und Übernachtungskosten, Beratungskosten, Kosten für die Nahrungsergänzungsmittel zur Steigerung der Fertilität, Kosten für Laboruntersuchungen und sonstige Kosten im Zusammenhang mit der Vorbereitung der künstlichen Befruchtung. Dass die in ihrer Steuererklärung aufgeführten Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach entstanden sind, bestreitet der Beklagte nicht.
Der Beklagte erließ am 20.09.2019 einen Einkommensteuerbescheid 2017, der nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, und in dem er die o.g. Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannte. Zur Begründung führte der Beklagte im Erläuterungstext aus, dass „die Behandlung einer Leihmutterschaft gem. § 1 Abs. 1 ESchG (Embryonenschutzgesetz) in Deutschland verboten” sei. Im Bescheid setzte der Beklagte lediglich die von den Klägern geltend gemachten übrigen außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von 425,00 € an, die wegen der zumutbaren Eigenbelastung in Höhe von … € keine steuermindernde Auswirkung hatten.
Am 15.10.2019 ging beim Beklagten ein Schreiben der Kläger ein, mit dem sie eine Änderung bezüglich der Einkünfte des Klägers A aus nichtselbständiger Arbeit beantragten. Die beantragte Änderung führte zu einer Erhöhung der festzusetzenden Einkommensteuer, die der Beklagte mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom 30.10.2019 vornahm.
Mit ihrer am 22.10.2019 erhobenen Sprungklage begehren die Kläger die Berücksichtigung der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastung. Zur Begründung ihrer Klage verweisen sie auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und zitieren die dort aufgeführten Rechtsgrundsätze. Nach Auffassung der Kläger liege eine Krankheit im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor. Die maßgebende Erkrankung im vorliegenden Streitfall sei die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger, die sich aus der biologischen Sachgesetzlichkeit der männlich gleichgeschlechtlichen Beziehung ergebe. Die ungewollte Kinderlosigkeit sei durch die Scientific Group on the Epidemiology of Infertility der WHO als Krankheit anerkannt. In der modernen Medizin sei mittlerweile auch das Symptombild der sogenannten sozialen Infertilität verfestigt, also jener vorliegend gegebenen Kinderlosigkeit, die auf der biologischen und sachgesetzlichen Unmöglichkeit der Kinderzeugung in männlich gleichgeschlechtlichen Beziehungen beruhe. Zum Krankheitscharakter der ungewollten Kinderlosigkeit gehöre in allen Fällen gleichermaßen, dass sie für die Betroffenen stets den Verlust eines Lebensplanes und eines erwünschten Lebensziels darstelle. Diese Erkenntnis löse eine Bandbreite unterschiedlicher Reaktionen wie Trauer, Hilflosigkeit, Wut, Neid sowie Gefühle von Minderwertigkeit und des Ausgeschlossenseins aus. Zusammenfassend lasse sich sagen, dass die ungewollte Kinderlosigkeit bei sich liebenden Menschen in Paarformation unabhängig vom Geschlecht einen Leidensdruck und die s...